Birgit sagt: „Butter bei die Fische“

llustration: Johanna Heinatz für Courage
llustration: Johanna Heinatz für Courage

Eine Alleinerziehende zahlt heute mehr Steuern, als ein Alleinverdiener in einer kinderlosen Ehe. Ist das gerecht?

Knapp im Amt, hatte Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche sich gleich mal mächtig in die Nesseln gesetzt. Mehr und länger arbeiten? Geht’s noch? „Respektlos“, meint Laura Pooth, Vorsitzende des Bezirks Nord des Deutschen Gewerkschaftsbunds. Das bestrafe dann die Menschen, die das Land und den Betrieb mit harter Arbeit jahrzehntelang am Laufen gehalten hätten! Das ist natürlich ein Argument, gegen das man als ­sozial eingestellter Mensch kaum etwas sagen kann. Aber Moment mal: Zwei von fünf Erwerbstätigen arbeiten in Teilzeit, und nur zwei von fünf Neurentnern haben bis zum regulären Renteneintrittsalter gearbeitet. 

Für beide Zahlen mag es verschiedene Gründe geben: Ehegattensplitting und/oder fehlende Kinderbetreuung drängen vor allem Frauen in Teilzeit. Arbeitslosigkeit oder körperliche Anstrengung im Job sind Gründe für den frühzeitigen Renteneintritt. Klingt einleuchtend. Aber laut einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft gehen auch und vor allem Bessergestellte frühzeitig in Rente. Warum? Weil sie es können! Fakt ist: So gut wie der Boomer-Rentnergeneration wird es zukünftigen Rentnern nicht gehen.

Und nun wieder zur bitteren Pille der Ministerin. Weniger arbeiten und länger leben – trotz demografischem Wandel und ohne Wohlstandsverlust? Wird kaum gehen. Schon jetzt schießt der Staat jedes Jahr dreistellige Milliardenbeträge zu, für 2026 sind im Haushalt knapp 128 Milliarden Euro vorgesehen, davon gehen gut 64 Milliarden  direkt in die Rente. Trotz dieser staatlichen Finanzspritze reichen die Renten nicht aus. Mehr und länger Arbeiten klingt da nur logisch. Denkt man. Aber Fehlanzeige. Statt Zumutungen gibt es Goodies. Bis 2031 steigen die Rentenbezüge genauso stark wie die Löhne, und ein Renteneintritt ist nach 45 Arbeitsjahren schon vorzeitig ohne Abzüge möglich. Mit der geplanten Aktiv-Rente gibts ein zusätzliches Bonbon: 24.000 Euro steuerfrei für diejenigen, die nach Erreichen des Renteneintrittsalters weiterarbeiten. Das erinnert mich an hoch bezahlte Fußballprofis, die nach Spielende in die Kamera sagen: Ich freue mich, dem Team geholfen zu haben! Nein, verdammt noch mal: Du hast nicht geholfen, du hast deine Pflicht getan, und das sollte selbstverständlich sein! Genauso selbstverständlich sollte es sein, länger zu arbeiten, wenn die Lebenserwartung steigt. Allein, da traut sich kein Politiker ran. Wen wundert’s? Mehr als 40 Prozent der Wahlberechtigten waren bei der Bundestagswahl im Februar im Alter 60 plus. In dieser Altersgruppe haben 37 Prozent CDU und 23 Prozent SPD gewählt. 

Pech für die Jüngeren, die die Zeche irgendwann zahlen müssen. Da hilft auch die geplante „Frühstart-Rente“ nicht. Zehn Euro pro Monat für jedes Kind aus der Staatskasse: Das wird Altersarmut nicht verhindern können. 

Fazit: Ohne Privatvorsorge geht es nicht! Der Staat kann und sollte für gute Finanzbildung sorgen, per Zulagen Anreize für privaten Vermögensaufbau schaffen sowie angemessene Steuerfreibeträge für Altersvorsorgevermögen gewähren. Dann klappt es auch mit der Rente!

Diesen Artikel teilen

Schreibe einen Kommentar

Money DAy
Anzeige
Courage 01/26 Petkovic

Neue Ausgabe

Ein Grand-Slam-Sieg blieb Andrea Petković in ihrer Tenniskarriere verwehrt. Doch dafür hat sie etwas noch Wertvolleres gewonnen: Resilienz. Denn oft war die achtfache WTA-Turniersiegerin verletzt. Monatelang kämpfte sie nach einem Kreuzbandriss gegen die Schmerzen – und für ein Comeback. Mit Erfolg. „Schwierige Phasen machen dich widerstandsfähiger“, sagt sie heute. Im Interview spricht sie zudem über die Folgen ihrer frühen Flucht aus Jugoslawien, ihre Geldanlagen und ihre neue Leidenschaft – das Schreiben.