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Liebe am Arbeitsplatz: Wenn aus Kollegen mehr wird

Kann schön sein, birgt aber auch Risiken: sich am Arbeitsplatz verlieben.
Kann schön sein, birgt aber auch Risiken: sich am Arbeitsplatz verlieben. Foto: Joseffson/Westend61/dpa-tmn
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Wenn Amor zielt, macht sein Pfeil nicht immer vor der Bürotür Halt. Warum auch? Ist doch schön, sich im Job zu verlieben, oder? Warum Experten das kritisch sehen – und ob Chefs dazwischenfunken dürfen.

Für den Kölner Psychologen Rolf Schmiel ist es keine Frage: «Liebe und Verliebtsein sind wohl die schönsten Gefühle, die man erleben kann.» Vor allem am Anfang. Danach wird es jedoch häufig kompliziert. Und wenn der Lieblingsmensch im selben Büro arbeitet, noch mehr.

«Wenn man eine Beziehung im Job, schlimmstenfalls in der gleichen Abteilung hat, wird das für einen selbst und auch für die Kollegen und Vorgesetzten zur echten Belastung», so der TV-Moderator und Buchautor («Psychohacks für ein glückliches Leben»).

Arbeitsergebnisse können leiden

Klar, arbeiten beide in einer Firma in ganz unterschiedlichen Ressorts und laufen sich höchstens in der Kantine mal über den Weg, ist das oft kein Problem. Außer vielleicht für das Paar selbst – wenn sie zu viel aus dem gemeinsamen Job mit ins Privatleben nehmen. Geht es jedoch um eine Liebesbeziehung innerhalb eines Teams, rät Schmiel aus psychologischer Sicht davon ab.

Denn: In einer ersten Phase dreht sich zunächst alles um die neue Liebe. «Für die Kollegen drumherum kann solch ein Turteltäubchen-Verhalten tierisch nervend sein», so der Experte. Oft werden auch Eifersucht und Störgefühle ausgelöst. Und die Effektivität und Qualität im Job können leiden: «Die Hormone spielen verrückt, die Gedanken sind weniger bei Excel und mehr beim Sex – dann wird es schwer mit guten Arbeitsergebnissen.»

Im Gegensatz zu Phase zwei, der Stabilitätsphase: Die kann sogar förderlich am Arbeitsplatz sein. Die Stichworte: gutes Teamplay und gegenseitige Unterstützung. Das kann sich auch auf den Workflow positiv auswirken.

Leider kommt danach meist die Phase drei – und damit der entscheidende Einwand gegen die Kombination von Job und Beziehung: Streitigkeiten und Konflikte blockieren nicht nur die beiden Beteiligten, sondern verschlechtern auch die Laune und Arbeitsabläufe der Kollegen.

Vom Geheimhalten einer Beziehung hält Schmiel allerdings nichts. «Lieber die Führungskraft frühzeitig miteinbeziehen, als dass es hinterher rauskommt», so der Psychologe. Wird man gar von Kollegen oder dem Chef auf die Liebelei angesprochen und streitet diese ab, könne dies einen Vertrauensverlust bedeuten.

Und wie sieht es arbeitsrechtlich aus?

«Den Arbeitgeber gehen Privatangelegenheiten grundsätzlich natürlich nichts an», sagt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht in Köln. Vorausgesetzt, deren Verhältnis wirkt sich nicht negativ auf den Arbeitsprozess aus – oder schlägt auf eine sogenannte arbeitsrechtliche Pflichtenstellung durch.

Besonders problematisch: eine Beziehung zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern oder gar Auszubildenden. Wenn zwei Kollegen, die hierarchisch auf derselben Stufe stehen, eine Beziehung haben, gebe es jedoch keinen rechtlichen Grund, dies der Führungskraft mitzuteilen. Außer, diese Liebschaft wirkt sich auf den betrieblichen Alltag aus. «Wenn das Paar private Probleme hat und das im Büro auslebt, kann das den Betriebsfrieden stören», so Oberthür.

Oder aber das Unternehmen erleidet durch ein Liebesverhältnis einen Schaden. Loyalitätskonflikte können insbesondere bei Beziehungen zwischen Mitarbeitern und Geschäftspartnern vorkommen. Wenn etwa die Mitarbeiterin einer Einkaufsabteilung eine Beziehung mit einem Lieferanten hat. «In solchen Konstellationen muss die Arbeitgeberin über die Beziehung informiert werden», sagt die Rechtsexpertin.

Loyalitätskonflikte prüfen

In manchen Betrieben sind derartige Beziehungen daher untersagt. Beispielsweise auf Kreuzfahrtschiffen zwischen Crew und Passagieren. Und auch in den USA haben einige Unternehmen strenge Regeln erlassen und drohen mit Kündigung, sollte es zu Flirts und intimen Beziehungen kommen. «Unternehmen aus anderen Rechtskreisen meinen bisweilen, dass solche Richtlinien auch im Ausland berücksichtigt werden müssen», so Oberthür. «Aber private Begegnungen am Arbeitsplatz verbieten zu wollen, ist in Deutschland nicht möglich.»

Grundsätzlich müsse man sehr individuell beurteilen, ob eine Beziehung in einem Unternehmen zu Problemen führt und ob man daher den Chef informieren muss. Allgemein rät die Fachanwältin, zu prüfen, ob man einen Interessenskonflikt begründet sehen könnte. Dann sei es möglicherweise geboten, das Verhältnis mitzuteilen.

Und auch die Art der beruflichen Beziehung sei entscheidend: «Wenn zwei Briefträger eine Beziehung haben, ist das natürlich etwas anderes als bei enger Zusammenarbeit im Team», sagt Nathalie Oberthür.

Das Worst Case Szenario

Geht es um den Chef oder die Chefin, ist die Lage besonders kompliziert. «Eine Führungskraft, die verantwortlich ist, sollte sich doppelt und dreifach überlegen, in wen sie sich verliebt», sagt Psychologe Rolf Schmiel.

Hat Amors Pfeil jedoch getroffen und planen beide eine langfristige Beziehung, gilt es, die Konsequenzen ziehen. Vor allem sollten Chef oder Chefin so charakterstark sein, dass sie sehr bewusst, achtsam und teamorientiert mit der Situation umgehen. Das bedeutet: Mit dem Partner besprechen, dass man es öffentlich machen muss. «Weil Heimlichkeiten jeglicher Art das Vertrauen zerstören. Immer», so Schmiel.

Und weil sich hinterher diejenigen bestätigt fühlen könnten, die immer schon meinten, dass es in der Zusammenarbeit nicht nach fairen, transparenten Kriterien zuging. In der Folge heißt das: Notfalls muss einer der beiden in eine andere Abteilung oder sogar in ein anderes Unternehmen wechseln.

Die Wahrscheinlichkeit, dass es für alle Seiten «zu einem befruchtenden Austausch kommt und die Beziehung positive Auswirkungen haben wird», hält Schmiel jedenfalls für gering. Weil es eben immer auch um Eifersucht, Hidden Agendas, Konflikte und Missverständnisse geht. Dass etwas schiefläuft, ist ihm zufolge sehr viel wahrscheinlicher, als «dass es für alle eine schöne Sache wird».

Und da hat er den Worst Case noch gar nicht in Betracht gezogen: «Phase vier wäre dann der endgültige Katastrophenfall», so der Psychologe. Das wäre, wenn die Beziehung scheitert und einer der beiden eine neue Liebe findet – und zwar wieder am gemeinsamen Arbeitsplatz. (dpa/ml)

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