(neu: Aktienentwicklung, Analystenstimmen, weitere Branchenwerte)
FRANKFURT (dpa-AFX Broker) – Die Aktien von Rheinmetall DE0007030009
sind am Montag nach Bekanntwerden einer Übernahme auf ein Rekordhoch geklettert. Mit einem Plus von bis zu knapp drei Prozent auf den Rekordwert von 1.949 Euro setzte der Rüstungskonzern seinen jüngsten Aufwärtstrend fort. Den Schwung konnte die Aktie nicht ganz halten, sie lag zuletzt aber mit einem Anstieg von 2,1 Prozent immer noch an der Dax-Spitze DE0008469008
.
Im Kielwasser von Rheinmetall ging es auch für die Titel der Branchenkollegen Hensoldt DE000HAG0005
und Renk DE000RENK730
im MDax DE0008467416
um zwei beziehungsweise 1,3 Prozent bergauf, wobei diese beiden Aktien nach einer Schwächephase, die im Juni begann und bis Mitte August anhielt, von ihren Rekorden noch etwas entfernt sind. Im bisherigen Jahresverlauf liegen alle drei Rüstungswerte in ihren Indizes aber noch ganz vorn. Rheinmetall und Hensoldt haben ihren Börsenwert 2025 etwa verdreifacht, Renk sogar fast vervierfacht.
Rheinmetall einigte sich mit der Bremer Werftengruppe Lürssen auf einen Kauf von deren Militärsparte NVL. Mit dem Erwerb des Schiffbauers möchte sich das Unternehmen breiter aufstellen und den Marine-Bereich als zusätzliches Geschäftsfeld erschließen. Eine Überraschung ist die Transaktion zwar nicht mehr, nachdem schon seit längerem darüber spekuliert worden war. Sie passt aber perfekt zum Höhenflug der Branche angesichts der anhaltenden weltweiten Kriege und Konflikte.
Da beide Seiten Stillschweigen zum Kaufpreis vereinbart haben, sind die finanziellen Auswirkungen des Deals für Rheinmetall Händlern zufolge schwer einzuschätzen. Jefferies-Analystin Chloe Lemarie glaubt derweil zu wissen, dass NVL eine prozentual zweistellige Marge abwerfe und es die Ambition gebe, diese inklusive Synergien in den mittleren Zehnerbereich zu steigern. Auf dieser Basis geht sie ohne Berücksichtigung von Schulden von einem Übernahmepreis in der Spanne von 1,5 bis 2 Milliarden Euro aus.
Die DZ Bank nahm Rheinmetall zwar von ihrer Empfehlungsliste “Equity Long Ideas”. Mit einem fairen Wert von 1.985 Euro sieht Analyst Holger Schmidt aber immer noch etwas Luft nach oben und rät folglich weiter zum Kauf.
Mittel- bis langfristig bleiben die Geschäftsaussichten der Düsseldorfer dem Experten zufolge positiv. Mit dem strategisch sinnvollen Kauf der NVL-Werft “ergänzt Rheinmetall das bisher nur partiell bestehende Spektrum moderner Systemkomponenten, Simulationslösungen und maritimer Schutzsysteme und weitet sein Portfolio strategisch auf den Marineschiffbau aus”. Allerdings weise der Schiffbau als Großprojektgeschäft mit längeren Durchlaufzeiten und tendenziell mehr Risiken eine andere Charakteristik auf als die bisherigen Aktivitäten, die nicht unbedingt durch eine höhere Profitabilität ausgeglichen würden.
Warburg-Analyst Christian Cohrs betrachtet den Deal daher auch vorsichtig. Der Marineschiffbau sei komplex und gehöre “nicht zur Kern-DNA von Rheinmetall”. Dies lasse Zweifel aufkommen, ob der Rüstungskonzern der bestmögliche Eigentümer für NVL sei. Die Expansion in neue Branchen berge das Risiko, dass der strategische Fokus verwässert wird und sich das Gesamtrisikoprofil des Rheinmetall-Konzerns erhöht.
Auch Analyst David Perry von der US-Bank JPMorgan betonte, dass der Bau von Marineschiffen zu den riskanteren Bereichen der Verteidigungsindustrie gehöre und sich stark vom Fahrzeugbau unterscheide. Außerdem seien die Margen oft niedriger als bei anderen Rüstungsprodukten. Unter der Annahme, dass der bislang nicht bekannte Übernahmepreis akzeptabel sei, schätzt Perry den Deal insgesamt aber doch positiv ein. Rheinmetall diversifiziere sich weiter, was auch zu den jüngsten Bestrebungen im Geschäft mit Satelliten passe.
Rheinmetall ist an den Finanzmärkten einer der größten Profiteure des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und dessen geopolitischen Folgen. Wenige Tage vor dem Beginn der russischen Invasion im Februar 2022 waren die Aktien noch unter 100 Euro zu haben und haben sich seither etwa verzwanzigfacht – der Börsenwert liegt nach der Rally in den vergangenen Jahren bei knapp 90 Milliarden Euro. Rheinmetall gehört damit zu den wertvollsten Unternehmen Deutschlands. Vor dem Ukrainekrieg lag der Konzern mit weniger als fünf Milliarden Euro unter ferner liefen.
Europaweit zogen zu Wochenbeginn mit Leonardo IT0003856405
, Thales FR0000121329
und BAE Systems GB0002634946
auch die Papiere anderer Branchenwerte an. Im Dax stiegen Airbus NL0000235190
1,5 Prozent höher und profitierten dabei zusätzlich vom Lob der kanadischen Bank RBC. Dazu kamen wiederholt Medienberichte über eine mögliche europäische Satelliten-Allianz von Airbus mit Leonardo und Thales noch in diesem Jahr.
Für Thyssenkrupp DE0007500001
ging es derweil um 1,1 Prozent aufwärts. DZ-Bank-Analyst Schmidt verwies darauf, dass Thyssens Marinesparte TKMS mit Lürssen bereits in einem Gemeinschaftsunternehmen verbunden sei, was nun Rheinmetall automatisch zum Partner mache und die Kräfteverhältnisse verschieben dürfte. “Strukturell könnte das für TKMS bedeuten, dass sich die Rolle im Überwasserschiffbau weiter abschwächt und das Unternehmen stärker auf das U-Boot-Geschäft fokussiert wird”, schrieb Schmidt.