Eigentlich hätte es eine hervorragende Woche für Amerikas Tech-Konzerne werden können: Apple, Meta und Microsoft, die als Erste ihre Quartalsergebnisse vermeldeten, verzeichneten alle ein starkes Weihnachtsgeschäft. Speziell Apple und Meta erzielten zwischen Oktober und Dezember neue Umsatzrekorde mit 124 Milliarden beziehungsweise 48,4 Milliarden Dollar. Doch ob auch die Zukunft so rosig sein wird, ist seit einigen Tagen nicht mehr so klar.
Das Anfang der Woche vorgestellte KI-Modell der chinesischen Firma Deepseek hat den Tech-Sektor mehr oder weniger heftig durchgeschüttelt.
Tatsächlich geht es um sehr viel Geld. Dabei herrschte bislang die Überzeugung, dass die teuerste Künstliche Intelligenz auch die leistungsfähigste sei, haben die Unternehmen in jüngster Zeit enorme Summen in die Entwicklung der Infrastruktur und das Training der Modelle gesteckt. Allein bei Meta und Microsoft waren es zwischen Oktober und Dezember zusammengerechnet 37,4 Milliarden Dollar.
Deepseek hat diese Überzeugung erschüttert, denn wenn es stimmt, was man über den niedrigen Entwicklungsaufwand hört, sind die Hürden für den Markteintritt gerade erheblich gesenkt worden. Entsprechend sanken mit Ausnahme von Apple die Kurse der BigTech-Aktien.
Gleichwohl gab sich der Meta-Konzern am Mittwoch bei der Präsentation seiner Quartalszahlen sehr selbstbewusst. Der Konzern hat seinen Gewinn gegenüber 2023 um 49 Prozent auf 20,8 Milliarden Dollar gesteigert. Anders als Deepseek habe man Milliarden von Kunden, die man addressieren könne.
Auch Microsoft wiegelte in Hinblick auf die neue Konkurrenz ab. Die von Deepseek verwendeten Techniken würden „alle zur Massenware werden und in der Branche bald verbreitet sein“, sagte Vorstandschef Satya Nadella. Von diesen Effizienzsteigerungen würden auch Microsofts Cloud-Computing- und PC-Geschäft profitieren. Microsoft integrierte dann Mitte der Woche auch gleich das R1-Modell von Deepseek in seine Datenwolke Azure.
Trumps Zölle verpassen der Wall Street einen Dämpfer
Zum Wochenende beschäftigten die Börsianer dann schon wieder andere Themen. Eine Bestätigung der Einführung erster US-Importzölle verpasste der Wall Street am Freitag einen Dämpfer. Nachdem er zu Beginn noch sein knapp zwei Monate altes Rekordhoch ins Visier genommen hatte, schwächelte der Dow Jones Industrial Index und büßte am Ende knapp 0,8 Prozent auf 44.545 Punkte ein. Auf Wochensicht behauptete der Leitindex aber immer noch einen Gewinn von 0,3 Prozent und für den zu Ende gegangenen Januar ein Plus von 4,7 Prozent.
Der marktbreite S&P 500 verabschiedete sich am Freitag 0,5 Prozent tiefer mit 6.041 Zählern. Für den anfangs starken technologielastigen Nasdaq 100 ging es um gut 0,1 Prozent auf 21.478 Punkte bergab. Vor allem wegen des Kursrutsches vom Montag, als DeepSeek mit einem angeblich günstigen und leistungsfähigen KI-Modell Sorgen über die hohen Bewertungen der US-Tech-Branche geschürt hatte, erlitt er einen Wochenverlust von 1,4 Prozent. Die Januar-Bilanz fällt mit plus 2,2 Prozent deutlich bescheidener aus als beim Dow Jones. Allerdings hatten die Nasdaq-Indizes 2024 viel stärker abgeschnitten als der Leitindex.
Apple -Titel drehten trotz guter Geschäftszahlen mit dem Markt ins Minus und verloren 0,7 Prozent. Die neuen Funktionen mit Künstlicher Intelligenz kurbelten die iPhone-Verkäufe im abgelaufenen Quartal an. Das operative Ergebnis habe positiv überrascht und der Ausblick auf das laufende Quartal sei besser als befürchtet ausgefallen, bemerkte Goldman-Sachs-Analyst Michael Ng.
Bei Visa stand nach jüngsten Rekordjagd letztlich ein Minus von 0,4 Prozent zu Buche. Ein hervorragendes Weihnachtsgeschäft bescherte dem weltgrößten Zahlungsdienstleister wachsende Gewinne und einen überraschend hohen Umsatz. Zudem rechnet Visa im laufenden Jahr mit einem deutlichen Plus bei Umsatz und Gewinn.
Dagegen stimmte der kriselnde Halbleiterriese Intel die Börse auf ein weiterhin schwieriges Geschäft ein. Das Umsatzziel für das laufende Quartal verfehlte die Erwartungen von Analysten. Dass Intel im Schlussquartal 2024 besser abschnitt als befürchtet, half den schon 2024 schwach gelaufenen Aktie nicht: Sie verloren 2,9 Prozent.
Bei den großen US-Ölkonzernen drückten sinkende Ölpreise im vergangenen Jahr auf die Ergebnisse. Die neuen Nachrichten aus dem Weißen Haus halfen aber immerhin, den zeitweisen Ölpreis-Rückgang zu begrenzen. Sowohl Chevron als auch Exxon Mobil vermeldeten Gewinnrückgänge. Chevron enttäuschte die Markterwartungen, was die Anteilscheine um 4,6 Prozent absacken ließ. Dagegen überraschte Exxon Mobil positiv. Die Aktien verloren dennoch 2,5 Prozent.
Dax setzt seinen Rekordlauf fort
Zuvor hatte in Frankfurt der Dax hat seinen Rekordlauf fortgesetzt. Zur Mittagszeit hatte der deutsche Leitindex erstmals bei 21.800 Punkten gestanden und sich damit weiter der nächsten runden Marke von 22.000 Zählern genähert. Zum Handelsschluss jedoch ließ der Schwung nach und das Börsenbarometer stand am Ende nur noch hauchdünn im Plus bei 21.732,05 Punkten.
Sorgen vor KI-Konkurrenz aus China hatte der Dax zu Wochenbeginn schnell abgehakt, sodass in der Wochenbilanz ein Plus von 1,6 Prozent zu Buche steht. Der Leitindex verzeichnet zudem mit einem Gewinn von 9,2 Prozent eine außerordentlich gute Bilanz für einen Januar.
In der zweiten deutschen Börsenreihe lag der MDax am Freitag mit 26.730,94 Punkten knapp tiefer als am Vortag. Der Index der mittelgroßen Werte hat seit Jahresbeginn 4,5 Prozent gewonnen.
Allerdings warnen einige Experten bereits vor einer korrekturbedürftigen Marktlage. „Je nach Nachrichtenlage bei Inflation, Zinsphantasie, großer Politik und Berichtsaison ist immer wieder mit Kursschwankungen zu rechnen“, gab Marktstratege Robert Halver von der Baader Bank zu bedenken. Ein „Druckablass“ wäre gesund und böte Anlegern wieder günstigere Kaufgelegenheiten.
Hierzulande waren kursbewegende Nachrichten am Freitag eher selten. Im Dax blieben die 2024 vervierfachten Aktien des Energietechnik-Konzerns Siemens Energy nach ihrer Delle zu Wochenbeginn auf Erholungskurs, indem sie um zwei Prozent anzogen. Sie näherten sich damit wieder dem Rekordniveau vom vergangenen Freitag, das etwas über 60 Euro liegt.
Mit einem Potpourri an Neuigkeiten aufwarten konnte die Commerzbank , deren Aktien um 1,7 Prozent stiegen. Nachdem die Jahresresultate besser als erwartet ausgefallen waren, kündigte die Bank auch eine Dividendenerhöhung und weitere Aktienrückkäufe angekündigt. Altlasten und Rechtsrisiken haben dagegen der Deutschen Bank das Ergebnis für 2024 verhagelt. Der Vorsteuergewinn von Deutschlands größtem Geldhaus sank im Vergleich zum Vorjahr um sieben Prozent auf 5,3 Milliarden Euro. Ohne die Berücksichtigung der genannten Sondereffekte wäre ein Vorsteuergewinn von 7,9 Milliarden Euro entstanden. Diese Sondereffekte resultierten vor allem aus höheren Entschädigungen für frühere Postbank-Aktionäre über rund 900 Millionen Euro. Darüber hinaus schlugen beispielsweise Probleme im Zusammenhang mit an polnische Verbraucher herausgereichten Fremdwährungskrediten zu Buche. Dafür stellte die Bank 300 Millionen Euro zurück. Gleichwohl schlägt der Vorstand eine Erhöhung der Dividende von 45 auf 68 Cent pro Aktie vor und plant einen Aktienrückkauf in Höhe von 750 Millionen Euro. Dieser ist von der Aufsicht bereits genehmigt.
Aus dem Investment Banking kam mit 3,3 Milliarden Euro fast die Hälfte des Vorsteuergewinns. Die Unternehmensbank schaffte 2,1 Milliarden Euro. Dagegen fallen die Privatkundenbank mit 1,2 Milliarden und vor allem das Asset-Management mit 600 Millionen Euro eindeutig ab.
Immer noch liegt die Deutsche Bank hinter ihren amerikanischen Pendants zurückliegt. Der Banken-Riese JP Morgan hat beispielsweise vor kurzem einen Nettogewinn von umgerechnet rund 55 Milliarden Euro bekanntgegeben. Auch die anderen US-Großbanken erzielen einen rund zwei- bis fünffachen Gewinn der Deutschen Bank.
Im Nebenwerteindex SDax sorgte Atoss Software für Bewegung. Der Kurs pendelte sich bei einem knapp ein Prozent großen Plus ein, weil der Softwarespezialist Händlern zufolge mit einer guten Profitabilität überzeugt hatte. Die Stammaktien des Autoverleihers Sixt büßten infolge einer Aktienplatzierung 3,4 Prozent ein.
Der Euro fiel. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0393 (Donnerstag: 1,0403) US-Dollar fest. Die Kurse von deutschen Staatsanleihen stiegen. Die Umlaufrendite fiel vom Vortagswert 2,45 auf 2,39 Prozent. (baha/dpa-AFX)