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Börsenwoche: Fed senkt Zinsen, Dax erreicht im Verlauf neuen Rekord, Bund will keine Commerzbank-Aktien mehr verkaufen, Mercedes mit Gewinnwarnung

©peterschreiber.media /Adobe Stock
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Darauf hatten Börsianer rund um den Globus lange warten müssen – und es letztlich genau so erwartet: Die US-Notenbank Fed senkte am Mittwoch erstmals seit vier Jahren die Leitzinsen.

Sie stehen nun einen halben Prozentpunkt tiefer zwischen 4,75 und fünf Prozent. Damit machte der Fed-Chef Jerome Powell einen Schritt, den viele Beobachter für überfällig gehalten hatten. Angesichts der positiven Aussagen zur Konjunktur iriitierte indes sein Ausmaß. Der grosse Zinsschritt von einem halben Prozentpunkt sei für die meisten Anleger überraschend gekommen. Noch letzte Woche habe man nur mit einem Schritt von 0,25 Prozentpunkten gerechnet, schränkt etwa Karsten Junius, Chefökonom der Bank Safra Sarasin, ein. In der Tat sieht die Senkung um 50 Basispunkte so aus, als ob Powell seinem eigenen Optimismus nicht traut. 

Entsprechend reagierten die amerikanischen Börsen zuerst segr reserviert. Erst nach einem Mal Drüberschlafen – am Donnerstag – quittierte die Wall Street  die Notenbankmaßnahme mit steigenden Kursen, nachdem zuvor schon die Börsen in Asien und Europa positiv reagiert hatten. Die Investoren realisieren, dass die Ära hoher Zinsen langsam zu Ende geht. Zudem wird das Traumszenario einer sanften konjunkturellen Landung immer wahrscheinlicher. „Die grössten Rezessionsängste konnte er zerstreuen. Das Fed wird alles tun, um eine sanfte Landung hinzukriegen“, kommentiert Junius. Auch wenn die Inflationsrate noch über den angepeilten zwei Prozent, liegt, legt die Fed ihr Hauptaugenmerk offensichtlich nun auf die Konjunktur; Powell nennt das „Rekalibrierung der Geldpolitik“. Bislang besteht da aber kein Grund zur Sorge: Das Bruttoinlandsprodkt der USA wächst mit mehr als zwei Prozent, nach Schätzungen der regionalen Zentralbank von Atlanta sogar mit drei Prozent pro Jahr. Die Löhne der Amerikaner steigen – auf das ganze Jahr hochgerechnet, um gut vier Prozent, entsprechend steigern sie ihre Konsumausgaben. „Das sind Werte, die in Europa als mittleres Wirtschaftswunder gefeiert würden“, spottet die „Neue Zürcher Zeitung“.

Aktien werden attraktiver

Für Anleger bedeutet die US-Zinswende zunächst einmal nur eine Stimmungsaufhellung. Denn bis das tiefere Zinsniveau auf die Realwirtschaft durchschlägt, dürfte noch  einige Zeit ins Land gehen. Zwar sind Aktien in einem Umfeld niedrigerer Zinsen gegenüber Anleihen grundsätzlich attraktiver, aber an der Wall Street sind die Unternehmen derzeit extrem hoch bewertet, was sie anderseits wieder verletzlicher macht. Die Wall Street ließ es nach der Rekordjagd vomm Donnerstag denn am Freitag auch ruhiger angehen. Der Leitindex Dow Jones Industrial schaffte es knapp ins Plus und schloss minimal  fester mit 42.063 Punkten. Für den marktbreiten S&P 500 ging es indes um 0,2 Prozent auf 5.703 Punkte nach unten. Beide Indizes hatten jüngst wiederholt neue Bestmarken aufgestellt – der Dow sogar vier Tage in Folge.

Der technologielastige Nasdaq 100 verlor letztlich gut 0,2 Prozent auf 19.791 Punkte. Er hinkt seinem Rekord aus dem Juli noch etwas hinterher. Für die Woche verbuchten Dow und Nasdaq Kursgewinne von 1,6 beziehungsweise 1,4 Prozent.

Ungeachtet des derzeitigen Optimismus an den Märkten sei zu bedenken, dass Wetten auf die künftige Kursentwicklung weiterhin ein aggressiveres Zinssenkungstempo einpreisten als von der Fed am Mittwoch angedeutet, warnte Stratege Jim Reid von der Deutschen Bank.

Andere Experten äußerten sich indes zuversichtlicher. Zwar nehme in stark beachteten Marktsegmenten die Gier allmählich zu, sodass langsam eine Überhitzung drohe, kommentierten die Experten von Index Radar. Grundsätzlich sei der jüngste Kursausbruch aber trendbestätigend und daher positiv zu werten. Speziell der S&P 500 könnte nun ein „sehr aussichtsreiches Kursmuster nach oben aufgelöst haben“. Die Experten der Schweizer Bank UBS sehen ebenfalls noch Kurspotenzial: „In der Vergangenheit haben Aktien in Zeiten von Zinssenkungen der Fed gut abgeschnitten, wenn gleichzeitig die US-Wirtschaft weiter gewachsen ist.“ Die Märkte preisten dieses Szenario offenbar ein – eine deutliche Trendwende nach den Konjunktursorgen Anfang August. Damals hätten schwache US-Jobdaten die Befürchtung geweckt, dass die Fed mit der Zinswende zu lange gewartet haben könnte.

Für einen Stimmungsdämpfer sorgte vor dem Wochenende Fedex. Der DHL-Konkurrent senkte nach einem enttäuschenden Quartal für das laufende Geschäftsjahr sowohl seine Umsatz- als auch seine Gewinnprognose. Vor allem eine rückläufige Nachfrage nach Express-Diensten in den USA machte Fedex zu schaffen. Die zuletzt stark gelaufenen Aktien sackten um rund 15 Prozent ab. Für die Papiere des heimischen Rivalen UPS ging es um 2,7 Prozent nach unten.

Die Titel des Bauunternehmens Lennar verloren trotz einer überraschend guten Gewinnentwicklung im vergangenen Quartal 5,3 Prozent. Offenbar versilberten etliche Anleger die Kursgewinne nach der jüngsten Rekordjagd.

Bei Trump Media & Technology ging die Talfahrt mit einem Kursrückgang um 7,8 Prozent weiter. Nachdem eine Haltefrist für Mehrheitsaktionär Donald Trump abgelaufen ist, wollten die anderen Anteilseigner offenbar kein Risiko eingehen. Dass der Ex-US-Präsident, der für eine zweite Amtszeit kandidiert, jüngst mehrfach Verkaufsabsichten dementiert hatte, half den Aktien nicht.

Die Papiere von Dow-Spitzenreiter Nike sprangen dagegen um 6,8 Prozent hoch. Der Sportartikel-Riese tauscht seinen Chef aus. Firmen-Veteran Elliott Hill kehrt zu Nike zurück und soll Mitte Oktober die Führung übernehmen. Das Vertrauen in eine Trendwende mit wieder nachhaltigem Wachstum werde mit der Ernennung von Hill größer, schrieb Krisztina Katai von der Deutschen Bank. UBS-Analyst Jay Sole warnte hingegen, dass die kurzfristig positive Dynamik möglicherweise nicht anhalten werde. Für die nicht so gute fundamentale Lage gebe es keine schnelle Lösung.

Intel-Aktien legten dank vager Übernahmefantasien um bis zu fast zehn Prozent zu, retteten aber nur ein Kursplus von gut drei Prozent ins Ziel. Das „Wall Street Journal“ berichtete unter Berufung auf informierte Personen, Branchenkollege Qualcomm habe sich die vergangenen Tage mit einem Übernahmeangebot an den Halbleiterkonzern gewandt. Nach Informationen der Zeitung gibt es zwar ein grundsätzliches Interesse von Qualcomm, aber ein mögliches Gebot ist auch noch in weiter Ferne. Für Qualcomm ging es um knapp drei Prozent nach unten.

Der Euro bewegte sich wenig von der Stelle und kostete zuletzt 1,1157 US-Dollar. US-Staatsanleihen legten moderat zu, die Rendite zehnjähriger Anleihen lag bei 3,74 Prozent.

Dax: Zum Wochenausklang Rückschlag nach Rekord

Nach der jüngsten Rekordlaune hatte zuvor auch bereits der Dax einen Rückschlag einstecken müssen. Am Freitag schloss der deutsche Leitindex 1,5 Prozent tiefer bei 18.720 Punkten. Am Vortag hatte ihn die große Zinssenkung der US-Notenbank Fed noch auf eine Bestmarke von knapp 19.045 Zählern getrieben. Nun belastete eine Gewinnwarnung von Mercedes-Benz, die auch andere Automobiltitel mit nach unten zog. Dazu kam der große Verfall an den Terminbörsen. Auf Wochensicht hat der Dax dennoch hauchzart zugelegt.

Der MDax der mittelgroßen Titel verlor am Freitag 1,6 Prozent auf 25.843 Punkte. Stärkere Gewinnmitnahmen am deutschen Aktienmarkt begründete Robomarkets-Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar neben dem Dämpfer durch Mercedes-Benz unter anderem mit Blick auf die Eskalation in Nahost. „Die positiven Effekte einer lockereren Geldpolitik stellen für den Aktienmarkt in den kommenden Monaten eine Art Sicherheitsnetz für korrekturanfällige Phasen dar“, schrieb Konstantin Oldenburger, Marktanalyst von CMC Markets. Solange eine Rezession in den USA ausbleibe, dürfe die Musik auf dem Börsenparkett weiterspielen.

„In den letzten Handelstagen haben die Reaktionen auf die Zinsmaßnahmen der Notenbanken viele unvorhersehbare Kursreaktionen hervorgerufen”, kommentierte Marktbeobachter Andreas Lipkow. Diese Asymmetrien seien über die abgeschlossenen Termingeschäfte zum Teil gerade gerückt worden.

Eine gekappte Gewinnprognose von Mercedes-Benz ließ die Aktien des Autobauers um 6,8 Prozent ans Dax-Ende fallen. Die Stuttgarter verwiesen auf eine weitere Verschlechterung des konjunkturellen Umfeldes, speziell in China. Im Sog von Mercedes-Benz verloren die Anteilsscheine der Porsche AG 5,5 Prozent. Die Papiere von BMW und Volkswagen (VW) büßten jeweils rund 3,3 Prozent ein. Auch Zulieferer wie Continental und Infineon gaben nach. Europaweit war der Autosektor die mit Abstand schwächste Branche.

Die Aktien von DHL verloren 4,4 Prozent. Hier kamen schlechte Nachrichten aus den USA: Der Logistikkonzern Fedex hatte im ersten Geschäftsquartal schwächer abgeschnitten als erwartet und das obere Ende seiner Umsatz- und Ergebnisprognose gesenkt. Die Nachfragetrends seien schlechter als gedacht.

Ansonsten bewegten auch Analystenkommentare die Kurse. Sachin Jain von der Bank of America kappte seine Schätzungen für den Life-Science-Bereich bei Merck KGaA. Die Papiere der Darmstädter fielen daraufhin 5,6 Prozent. Im MDax litten Jungheinrich mit einem Abschlag von 5,5 Prozent und Kion mit Verlusten von 3,3 Prozent unter gesenkten Kurszielen der britischen Bank Barclays. Die Erwartungen an eine Markterholung hätten sich bei den Lagertechnikherstellern bislang nicht erfüllt, schrieb Analyst Timothy Lee.

Unter den größten Verlierern im Nebenwerte-Index SDax fielen die Papiere von Deutz um 4,9 Prozent. Bei dem Motorenhersteller kommt es zu einem Wechsel im Finanzressort. Dies habe Händlern zufolge für Unsicherheit gesorgt.

Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 büßte knapp 1,5 Prozent auf 4.872 Punkte ein. Für die Börse in Paris ging es ähnlich deutlich abwärts. Der britische Leitindex FTSE 100 und der SMI in der Schweiz verloren jeweils gut ein Prozent. 

Am deutschen Anleihenmarkt fiel die Umlaufrendite von 2,19 Prozent am Vortag auf 2,16 Prozent. Der Bund-Future verlor zuletzt 0,18 Prozent auf 134,08 Punkte.

Commerzbank soll eigenständig bleiben

Ein paar Nachwehen bereitete in den vergangenen Tagen der Einstieg der italienischen Großbank Unicredit bei der Commerzbank (siehe Börsenwoche vom 14. September). Der hatte den größten Commerzbank-Aktionär, den Bund, offensichtlich überrascht. Nun will sich der Bund für die Eigenständigkeit des Geldhauses einsetzen und gab – vielleicht auch mit Blick auf die Wahlen – den Beschluss bekannt, vorerst keine weiteren Commerzbank-Aktien verkaufen. Das teilte die Finanzagentur des Bundes mit. Die Commerzbank AG sei ein stabiles und ertragsstarkes Institut, hieß es in der Mitteilung. „Ihre Strategie ist auf Eigenständigkeit ausgerichtet.“ Dies begleite der Bund bis auf Weiteres, in dem er seine Beteiligung aufrechterhalte. Seit der Finanzkrise ist der Bund der größte Aktionär der Commerzbank. Er hatte jedoch damit begonnen, Anteile zu verkaufen. (baha/dpa-AFX/wr)

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