Schilder, Plakate, kaputte Weichen

Foto: s:ra2studio/AdobeStock Frau mit Tüte mit Fragezeichen auf dem Kopf
Foto: s:ra2studio/AdobeStock

Manchmal sitze ich einfach da, lese die Nachrichten – und frage mich ernsthaft: Ist das noch Realität oder schon Kabarett? Ich meine, ich lache ja gerne. Man muss ja, sonst wird man irre. Die Nachrichtenlage ist schlimm genug, aber jeden Tag scheint das Absurditätslevel ein neues Allzeithoch zu erreichen. Und gerade wenn man denkt, absurder kann’s nun wirklich nicht mehr werden – zack! – stolpert man über die nächste Geschichte. Entscheidungen, die so bizarr wirken, dass man fast auf die Pointe wartet – aber die kommt nicht. Nur die ernüchternde Erkenntnis: Das ist kein Sketch. Das ist echt.

1. Köln schafft den „Spielplatz“ ab

Die Stadt Köln hat entschieden: Aus dem „Spielplatz“ wird eine „Spiel- und Aktionsfläche“. Der Begriff sei zu eng gefasst, da er Jugendliche ausschließe. Deshalb wurde ein neues Schilddesign entwickelt. Mit externer Agenturunterstützung. Dauer: ein Jahr. Kosten: 38.000 Euro nur für die Entwicklung.

Haben wir keine dringenderen Probleme? Wie wäre es mit funktionierender Jugendhilfe, besseren Schulen, mehr Sozialarbeit? Stattdessen diskutiert man über ein Wort auf einem Schild – als würde das Sandkastenprobleme lösen.

2. Plakatkampagne gegen sexuelle Übergriffe – daneben getroffen

Nach einem erschütternden Vorfall in Gelnhausen – acht Mädchen sexuell belästigt, mutmaßlich von vier jungen Männern – reagiert die Stadt Büren mit einer Plakatkampagne. Die Idee: Prävention in Schwimmbädern. Soweit gut. Doch eines der Plakate zeigt eine weiße Frau als Täterin, ein Kind mit dunkler Haut und Beinprothese als Opfer. Darüber: „Stopp! Grabschen verboten!“ Das ist grotesk. Laut Bundeskriminalamt waren im vergangenen Jahr 365 von 367 Tatverdächtigen in Schwimmbädern: männlich. Ich spreche bewusst nicht über deren Herkunft. Nur über das Offensichtliche: das Geschlecht. Wenn Plakate die Realität verzerren, hilft das niemandem. Schon gar nicht den Mädchen, um deren Schutz es eigentlich gehen sollte.

3. Bahn-Chaos in Bayern – ich bin raus

Das Chaos ist komplett. Die Strecke von München ins Oberland ist auf unbestimmte Zeit gesperrt (mindestens vier Wochen) – wegen Weichenschäden. Es trifft nicht nur Ausflügler, sondern Tausende Pendler – aus Giesing, aus Holzkirchen, aus der Region. Menschen, die täglich zur Arbeit, zur Ausbildung, zum Arzt müssen. Mich auch.

Wie kann das sein? Wie kann eine der wichtigsten Pendlerstrecken Bayerns von heute auf morgen ausfallen? Und warum merkt man das erst bei einer Routineinspektion?

Drei Beispiele. Drei Orte. Ein Muster: Deutsche Verwaltungen verlieren sich in Symbolpolitik, während Infrastruktur und Lebensrealität zerfallen. Wir tauschen Begriffe statt Zustände. Wir streichen Wörter statt Zugausfälle. Wir illustrieren Missbrauch mit Karikaturen statt mit Konsequenz.

Und dann wundern wir uns, warum das Vertrauen in die Politik schwindet. 

Und ich? Ich fahre jetzt wieder Auto. Wenn das Auto wieder aus der Werkstatt kommt. Habe mich am Morgen furchtbar aufgeregt – nicht aufgepasst und bin gegen einen Poller gefahren. Wieder was gelernt: Die Welt ändert sich nicht durch Aufregen. Nur der Zustand meiner Stoßstange.

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3 Antworten

  1. Thema Verwaltung:
    Ich arbeite in einer Arztpraxis. Besitz und Verwendung bestimmter medizinischer Geräte muss beim LaGeSo angezeigt ( nicht genehmigt) werden. Das taten wir im April 2021 für eine Zentrifuge. Nun haben wir, 4 Jahre später, bezugnehmend auf unser Schreiben von 2021 Antwort bekommen. Es werden noch Unterlagen nachgefordert. Wenn ich so arbeiten würde🤷‍♀️

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