Europas Aktienmärkte haben sich ungeachtet der Angriffe der USA auf iranische Atomanlagen am Montag nahe ihrer Schlussstände vom Freitag gehalten.
Die Gelassenheit der Anleger begründete Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar von Robomarkets einerseits mit der bereits einsetzenden Ruhe an den Märkten vor der Sommerpause. “Andererseits aber haben sich die Börsen – so hart es klingt – an das Thema Krieg gewöhnt, weshalb viele Investoren die aktuelle Entwicklung nicht als Verkaufssignal sehen.” Aus der Spekulation über einen US-Angriff auf den Iran sei nun eine Tatsache geworden. Auf die aber lasse sich nicht mehr spekulieren.
Freundliche US-Börsen stützen zusätzlich, zumal die vom Finanzdienstleister S&P Global erhobenen Einkaufsmanagerindizes für die US-Industrie- und Dienstleistungsunternehmen im Juni besser als erwartet ausgefallen waren. Im Euroraum dagegen verbesserte sich die Unternehmensstimmung nach zwei Rückschlägen in Folge nicht weiter. Sie signalisierte damit weiter nur ein geringfügiges Wachstum. In Großbritannien hellte sich die Stimmung in den Unternehmen zugleich überraschend deutlich auf.
Der EuroStoxx 50 beendete den Tag 0,22 Prozent tiefer bei 5.221,90 Punkten. Damit befindet sich der Leitindex der Eurozone nach den jüngsten Verlusten weiter im Konsolidierungsmodus.
Der britische FTSE 100 zeigte sich mit minus 0,19 Prozent auf 8.758,04 Punkte wenig verändert. Der Schweizer SMI, der von nun an bis in den September hinein 21 statt 20 Werte umfasst, verlor 0,14 Prozent auf 11.854,96 Punkte.
Die längerfristigen Auswirkungen des US-Angriffs seien noch unklar, doch die bisherige Reaktion der iranischen Führung sei überschaubar, kommentierte Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der niederländischen Bank ING. Das nähre Interpretationen, dass der Iran keine militärischen Mittel einsetzen könne oder wolle. Zudem scheine die Aktion damit für die USA erst einmal abgeschlossen zu sein.
Im marktbreiten Stoxx Europe 600 gab es überwiegend Verlierer. Favorisiert wurden vor allem Aktien aus den Branchen Technologie und Energieversorger.
Die verhalten gestarteten Aktien von Prosus führten bis Handelsschluss mit plus 3,3 Prozent die Gewinner im EuroStoxx 50 an. Die Internet-Beteiligungsgesellschaft hat ihren Gewinn im vergangenen Geschäftsjahr fast verdoppelt. Die Schweizer Großbank UBS attestierte dem Unternehmen ein insgesamt solides Abschneiden. Der Konzern habe zudem nützliche Informationen über die Verbesserungen des Wachstums und die Rentabilität des E-Commerce-Portfolios geliefert.
Unter den konjunktursensiblen Autowerten gaben Stellantis mit minus 2,3 Prozent weiter nach. Seit Jahresbeginn haben die Papiere inzwischen etwas mehr als ein Drittel an Wert verloren. An diesem Tag hat der neue Vorstandschef Antonio Filosa seine Arbeit aufgenommen und soll den angeschlagenen Autohersteller sanieren.
Air Liquide büßten im EuroStoxx ebenfalls 2,3 Prozent ein und zählten damit zu den Schlusslichtern. Die Bank of America senkte den Daumen über der Aktie des Industriegaseherstellers und Anlagenbauers. Sie bewertet sie nun nicht mehr mit “Buy”, sondern mit “Underperform”.
Die Aktien von Novo Nordisk legten nach der jüngsten Stabilisierung den Rückwärtsgang ein und verloren am Ende des Stoxx Europe 50 5,3 Prozent. Analysten äußerten sich unterschiedlich zum Abnehmmittel Cagrisema und aktuellen Studiendaten. Laut Experte Benjamin Jackson vom Investmenthaus Jefferies sind die Konsensschätzungen für den Spitzenumsatz von Cagrisema immer noch zu optimistisch.
Im Schweizer Leitindex SMI und auch an der US-Börse Nyse wurde an diesem Tag erstmals die Aktie von Amrize gehandelt. Amrize ist das Nordamerikageschäft des Baustoffkonzerns Holcim, das abgespalten wurde und als US-Infrastruktur-Wachstumsunternehmen gilt. Die Amrize-Papiere, die zunächst bis etwa Mitte September im SMI bleiben werden, schlossen bei 39,31 Franken. Holcim – ohne Amrize – schlossen unterdessen mit 54,26 Franken. Die beiden Unternehmen sind nach dem ersten Handelstag zusammen in etwa so viel wert wie der frühere Gesamtkonzern. Das Holcim-Management hatte für Amrize auf eine höhere Bewertung gehofft. (dpa-AFX/cw)