Börsenwoche: Buffet steht Rede und Antwort, Dow und Dax mit starker Woche

©peterschreiber.media /Adobe Stock
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Seit Freitag haben sich 40 000 Investoren, Aktionäre, Journalisten und Fans zur wohl bemerkenswertesten Veranstaltung der globalen Finanzwelt in Omaha, Nebraska, versammelt, um ihr bald 95jähriges Idol live zu erleben.

Warren Buffett hat zur 52. Generalversammlung seiner Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway eingeladen. Der Anlass ist seit Jahrzehnten ein Spektakel; denn Buffet hat  angesichts des fortgesetzten riesigen Erfolgs mit seinen Investments inzwischen Legenden-Status. Manche sehen in ihm gar das „Orakel von Omaha“. 

Die Hauptversammlung ist berühmt für ihr Rahmenprogramm, das bereits am Freitag begonnen hat: In einer Art Messehalle verkaufen Berkshire-Tochterfirmen ihre Produkte mit Rabatt. Dazu gibt es Bücher mit Buffet-Weisheiten, ja sogar Buffett-Plüschfiguren werden verkauft. Das wichtigste für Investoren ist aber die Fragerunde am Samstagmorgen, die man in Deutschland ab 13.30h MEZ verfolgen kann (https://www.youtube.com/watch?v=1LWBphTImy4). Viereinhalb Stunden lang wird Buffett dem Publikum Rede und Antwort stehen. Seine Antworten Bemerkungen sind nicht nur witzig, sondern manchmal auch erhellend. Nur zwei Regeln gibt es: Fragen zur Politik und zu aktuellen Käufen und Verkäufen von Berkshire Hathaway werden nicht beantwortet. Aber über Transaktionen der Vergangenheit gibt Buffet meistens launige Auskunft, und so werden Anleger vielleicht erfahren, warum sich der Altmeister im vergangenen Jahr in der Nähe der Höchstkurse von Apple-Aktien im Wert von 167 Milliarden Dollar trennte – rückblickend ein exzellentes Timing. Vielleicht speist er die Investoren aber auch nur wieder mit einem seiner berühmten Bonmots ab: „Sei ängstlich, wenn andere gierig sind, und gierig, wenn andere ängstlich sind.“ 

Besonders interessant ist natürlich die Frage, was Berkshire Hathaway mit seinem gigantischen Bargeldpolster vorhat. Ende 2024 saß das Unternehmen auf 334 Milliarden Dollar an flüssigen Mitteln. Nachdem die Hauptversammlung im vergangenen Jahr erstmals ohne seinen kurz zuvor im Alter von 99 Jahren verstorbenen langjährigen Weggefährten Charlie Munger stattfand, wird Buffett in diesem Jahr von seinem designierten Nachfolger als Corstandsvorsitzenden,  Greg Abel, flankiert. Buffetts Sohn Howie, mit 70 mittlerweile auch schon im Rentenalter, soll künftig dem Verwaltungsrat vorstehen. 

Wall Street setzt Erholungskurs fort

Das Marktumfeld sollte auf der Versammlung jedenfalls für gute Laune sorgen.vMit robusten Jobdaten im Rücken taten die US-Börsen am Freitag auf ihrem Erholungsweg nochmals einen großen Schritt. Hinzu kam als Kurstreiber, dass China seine Bereitschaft signalisiert hat, die Möglichkeit von Handelsgesprächen mit den USA zu prüfen. Gewisse Anzeichen diplomatischer Beziehungen trügen dazu bei, dass „die Narben des Zollschocks von Anfang April verheilen”, sagte ein Marktbeobachter.

Der Leitindex Dow Jones Industrial ging jedenfalls 1,4 Prozent höher bei 41.317 Punkten aus dem Handel. Die Kurskapriolen von Anfang April, als US-Präsident Donald Trump den Märkten einen Zollschock verpasst hatte, sind damit fast wieder aufgeholt. Das Kursbarometer der Wall Street verbuchte den neunten Gewinntag in Folge und fuhr ein drei Prozent großes Wochenplus ein. Der marktbreite S&P 500 stieg um knapp 1,5 Prozent auf 5.687 Zähler. Obwohl die Quartalsberichte von Apple und Amazon nicht überzeugen konnten, kam der von Technologiewerten dominierte Nasdaq 100 mit 20.103 Punkten auf ein Plus von 1,6 Prozent. Er schloss erstmals seit Ende März wieder über der Marke von 20.000 Punkten.

Unter den Einzelwerten wurden die beiden Konzerne aus dem Kreis der sieben großen Tech-Riesen ihrer Rolle als Technologie-Trendsetter am Freitag also nicht gerecht. Unter den “Magnificent 7” waren Apple mit einem Kursrutsch um 3,7 Prozent die große negative Ausnahme, während auch Amazon die Marktrally mit einem Abschlag von 0,1 Prozent nicht mitging.

Apple konnte die Sorgen der Anleger hinsichtlich der größten Herausforderungen des Unternehmens, darunter steigende Zollkosten und eine Verlangsamung in China, nicht zerstreuen. Allein für das laufende Quartal rechnet der iPhone-Hersteller wegen der US-Zölle mit zusätzlichen Kosten von 900 Millionen Dollar. Das Analysehaus Jefferies nahm die Zollbelastungen zum Anlass, um die Aktie auf „Underperform” herunterzustufen.

Auch der Online-Händler Amazon warnte vor Zollauswirkungen. Einige Analysten wie Ingo Wermann von der DZ Bank nahmen die Unsicherheit zwar zur Kenntnis, blieben in Summe aber zuversichtlich. Wermann verwies auf mittel- bis langfristige Chancen, Marktanteile zu gewinnen. Zudem verfügten die wachstumsstarken Gewinntreiber Amazon Web Services (AWS) und Onlinewerbung über sehr gute Perspektiven.

Der Reiseunterkunft-Vermittler Airbnb sprach ebenfalls von wirtschaftlichen Unsicherheiten, die eine schlechtere Nachfrage in den USA zur Folge hätten. Die Experten von Jefferies zeigten sich vom Ausblick auf die Übernachtungszahlen im zweiten Quartal enttäuscht. Nach schwachem Start legte die Aktie aber mit der Gesamtmarkt-Rally um ein Prozent zu.

Bei Reddit waren sich die Anleger lange unsicher, in welche Richtung es gehen soll. Nach einem Auf und Ab ging der Kurs 4,2 Prozent tiefer aus dem Handel. Bei dem Social-Media-Netzwerk hieß es zwar, der Ausblick sei überraschend optimistisch. Dem stand aber ein verlangsamtes Nutzerwachstum im April gegenüber.

Chevron will nach einem durch die US-Zollpolitik ausgelösten Einbruch der Ölpreise zwar seine Aktienrückkäufe eindampfen, im ersten Quartal übertraf der Gewinn des Ölkonzerns aber leicht die Erwartungen. Den Aktien gelang ein Anstieg um 1,6 Prozent und damit mehr als beim Konkurrenten Exxonmobil, dessen Kurs nach Zahlen um 0,4 Prozent stieg.

Abseits der Berichtssaison ließ der verschobene Start des nächsten Spieles der “Grand Theft Auto”-Reihe die Aktien des Computerspiele-Konzerns Take-Two Interactive um 6,7 Prozent absacken. Die Anleger von Electronic Arts reagierten erfreut, ihre Aktien profitierten vom Rückschlag bei dem Konkurrenten mit einem vier Prozent großen Anstieg. Hohe Gewinne von mehr als 16 Prozent verbuchten dagegen die Aktien von Dexcom, nachdem der Hersteller medizinischer Geräte für das erste Quartal einen besser als erwarteten Umsatz gemeldet hatte.  

Dax schnuppert am Rekord

Zuvor war nach der Feiertagspause schon der deutsche Aktienmarkt äußerst schwungvoll in den Monat Mai gestartet. Dank der Entspannungssignale im amerikanisch-chinesischen Zollstreit und nach dem US-Arbeitsmarktbericht knackte der Dax erstmals seit Ende März wieder die Marke von 23.000 Punkten. Letztlich stand ein Plus von 2,6 Prozent auf 23.087 Punkte zu Buche. Damit schloss der Leitindex nicht nur auf seinem Tageshoch, sondern schaffte den achten Gewinntag in Folge und verzeichnete ein Wochenplus von 3,8 Prozent. Zum Rekordhoch von 23.476 Punkten von Mitte März fehlen ihm jetzt nur noch gut anderthalb Prozent.

„Die Anleger hoffen, dass die ersten 100 Tage der neuen Bundesregierung für die deutsche Wirtschaft erfolgreicher verlaufen als die ersten 100 Tage für die US-Wirtschaft unter einem Präsidenten Donald Trump”, kommentierte Analyst Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets. Bereits im April hatte der Dax um 1,5 Prozent zugelegt – nach einer Erholungsrally infolge eines anfänglichen Kurseinbruchs wegen des weltweiten Zollkonflikts. Der MDax der mittelgroßen Unternehmen schloss am Freitag 2,1 Prozent höher bei 29.327 Punkten.

Am deutschen Aktienmarkt standen unter anderem die Quartalszahlen von Airbus und BASF im Fokus. Der Flugzeugbauer und Rüstungskonzern hatte am Mittwochabend über seine Geschäftsentwicklung berichtet, worauf die Anleger erst am Freitag reagieren konnten. Airbus war trotz weniger Jet-Auslieferungen überraschend gut ins Jahr gestartet. Mit plus 5,3 Prozent zählten die Aktien zu den größten Dax-Gewinnern. BASF gehörten mit minus 0,5 Prozent hingegen zu den wenigen Dax-Verlierern. Mit seinem Umsatz- und Gewinnrückgang zum Jahresauftakt blieb der Chemiekonzern etwas hinter den Analystenerwartungen zurück. Er hält zwar an seinen Jahreszielen fest, warnte jedoch vor den Unsicherheiten durch die US-Zollpolitik.

Dax-Spitzenreiter Siemens Energy gewann 7,5 Prozent und erreichte mit 72,60 Euro ein Rekordhoch. Im bisherigen Jahresverlauf liegen die Titel im Index weit vorn. Einen neuerlichen Schub geben einem Börsianer zufolge die avisierten weiteren Milliarden-Investitionen von Meta in KI-Rechenzentren. Siemens Energy reagiert immer wieder sehr sensibel auf solche Nachrichten aus dem Bereich Künstliche Intelligenz. Denn die KI hat einen enormen Energiebedarf. Die Aktien des Stahlkonzerns Salzgitter gewannen 5,2 Prozent. Sie profitierten wie andere europäische Rohstoffwerte von den Entspannungssignalen für den Welthandel. (baha/dpa-AFX)

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