Ganz ohne Mängel verläuft kaum ein Bauvorhaben. Viele Schäden entstehen durch unsachgemäße Planung, schlechte Ausführung, mangelnde Bauüberwachung oder Zeitdruck – oft mit immensen Folgeschäden. Denn Baumängel können nicht nur teuer, sondern auch sicherheitsrelevant sein. Schwäbisch Hall-Architekt Armin Wallrapp erklärt, wie Bauherren Baumängeln vorbeugen können.
Was ist Pfusch – und was sind die Folgen?
Baumängel entstehen oft durch unsaubere Planung oder „schlampige“ Ausführung – umgangssprachlich: Pfusch am Bau. Was zunächst ein kleiner Mangel ist, kann später gravierende Schäden verursachen.
„Ein typisches Beispiel: Ist eine Fassade nicht richtig abgedichtet, dann ist das ein Baumangel. Wenn später deshalb Wasser eindringt und sich Schimmel bildet, spricht man von einem Bauschaden“, erklärt Armin Wallrapp.
Statistisch gesehen treten bei einem durchschnittlichen Bauprojekt rund 30 Mängel auf. Besonders betroffen: Dächer, Decken, Wände, Böden und die Haustechnik. Häufige Probleme sind Feuchtigkeitseintritt, Maßabweichungen, Risse oder fehlerhafte Abdichtungen. Wer früh erkennt, wo Fehler entstehen, kann hohe Folgekosten vermeiden.
Welche Baumängel gibt es?
• Ein undichter Keller gehört zu den häufigsten und teuersten Baumängeln. Oft fehlt ein Baugrundgutachten – dabei sind Bodenverhältnisse entscheidend, um den Keller gegen Feuchtigkeit oder drückendes Grundwasser zu schützen. Häufig wird auch die Bitumendickbeschichtung falsch aufgetragen, etwa auf die Dämmung statt direkt auf das Mauerwerk. Auch bei den beliebten weißen Wannen aus wasserundurchlässigem WU-Beton können Mängel auftreten, etwa wenn Fertigelemente auf der Baustelle nicht sauber zusammengesetzt und verfugt werden.
• Risse im Mauerwerk oder Putz entstehen, wenn Materialien falsch kombiniert oder Fugen nicht fachgerecht ausgeführt werden, zum Beispiel mit zu wenig Mörtel oder sogar Bauschaum. Ein häufiger Fehler: Das Überbindemaß – also die horizontale Überlappung der Steine von einer Mauerschicht zur nächsten – wird nicht eingehalten. Fehlt diese statisch wichtige Verschränkung, verliert die Wand an Stabilität. Auch Eingriffe durch Installateure können Schäden verursachen, etwa wenn diese Mauern unkontrolliert schlitzen oder Rohre unsachgemäß fixieren.
• Feuchtigkeit im Spitzboden entsteht vor allem in den ersten Monaten nach dem Bau, wenn Feuchtigkeit aus den unteren Geschossen nach oben zieht. Wird sie nicht durch ausreichendes Lüften abgeführt, kommt es schnell zu Tauwasserschäden und anschließendem Schimmelbefall.
• Noch feuchter Estrich beim Verlegen des Bodenbelags führt häufig zu späteren Feuchtigkeitsschäden wie Schimmel, muffigem Geruch, Verfärbungen im Putz oder Verformungen von Holzfußböden. Ursache ist meist eine zu hohe Restfeuchte. Diese lässt sich durch eine einfache Materialprobe vorab prüfen.
• Mängel an der Luftdichtheitsebene der Dachdämmung zeigen sich oft erst später, wenn beispielsweise Räume trotz Heizung kühl bleiben oder Zugluft spürbar ist. Ist die luftdichte Ebene nicht fachgerecht ausgeführt, beispielsweise, wenn die Folien an Gebäudeanschlüssen Lücken aufweisen, kann Feuchtigkeit in die Dachdämmung eindringen und Schimmel verursachen. Eine Luftdichtheitsmessung (BlowerDoor-Test) während der Bauphase deckt solche Schwachstellen auf.
• Risse im Wärmedämm-Verbundsystem (WDVS) treten häufig an Gebäudeecken sowie über Fenstern und Türen auf. Ursache ist meist eine fehlerhafte Verlegung der Dämmplatten – etwa mit Kreuzfugen statt fortlaufend im Verband mit senkrecht versetzten Stoßfugen. „Diese Verarbeitungsfehler führen zu Spannungs- und Kerbrissen, die sich von der Dämmebene bis an die Oberfläche durchziehen. Neben dem optischen Mangel steigt dadurch auch das Risiko für Feuchtigkeitseintritt und eine verminderte Dämmwirkung“, warnt der Experte der Bausparkasse Schwäbisch Hall.
Baumängel vermeiden – so geht’s
Mit der richtigen Vorbereitung lassen sich viele Probleme vermeiden.
1. Realistische Zeitplanung: Zeitdruck ist – neben mangelnder Fachkenntnis oder Sparmaßnahmen – einer der häufigsten Gründe für Baufehler. Ein realistischer Zeitplan mit Puffern für unvorhergesehene Verzögerungen ist essenziell.
2. Baugrundgutachten vor Baubeginn einholen: Feuchter oder instabiler Boden kann zu ernsthaften Bauschäden führen. „Ein professionelles Bodengutachten schafft Sicherheit. Es wird von unabhängigen Sachverständigen erstellt und gibt Aufschluss über Tragfähigkeit und Beschaffenheit des Baugrunds. Beauftragen kann dies der Bauherr, häufig übernimmt das aber auch der Bauträger“, erklärt Wallrapp.
3. Seriöses Bauunternehmen wählen: Am besten vergleicht man mehrere Anbieter und zieht bei Bedarf einen unabhängigen Architekten oder Sachverständigen hinzu. Achten sollte man auf Qualifikationen, Gütesiegel und Verbandsmitgliedschaften. Auch Referenzen früherer Bauherren geben Einblicke in die Arbeitsweise des Unternehmens.
4. Bauplan und Bauleistungsbeschreibung prüfen lassen: Ein detaillierter Bauplan inklusive Bauleistungsbeschreibung ist die Grundlage für ein möglichst mängelfreies Bauvorhaben. Beides sollte vor Vertragsabschluss von einem unabhängigen Bausachverständigen geprüft werden. Auch während der Bauphase ist externe Unterstützung sinnvoll: Eine baubegleitende Qualitätskontrolle durch einen Sachverständigen hilft, Fehler frühzeitig zu erkennen und Folgeschäden zu vermeiden.
5. Auf einen klaren und fairen Bauvertrag achten: Der Bauvertrag sollte alle Vereinbarungen umfassend und eindeutig formuliert regeln – vom Bauumfang über Materialien bis zu Fristen und Zahlungsmodalitäten. Tipp: Im Zweifel lohnt sich auch hier der Blick eines Fachanwalts oder Bausachverständigen.
6. Kontrolle des Baufortschritts: „Regelmäßige Baustellenbesuche sind unerlässlich, um den Baufortschritt im Blick zu behalten. Wichtig dabei: Alle Beobachtungen durch Fotos oder Videos dokumentieren. Bei erkennbaren Abweichungen sollte man sofort das Gespräch mit dem Bauleiter suchen“, weiß der Experte.
7. Sorgfältige Bauabnahme mit Protokoll: Am Ende des Bauvorhabens steht die Bauabnahme. Dabei ist wichtig, den Bau nur dann abzunehmen, wenn keine offenen Mängel mehr bestehen. Denn mit der Abnahme kehrt sich die Beweispflicht um: Ab diesem Zeitpunkt muss der Bauherr belegen, dass ein Mangel bereits vorher vorhanden war. Ein Sachverständiger und ein schriftliches Abnahmeprotokoll sind hier unverzichtbar.
Schwäbisch Hall-Expertentipp zum Schluss:
„Damit Baumängel vom Bauunternehmen behoben werden können, müssen sie sorgfältig dokumentiert und nachgewiesen werden. Die Mängelbeseitigung ist für den Auftraggeber in der Regel kostenlos. Wichtig dabei: Die Verjährungsfristen beachten! Nach der Bauabnahme besteht ein fünfjähriger Anspruch auf Mängelbeseitigung. Wurde ein Mangel jedoch arglistig verschwiegen, hat der Auftraggeber darüber hinausgehende Verjährungsfristen und nach Behebung des Mangels weitere drei Jahre Gewährleistung auf die jeweilige Mangelbeseitigung.“