Börsenwoche: Fed bleibt skeptisch, Schweizer senken Leitzinsen

©peterschreiber.media /Adobe Stock
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US-Präsident Donald Trump schimpft, doch die amerikanische Notenbank (Fed) zeigt sich unbeeindruckt und unabhängig. Ungeachtet der Forderung Trumps, die Zinsen rasch zu senken, hat die Fed nach zweitägigen Beratungen, den Leitzins im Bereich von 4,25 bis 4,5 Prozent belassen.

In diesem Korridor liegen sie schon seit vergangenem Dezember. Im Statement zum Entscheid schreibt das Fed, die Unsicherheit zu den wirtschaftlichen Aussichten habe zwar abgenommen, bleibe aber hoch. Die Notenbank will daher mit einer Zinsänderung zu warten, bis die Sicht klarer ist. Schwer prognostizierbar sind derzeit vor allem Trumps Zollpolitik und ihre Auswirkung auf die Inflation. Auch der Krieg Israels gegen Iran trägt zur Verunsicherung bei.

Für mehr Spannung als der Zinsentscheid selbst hatte in den vergangenen Tagen die Frage gesorgt, wie die Mitglieder des Offenmarktausschusses die weitere Zinsentwicklung einschätzen. Nun ist klar, dass sich gegenüber der vergangenen Schätzung im März – als Trumps Zollpläne noch nicht bekannt waren – nichts geändert hat. Ende Jahr wird mit einem Leitzins von 3,9 Prozent (Median) gerechnet, was zwei Zinssenkungen entspricht. Das ist ein gleich hoher Wert wie bei der Schätzung im März. Beim Wirtschaftswachstum korrigiert das Fed die Prognose für das laufende Jahr von 1,7 Prozent auf 1,4 Prozent nach unten. Die Notenbanker rechnen für 2025 außerdem mit einer höheren Inflationsrate von 3,0 Prozent, nachdem man im März noch eine Teuerungsrate von 2,7 Prozent angenommen hatte. Im Vergleich mit der derzeit bei 2,4 Prozent liegenden Inflation erwartet das Fed somit steigenden Teuerungsdruck bei schwächerer Konjunktur. Die Entscheidung, die Zinsen nicht zu senken, scheint vor diesem Hintergrund wohlbegründet.

Unter ganz anderem Druck scheinen die Schweizer Währungshüter zu stehen. Dort hat die Inflationsrate im Mai die Null-Linie leicht unterschritten, und es droht eine Deflation. Sie senkten deshalb nun den Leitzins auf null Prozent. Zur Erinnerung: Im März, Juni und September 2024 hatte die Schweizer Nationalbank den Leitzins jeweils um 25 Basispunkte, im vergangenen Dezember sogar um 50 Basispunkte, im März 2025 dann wieder um 25 Basispunkte gesenkt. Zuvor hatte die Notenbank ab Juni 2022 den Leitzins von damals -0.75 Prozent in nur fünf Schritten auf 1.75 Prozent gehievt. Der Grund war die markant gestiegene Teuerung, die sich seither deutlich verringert hat. Zuletzt war sie im Mai sogar leicht negativ, was die Schweizer Nationalbank ziemlich beunruhigt.

Mit dem neuen Leitzins sei die Preisstabilität nun gewährleistet. Für 2025 rechnet sie mit einer Teuerung von 0,2 Prozent, für 2026 mit einer solchen von 0,5 Prozent und für 2027 von 0,7 Prozent. Ohne die heutige Zinssenkung läge die Prognose tiefer, betonte die Nationalbank – in diesem Fall drohe ein Deflationsszenario. Beim Wirtschaftswachstum bleibt die Nationalbank für das laufende Jahr bei ihrer bisherigen Einschätzung. Sie erwartet weiterhin ein Wachstum zwischen ein und 1,5 Prozent. 

Zurück in die USA; da gab es auch eine gute Nachricht: Amerikas Zollpolitik schlägt sich noch nicht in den Inflationsdaten nieder. Grund zur Entwarnung ist dies aber nicht. „Irgendjemand muss für die Zölle bezahlen“, sagte Fed-Chef Jerome Powell auf der Pressekonferenz. Zwar versuche jeder in der langen Kette zwischen Hersteller, Exporteur, Importeur, Einzelhändler und Konsument, selber die Kosten nicht tragen zu müssen. Doch letztlich habe jemand die Rechnung zu begleichen. Und ein Teil davon werde beim Endverbraucher landen. Wie viel das sein werde, sei unklar. Daher wolle das Fed zunächst abwarten, zumal Analysten erwarten, dass die Zölle im zweiten Halbjahr verstärkt auf die Preise durchschlagen werden. 

Wall Street mit moderaten Verlusten

Vor diesem Hintergrund überraschte es nicht, dass die Wall Street am Freitag überwiegend moderate Verluste verbuchte. Sie konnte damit nicht an die überwiegend guten Vorgaben der asiatischen und europäischen Aktienmärkte anschießen. Im Handel hieß es, die Investoren ließen angesichts des Kriegs in Nahost unverändert große Vorsicht walten. Am Vortag war an der Wall Street und an der Nasdaq-Börse wegen eines Feiertags nicht gehandelt worden.

Der Leitindex Dow Jones Industrial  hielt sich mit einem Aufschlag von 0,1 Prozent auf 42.207 Punkte noch vergleichsweise gut. Auf Wochensicht steht für den Index ein moderates Plus zu Buche. Zuletzt pendelte der Dow unterhalb der Marke von 43.000 Zählern auf und ab, zurückgehalten vor allem vom Krieg zwischen Israel und dem Iran. Der marktbreite S&P 500 gab am Freitag um 0,2 Prozent auf 5.968 Punkte nach. Für den überwiegend von Technologiewerten bestückten Nasdaq 100 ging es um gut 0,4 Prozent auf 21.626 Zähler nach unten.

Der Krieg zwischen Israel und dem Iran könne die Energiepreise weiter nach oben treiben und damit die Finanzmärkte generell belasten, schrieb Marktanalyst Javier de Berenguer vom Finanzdienstleister Mapfre. „Sollte sich der Konflikt noch verschlimmern, dann könnte das Szenario einer Stagflation eintreten“ – also ein stagnierendes Wachstum bei gleichzeitig steigenden Preisen.

Schwäche zeigten an der Nasdaq die Aktien der Halbleiterbranche: NXP, Intel, Broadcom, Applied Materials und KLA verloren bis zu 2,4 Prozent. Dem „Wall Street Journal“ zufolge könnte die US-Regierung den Unternehmen die Fertigung mit amerikanischer Technologie in China schwerer machen.

Aktien der Google-Holding Alphabet büßten knapp vier Prozent ein. Im Rechtsstreit um die marktbeherrschende Stellung von Google bei Smartphones schließt sich die Generalanwältin am Europäischen Gerichtshof der Forderung nach einer Milliardenstrafe an. Damit drohen Google 4,1 Milliarden Euro Strafe. Die Meinung der Generalanwältin ist für die Richterinnen und Richter nicht bindend – sie folgen ihr aber häufig. Das scheinen die Anleger zu antizipieren. Titel des IT-Dienstleisters Accenture verloren als Schlusslicht im S&P 500 Index fast sieben Prozent. Die Bank JPMorgan monierte schwache Zielvorgaben des Unternehmens für die Buchungen und enttäuschende Margen.

Über einen Kurssprung von fast 24 Prozent konnten sich dagegen die Aktionäre des Baustoffhändlers GMS freuen. Um diesen scheint sich nach einer Offerte des Milliardärs Brad Jacobs ein Bieterwettkampf zu entwickeln. Laut dem „Wall Street Journal“ hat der Baumarktriese Home Depot ein Gegenangebot unterbreitet. Dessen Aktien legten um 0,8 Prozent zu. Ein weiterer Kursgewinner waren die Aktien des Gebrauchtwagenhändlers Carmax, die mit einem Plus von 6,6 Prozent von einem überraschend hohen Quartalsgewinn profitierten. Der Kurs von Smith & Wesson brach hingegen um fast 20 Prozent ein, nachdem der Waffenhersteller enttäuschende Quartalsergebnisse veröffentlicht hatte. Allein seit März hat sich der Kurs mehr als halbiert.

Dax stark ins Wochenende

Zuvor hatte der Dax wie fast alle asiatischen und europäischen Märkte nach drei schwachen Tagen wieder kräftig zugelegt. Marktbeobachter verwiesen auf vage Hoffnungen auf eine Verhandlungslösung im Krieg zwischen Israel und dem Iran.

Nach zeitweise noch deutlicheren Gewinnen notierte der deutsche Leitindex zum Handelsende noch 1,3 Prozent höher bei 23.350 Punkten. Damit dämmte er sein Wochenminus auf 0,7 Prozent ein. Der MDax  der mittelgroßen Unternehmen erholte sich am Freitag um gut 0,8 Prozent auf 29.365 Punkte.

Eine Woche nach Kriegsbeginn reißen die gegenseitigen Angriffe der Erzfeinde Israel und Iran nicht ab. Für Erleichterung an den Finanzmärkten sorgte allerding, dass ein unmittelbarer Kriegseintritt der USA nicht mehr so wahrscheinlich scheint wie noch am Tag zuvor. Das Weiße Haus sieht immer noch eine „beträchtliche Chance“ für Verhandlungen mit dem Iran. US-Präsident Donald Trump will laut seiner Sprecherin die Entwicklung abwarten und innerhalb der nächsten zwei Wochen über einen möglichen militärischen Schritt entscheiden. Zudem loten derzeit europäische Chefdiplomaten mit dem iranischen Außenminister Abbas Araghtschi in Genf erstmals Chancen für eine diplomatische Lösung des Konflikts aus.

Im Dax eroberte Airbus mit einem Kursanstieg um 3,6 Prozent die Spitze. Das Analysehaus Kepler sieht den Flugzeugbauer, der auf der Luftfahrtmesse in Paris im Gegensatz zu US-Konkurrent Boeing viele neue Aufträge eingesammelt hat, auf einem guten Weg, die selbst gesetzten Ziele zu erreichen.

Gefragt waren auch wieder die Rüstungstitel Hensoldt, Renk und Rheinmetall mit Gewinnen von bis zu 4,2 Prozent. Die Aktien des Industriekonzerns Thyssenkrupp, der die Abspaltung seiner Marineschiffbau-Sparte TKMS vorantreibt, legten um 4,2 Prozent zu.

An der MDax-Spitze zogen die Anteilscheine des Reisekonzerns Tui um 6,5 Prozent an. Sie profitierten von einer doppelten Hochstufung durch die britische Investmentbank Barclays. Auch auf Basis seiner unterdurchschnittlichen Schätzungen seien Tui-Aktien nicht teuer, schrieb Analyst Andrew Lobbenberg. Auf Basis der Summe aller Unternehmensteile seien sie sogar sehr günstig.

Der Elektrolysespezialist Thyssenkrupp Nucera übernimmt wesentliche Technologie-Teile vom kriselnden dänischen Unternehmen Green Hydrogen Systems. Mit der modularen Hochdruck-Elektrolyse-Technik der Dänen will Thyssenkrupp Nucera das eigene Portfolio sogenannter grüner Wasserstofftechnologie ausbauen. Für die Aktien des deutschen Elektrolysespezialisten ging es im Nebenwerteindex SDax um 4,1 Prozent nach oben. (baha/dpa-AFX)

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