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Was macht eigentlich ein Berufsbetreuer?

Berufsbetreuer wie Thorsten Becker unterstützen ihre Klienten auch bei Anträgen und im Umgang mit Behörden.
Berufsbetreuer wie Thorsten Becker unterstützen ihre Klienten auch bei Anträgen und im Umgang mit Behörden. Foto: Frank Rumpenhorst/dpa-tmn
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Ob durch einen Unfall, eine Erkrankung oder Behinderung – es gibt viele Gründe, warum Menschen ihre rechtlichen oder finanziellen Angelegenheiten kaum oder gar nicht eigenständig regeln können. Helfen kann ein beruflicher Betreuer, der in der Regel vom Gericht bestellt wird.

Thorsten Becker arbeitet seit fast 30 Jahren als beruflicher Betreuer und ist Vorsitzender des Bundesverbands der Berufsbetreuer/innen (BdB). Im Job-Protokoll berichtet er von den schönen Seiten seines Berufs – und erklärt, warum dieser hochkomplex ist.

Mein Weg in den Beruf:

Ich habe Diplom-Pädagogik und Psychologie studiert. Während meines Studienabschlusses erfuhr ich durch Hörensagen, dass es die berufliche Betreuung gibt. Mir erschien das interessant und ich habe mich dann an das Amtsgericht gewandt und dort vorgesprochen.

Damals habe ich noch durch einfache Zusagen meine Tätigkeit begründen können. Das Gesetz zur rechtlichen Betreuung wurde 1992 implementiert und löste damals das Vormundschaftsgesetz ab. Es gab noch keine Leitlinien darüber, wie die berufliche Ausübung aussehen sollte. Man hat frei rekrutiert. Mittlerweile gibt es spezialisierte Hochschulstudiengänge und im Wesentlichen rekrutieren sich die Berufsbetreuer aus den Bereichen der sozialen Arbeit und der Juristerei.

Um als Berufsbetreuer arbeiten zu können, bedarf es seit Jahresbeginn 2023 eines Sachkundenachweises. Wir als Bundesverband der Berufsbetreuer/innen sind aber der Auffassung, die Tätigkeit ist so komplex, dass sie auf Hochschulniveau ausgebildet werden müsste. Berufsbetreuer arbeiten in der Regel selbstständig.

Meine Aufgaben:

Die Kernkompetenz für Berufsbetreuer liegt aus meiner Sicht darin, den Unterstützungsprozess mit dem Klienten zusammen zu gestalten. Und ihm dazu zu verhelfen, seine Defizite auszugleichen und selbstbestimmt an der Gesellschaft teilzuhaben.

Wie das konkret aussieht, ist hochindividuell und hängt vom Unterstützungsbedarf des Menschen ab. Es können Schwierigkeiten im Umgang mit Behörden sein, etwa beim Erhalt von Unterstützungsleistungen. Das trifft den Bereich der Antragsstellung. Ein weiterer großer Themenkomplex ist der gesundheitliche Bereich. Hier kann es darum gehen, medizinische Planungen vorzunehmen oder Zugang zu ärztlichen Maßnahmen zu schaffen, wie etwa Reha-Anwendungen. Auch gibt es viele Menschen, die Schwierigkeiten haben ihre Finanzen zu regeln.

Berufliche Betreuer können überall dort eingesetzt werden, wo im menschlichen Leben rechtliche Angelegenheiten zu besorgen sind. Dabei sind immer die Wünsche des Klienten handlungsleitend.

Schöne und weniger schöne Seiten meines Berufs:

Die schönste Seite des Berufs ist es, wenn Menschen, die nicht oder nur eingeschränkt in der Lage waren, ihre Angelegenheiten zu besorgen, durch meine Unterstützung in die Situation kommen, ihr Leben wieder vollständig selbstständig gestalten zu können.

Manchmal gibt es aber auch unangenehme Konflikte, die oft damit zu tun haben, dass Außenstehende den Auftrag der rechtlichen Betreuung falsch verstehen. Wir sind nicht dazu da, den Menschen in Betreuung möglichst unauffällig zu halten, sondern wir sind der parteiische Vertreter dieses Menschen und haben seinen Wünschen zu folgen.

Diese Vorurteile gibt es:

Als Berufsbetreuer habe ich weniger mit Vorurteilen zu kämpfen. Das Problem liegt eher darin, dass Klienten oft in Situationen geraten, in denen sie in ihren Rechten gehindert werden, weil sie eine Betreuung haben.

Wenn beispielsweise ein Mensch in Betreuung in der Lage ist, Sinn, Zweck und Folgen einer ärztlichen Behandlung zu erfassen, ist er selbstverständlich einwilligungsfähig. Dann muss nicht auf die Zustimmung des Betreuers gewartet werden. Das sind Entrechtungen im Alltag, die wir gerne ausmerzen wollen.

Die Vergütung:

Die Vergütung beruflicher Betreuer erfolgt nach Fallpauschalen. Unterschieden wird nach dem Grad der Ausbildung des Berufsbetreuers, der bisherigen Betreuungsdauer, der Wohnform des Klienten und dessen finanziellen Verhältnissen.

Ein Beispiel: Wer als Diplom-Sozialarbeiter einen nicht mittellosen, im Heim lebenden Klienten im zweiten Halbjahr betreut, kann hierfür pro Monat eine Fallpauschale in Höhe von 229 Euro verlangen.

Die Aussichten:

Ein großes Problem ist, dass die berufliche Tätigkeit der Betreuung dauerhaft und chronisch unterfinanziert ist. Eine Reform des Betreuungsrechts, die Anfang 2023 in Kraft trat, stellt neue Anforderungen an die Betreuung. In einer Zeit der explodierenden Preise kollidiert das mit einer stagnierenden Vergütungssituation. Das birgt die große Gefahr, dass der Beruf am Ende wieder unattraktiv wird.

Es ist schwer für uns, Nachwuchs zu generieren. Es gibt im sozialen Bereich andere Berufe, die deutlich lukrativer und sicherer sind, weil man nicht das Risiko der Selbstständigkeit und dergleichen mehr hat. Wir sind dazu gerade in einer Auseinandersetzung mit der Politik. (dpa)

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