Börsenwoche: EU eiert bei Mercosur herum, Börsen vor der Weihnachtswoche erholt, Trump schließt Pharma-Deals, Index-Umschichtungen in Deutschland

©peterschreiber.media /Adobe Stock
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Die EU wollte diese Woche eigentlich einen Handelsvertrag mit vier lateinamerikanischen Staaten – Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay – abschliessen. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stand bereit, um nach dem Brüsseler EU-Gipfel am Samstag nach Brasilien zu fliegen und den Vertrag dort mit den Präsidenten der Mercosur-Länder zu unterzeichnen. Doch Frankreich und Italien legten sich quer; der Termin wurde erst einmal auf Januar verschoben.

Ein verheerendes Signal; schließlich hatten sich die Unterhändler der EU bereits vor einem Jahr mit ihren Mercosur-Kollegen auf den Vertragstext verständigt. Plötzlich wollen nun Frankreich, aber auch Italien und Polen schärfere Schutzmassnahmen für Europas Bauern und mehr gleiche Standards in der Produktion durchsetzen. Man weiß nicht, was das soll. Schließlich wurde lange genug verhandelt, zumal die EU zunächst nur kleine  Mengen an Agrargütern aus Lateinamerika zollfrei oder zu niedrigeren Tarifen zulassen wird. Umgekehrt öffnen auch die vier Mercosur-Staaten ihre Märkte für Güter aus der EU nur langsam. Wenn die EU jetzt bremst, läuft sie Gefahr, im geopolitischen Konflikt, den die USA, China und Russland austragen, zerrieben zu werden. Südamerika kann in dieser Gemengelage gleichzeitig Absatzmarkt, Lieferant und Verbündeter sein. Gerade Macron gibt sich bei jeder Gelegenheit gerne als überzeugter Europäer. Es wäre schön, wenn die Quertreiber in den kommenden Wochen doch noch die Kurve kriegten.

Für die US-Börsen war das, was in Europa passiert, einmal mehr irrelevant. Sie konnten sich am Freitag weiter von ihrem jüngsten Rücksetzer erholt. Eine Jahresendrally sei nach wie vor möglich, sagte ein Investmentexperte. Es herrschte unvermindert Erleichterung nach erfreulichen Inflationsdaten am Vortag. Im Blick stand obendrein der große Verfall an den Derivatebörsen. An diesem Handelstag liefen nach Schätzungen der Citigroup an Aktien, Indizes und Futures gekoppelte Kontrakte mit einem rekordhohen Nomialwert von 7,1 Billionen US-Dollar aus. Es kam aber nur zu einigen verfallsbedingten Schwankungen in Einzelwerten. Der Dow Jones Industrial stieg letztlich um 0,4 Prozent auf 48.135 Punkte. Das jüngste Rekordhoch des weltweit wohl bekanntesten Aktienindex ist nun nicht fern. Der Dow hatte es erst vor einer Woche bei 48.887 Punkten erreicht, bevor er an Kraft verloren und dann überwiegend geschwächelt hatte. Sein Verlust der vergangenen fünf Handelstage beträgt 0,7 Prozent. Der marktbreite S&P 500 gewann am Freitag 0,9 Prozent auf 6.834 Punkte. Der Nasdaq 100, der zuletzt besonders deutlich unter Gewinnmitnahmen bei KI-Infrastrukturwerten gelitten hatte, holte ebenfalls auf. Er stieg um 1,3 Prozent auf 25.346 Punkte und hat damit im bisherigen Wochenlauf um 0,6 Prozent zugelegt. 

Nike verliert über zehn Prozent

Unter den Einzelwerten richtete sich der Blick auf die Quartalsberichte von Nike und Fedex. Der Sportartikelhersteller schnitt im zweiten Geschäftsquartal überraschend stark ab, doch die Aussichten trüben sich ein. Die Aktie büßte am Dow-Ende 10,5 Prozent ein. Fedex gewannen 0,6 Prozent. Der Logistikkonzern schnitt überraschend gut ab und hob die Geschäftsjahresziele 2025/26 an. Später gerieten dann Pharmaunternehmen und Krankenversicherer in den Mittelpunkt des Interesses. Präsident Donald Trump schloss mit weiteren Arzneimittelherstellern Vereinbarungen über Preissenkungen im Zusammenhang mit dem Medicaid-Programm. Im Gegenzug werden angedrohten Zölle auf Produkte der betroffenen Pharmaunternehmen für drei Jahre ausgesetzt. Die Aktien von Merck, Amgen, Bristol-Myers Squibb und Gilead Sciences, die zu diesen Pharmaherstellern zählen, legten zwischen 0,4 und 2,3 Prozent zu. Krankenversicherungsunternehmen gerieten dagegen unter Druck, denn Trump sagte, er wolle sie in Kürze zu Gesprächen einladen. Dabei soll es ebenfalls um Kostensenkungen gehen, und zwar für Amerikaner, deren Versicherungsbeiträge nach dem Auslaufen von Obamacare-Subventionen zum Jahresende steigen werden. UnitedHealth gaben daraufhin ihre Gewinne ab und verloren 0,2 Prozent. Cigna Group und Humana drehten in die Verlustzone und verloren bis zu 0,8 Prozent. 

Um 6,6 Prozent sprangen Oracle nach oben. Ein Händler verwies auf Medienberichte über eine Vereinbarung, wonach das US-Geschäft der chinesischen Videoplattform Tiktok künftig in eine neue Firma unter der Hand von US-Investoren gelangen soll. Zu diesen soll auch der US-Softwarekonzern gehören.

Dax erholt

Zuvor hatten die Anleger am Ende der letzten vollen Handelswoche vor Weihnachten am deutschen Aktienmarkt nochmals vorsichtig zugegriffen. Der Handel verlief in ruhigen Bahnen, der große Verfallstag an den Terminbörsen hinterließ kaum Spuren. Gerade die großen institutionellen Investoren dürften die Bücher für 2025 bereits geschlossen haben. Der Dax schloss am Freitag jedenfalls mit 24.288 Punkten und damit 0,4 Prozent höher als am Vortag. Er hielt sich damit ein gutes Stück über der psychologisch wichtigen Marke von 24.000 Punkten, die er am Donnerstag überwunden hatte. Für 2025 steht für den deutschen Leitindex bis jetzt ein stattliches Plus von 22 Prozent auf dem Kurszettel. Der MDax der mittelgroßen Werte stieg am Freitag um 0,3 Prozent auf 30.361 Punkte. Der EuroStoxx 50, Leitindex der Eurozone, legte um 0,3 Prozent zu. 

Unter den Einzelwerten standen die Aktien der deutschen Sportmodekonzerne Adidas und Puma nach einem mit Enttäuschung aufgenommenen Ausblick des US-Wettbewerbers Nike im Blick. Der Adidas-Kurs sank um 1,2 Prozent, für Puma ging es um 3,5 Prozent nach unten. Die Papiere der DHL Group gewannen nach den Geschäftszahlen und dem Ausblick des US-Logistiker Fedex 0,1 Prozent. JPMorgan-Analystin Alexia Dogani verwies auf fortgesetzt positive Trends bei den Preisen und den internationalen Sendungsvolumina. Das bedeute wohl Rückenwind für die Hochsaison bei DHL Express. Spitzenreiter im Dax waren RWE mit plus 1,9 Prozent. Unter den Nebenwerten gerieten im SDax am Nachmittag die Aktien von PVA Tepla unter Druck; sie schlossen mit einem Minus von 5,5 Prozent. Die Papiere des Telekomanbieters 1&1 setzten indes ihre Erholung fort und nahmen mit plus 3,2 Prozent Kurs auf ihr jüngstes Mehrjahreshoch. 

Nach Handelsschluss standen dann noch zahlreiche Veränderungen im MDax und SDax an. In den MDax werden die Börsenneulinge Aumovio und TKMS aufgenommen, während Gerresheimer und Hellofresh in den Nebenwerteindex SDax absteigen. Neben dem Pharma-Verpackungshersteller und dem Kochboxenanbieter werden dann noch der Prothesenhersteller Ottobock, das Spielwarenunternehmen Tonies, der Biokraftstoff-Hersteller Verbio und PSI Software ab Montag im SDax enthalten sein. Verlassen müssen den SDax LPKF, Stratec, Thyssenkrupp Nucera, Formycon, Procredit und Amadeus Fire.

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