Neulich stand ich mit einer Freundin in der Stadt, als eine Straßenbahn in Tarnfarben an uns vorbeifuhr. Groß prangte an der Seite der Slogan: „Beste Chancen auf Beförderung“ – Werbung für die Bundeswehr.
Während wir noch schauten, schlenderte eine Gruppe junger Männer vorbei. Modisch topaktuell: an den Seiten der Kopf rasiert, oben ein kunstvoll frisiertes Lockennest – vermutlich mit drei Sorten Gel und einem stillen Stoßgebet fixiert. Ihr Gang: vorsichtig tänzelnd, als müssten sie das fragile Kunstwerk auf dem Kopf ausbalancieren.
Wir sahen uns an und hatten dieselbe Assoziation: Bundeswehr? Diese Jungs? Natürlich – eine Frisur sagt nichts darüber aus, ob jemand bereit ist, das Land zu verteidigen. Aber die Frage, die wir uns stellten, lautet: Fühlen sich junge Menschen für den Schutz unserer Gesellschaft heute noch verantwortlich? Ist die Jugend überhaupt mental und körperlich in der Lage, unser Land zu verteidigen?
Laut der Jugendtrendstudie 2025 des Instituts für Generationenforschung lehnen 81 % der jungen Menschen in Deutschland es ab, für ihr Land zu sterben. 69 % würden es auch nicht mit der Waffe verteidigen. Diese Zahlen sprechen eine deutliche Sprache.
Auf Reddit stieß ich auf einen Beitrag. Der Verfasser fragte: Angenommen, es wäre Krieg – würdest du, wenn man dich einzöge, kämpfen oder verweigern und womöglich ins Gefängnis gehen? Der Verfasser entschied sich fürs Gefängnis.
Stellen wir uns den Ernstfall vor: Sollen wir uns mangels „Williger“ kampflos ergeben und unser Schicksal erdulden? Oder sollen wir darauf hoffen, dass andere Länder uns im Notfall schon retten werden? Ich halte das für eine gefährliche Illusion.
Haben wir es versäumt, jungen Menschen zu vermitteln, dass Frieden kein Naturgesetz ist? Dass Demokratie, Freiheit und Sicherheit nicht einfach da sind – sondern aktiv verteidigt werden müssen?
Ich denke an einen Jungen aus der Abiturklasse meiner Tochter. Er wollte freiwillig zur Bundeswehr. Statt Anerkennung erntete er Misstrauen: „Ist der etwa rechts?“ Ist das das Bild, das wir vom Dienst an der Gesellschaft haben?
Patriotismus ist nicht gleich Nationalismus. Und wer bereit ist, unser Land zu verteidigen, ist vielleicht einfach nur Realist.
Ich will keinen Krieg. Ich will nicht, dass meine Kinder kämpfen müssen. Aber ich will auch nicht zusehen, wie wir uns in bequeme Illusionen flüchten. Denn in einer Welt, in der Kriege Realität sind, müssen wir uns eine Frage stellen: Wer sind wir, wenn es darauf ankommt?
Ich verstehe, wenn jemand keinen Dienst an der Waffe leisten will. Aber es gibt immer eine Alternative: Logistik, Zivilschutz, Sanitätsdienst – auch das ist Verteidigung.
Ein soziales Pflichtjahr – ja. Ein Wehrdienst – vielleicht auch. Es täte unserer Gesellschaft gut, wenn junge Menschen erlebten, was Verantwortung bedeutet: Für andere. Für das Land. Für eine Gemeinschaft.
Ob Pflegeheim oder Kasernenhof – beides bringt junge Menschen näher an die Realität. Die Welt ist kein TikTok-Video, das man einfach wegwischt, wenn’s unangenehm wird. Meine männlichen Klassenkameraden mussten damals Wehrdienst leisten – oder eben Zivildienst. Ich denke, auch mir hätte letzteres nicht geschadet.
Wie steht ihr zur Wehrpflicht? Sollte sie wieder eingeführt werden – oder nicht? Wir sind gespannt auf eure Meinung! Nehmt gerne an unserer Umfrage teil oder schreibt uns eure Gedanken in die Kommentare.
Ein langes Wochenende ist manchmal alles, was man braucht: Schöne Pfingsten!
2 Antworten
Wir haben den Jüngeren in der Corona-Zeit schon sehr viel aufgebürdet. Öffentliche Räume sind gemacht für Autofahrer und Erwachsene – für Kinder und Jugendliche gibt es immer weniger Platz – diese Leute jetzt auch noch für ein Dienstjahr zu verpflichten erscheint mir äußerst ungerecht. Die Bundeswehr braucht motivierte Profis, einen ganzen Jahrgang Wehrpflichtiger könnte sie ohnehin nicht so ohne WEiteres aufnehmen. Die Verpflichtung sollte freiwillig und attraktiv sein. Gegen einen Zwangsdienst bin ich strikt! Dieser unterbricht die Bildungsbiographie. Letztendlich kommen die Eltern in diesem Jahr für den Unterhalt der Dienstleistenden auf, gerade bei niedrigeren Einkommensgruppen ein großes Problem. Zumal: Krankenversicherung und Kindergeld gibt es nur bis zum 25. Geburtstag. Wie sollen Arbeiterkinder denn studieren können ? Auch den Pflegekräften ist mit unmotivierten, gezwungenen Teenagern nicht geholfen. Freiwillige Dienste können gerne attraktiver gemacht werden. Aber wir haben auch Fachkräftemangel und diejenigen, die sich für ihre Bildungs- und Berufsbiographie einsetzen, sollten nicht durch irgendwelche Dienste davon abgehalten werden.
Vielen Dank für Deinen Kommentar. Grundsätzlich haben wir es hier mit einem klassischen Dilemma zu tun. Grundsätzlich möchte ja auch nicht, dass irgendein “Kind” auf dieser Erde in den Krieg ziehen muss. Jedes Kind hat eine Mutter. Mich beschäftigt das sehr. Aber was passiert, wenn wir nicht genügend Freiwillige haben? Sollen dann Einzelne (nach welchen Kriterien?) zwangsrekrutiert werden? Und was machen wir im Ernstfall? Mental und körperlich unausgebildete junge Leute an die Front schicken? Oder uns gleich alle ergeben? Rückt das Thema “Bezahlung” bei der ganzen Bedrohungslage, in der wir uns lt. Politik & Medien befinden, dann nicht in den Hintergrund? Liebe Grüße!