In unsicheren Zeiten zieht es Anleger zum sicheren Hafen. Nach wie vor ist das Gold. Der Preis des Edelmetalls steigt und steigt und hat am Freitag erstmals die Marke von 3.000 US-Dollar (2.750 Euro) geknackt.
Geopolitische Risiken und ein eskalierender Zollstreit sorgen nach wie vor für eine hohe Nachfrage. Seit dem Amtsantritt von Donald Trump am 20. Januar hat das Edelmetall nun mehr als zehn Prozent an Wert gewonnen. Ein Vertrauensbeweis der Finanzmärkte sähe anders aus. Auch die deutsche Schuldenorgie stützt den Höhenflug des Goldpreises: Am Freitag einigten sich die Fraktionsspitzen von CDU/CSU, SPD und Grünen auf das fast eine Billion schwere Schuldenpaket für Verteidigungsausgaben und Investitionen in die Infrastruktur.
Von den geplanten Investitionen in die Infrastruktur sollen 100 Milliarden Euro in den Klimaschutz fliessen. Noch nie sei es einer Noch-Regierungspartei gelungen, die Agenda der Nachfolgeregierung derart zu prägen, wie nun den Grünen, spottete die „Neue Zürcher Zeitung“. Sie hätten die Gunst der Stunde optimal genutzt: „Friedrich Merz zahlt für seinen strategischen Fehler, sich durch die Brandmauer gegenüber der AfD sowie die Absage an eine Minderheitsregierung jeglicher Alternative zu einer schwarz-roten Koalition von der Grünen Gnaden beraubt zu haben.“ In der Tat stellen die 100 Milliarden Euro, die nun in den sogenannten Klimafonds fliessen, sicher, dass die für die aktuelle Rezession verantwortliche Transformation der deutschen Wirtschaft weiterläuft, auch wenn die Grünen in der Opposition sitzen. Die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft wird deshalb wohl auch unter schwarz-rot auf der Strecke bleiben.
Die Börse – mit ihrem kurzen Zeithorizont – sah die Einigung von Union und SPD mit den Grünen auf die schuldenfinanzierten milliardenschweren Ausgaben naturgemäß weniger skeptisch und bescherten dem Dax einen versöhnlichen Wochenschluss. Am Freitag ging der deutsche Leitindex knapp 1,9 Prozent höher bei 22.987 Punkten aus dem Handel. Zeitweise stieg er sogar zurück über die Marke von 23.000 Zählern. Sein zuvor erhebliches Wochenminus machte er damit fast komplett wett. Der MDax der mittelgroßen Unternehmen legte vor dem Wochenende gut 2,4 Prozent auf 29.165 Punkte zu.„Die Anlegerstimmung hat sich heute mit einem Schlag gedreht”, kommentierte Marktanalyst Jochen Stanzl von CMC Markets. Mit der wiedergewonnenen finanziellen Beweglichkeit könne Deutschland nun notwendige strukturelle Reformen angehen und gleichzeitig auf ein Ende der konjunkturellen Talsohle hoffen. Der amtierende Bundestag soll das Finanzpaket von Union und SPD mit Unterstützung der Grünen am Dienstag beschließen. Eilanträge von AfD und der Linken, mit der die Einberufung des alten Parlaments verhindert werden sollte, wies das Bundesverfassungsgericht am Freitag zurück.
Auch für die europäischen Börsen ging es aufwärts. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 schloss 1,42 Prozent im Plus bei 5.404 Punkten. In Zürich, Paris und London standen ebenfalls Kursgewinne zu Buche. Aktien von Rheinmetall, Renk und Steyr Motors kletterten auf neue Bestmarken. Davon profitierte außerdem Mutares mit einem Kurssprung von fast einem Viertel, die Beteiligungsgesellschaft hält knapp 71 Prozent der Steyr-Anteile.Neben den Rüstungsausgaben soll ein schuldenfinanziertes Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für Infrastruktur und Klimaschutz kommen. Der Baustoffkonzern Heidelberg Materials zog in Folge der Einigung um 3,8 Prozent an, für Bilfinger und Hochtief ging es ebenfalls deutlich aufwärts.Als Voraussetzung für eine Zustimmung der Grünen galt insbesondere, mehr Klimaschutz in das Infrastrukturpaket zu packen. Davon dürfte gerade das Thema Windkraft profitieren. Die Aktien von Nordex kletterten 3,9 Prozent nach oben auf den höchsten Stand seit drei Jahren. Siemens Energy legten 2,3 Prozent zu.Die Aktien von BMW pendelten derweil um ihren Schlusskurs vom Vortag und verabschiedeten sich 0,3 Prozent tiefer aus dem Handel. Der Autobauer geht nach einem Gewinneinbruch mit Vorsicht ins neue Jahr. 2024 belasteten das schwache Geschäft in China und Probleme mit Bremssystemen spürbar. Das vierte Quartal sei schwach ausgefallen, genauso wie der Ausblick auf die Auto-Marge im neuen Geschäftsjahr, schrieb UBS-Analyst Patrick Hummel.Nach einem Gewinnrückgang im vergangenen Jahr will Daimler Truck 2025 wieder mehr Geld im Tagesgeschäft verdienen. JPMorgan-Analyst Jose Asumendi attestierte dem Nutzfahrzeughersteller einen soliden Ausblick. Die Aktien stiegen nach deutlichen Vortagesverlusten 2,3 Prozent. Mögliche Anpassungen an den Emissionsgrenzen für Lkw in den USA und die US-Zollpolitik belasteten weiterhin.Auch die Aktien von Bayer zählten mit plus 1,7 Prozent zu den Gewinnern im Dax. Wie das “Handelsblatt” berichtet, erzielte Bayer in seinem Bemühen, die Glyphosat-Klagen in den USA einzudämmen, einen Fortschritt. Dabei gehe es um eine Gesetzesänderung im US-Bundesstaat Georgia, die Parlament und Senat abgesegnet hätten. Der Änderung müsse der Gouverneur noch zustimmen.Die Titel von Bechtle schwankten nach dem Ausblick des IT-Dienstleisters zunächst stark, reagierten mit Kursgewinnen von 4,9 Prozent aber letztlich sehr positiv. Insbesondere das erste Halbjahr dürfte schwach verlaufen, räumte Bechtle-Chef Thomas Olemotz ein. Allerdings könne vor allem das Geschäft mit der öffentlichen Hand dann anziehen, wenn sich eine neue Bundesregierung auf einen Haushalt geeinigt habe. Die Papiere von Redcare Pharmacy legten 6,3 Prozent auf 134,90 Euro zu. Schub gab eine Kaufempfehlung von Kepler Cheuvreux mit einem Kursziel von 152 Euro. Die Experten der Investmentbank trauen der Online-Apotheke weiteres Wachstum bei steigender Profitabilität und positiven Automatisierungsimpulsen zu.
Wenig späten konnten sich auch die US-Börsen am Ende einer tiefroten Woche etwas erholen. Für Optimismus sorgte insbesondere die sich nach Handelsschluß bewahrheitende Hoffnung, dass sich der befürchtete Stillstand der Regierungsgeschäfte in den USA in letzter Minute noch abwenden ließe.Der demokratische Minderheitsführer im Senat, Chuck Schumer, lenkte ein und argumentierte, ein sogenannter Shutdown der Regierung würde nur Präsident Donald Trump in die Karten spielen: Entstehendes Chaos würde nur von dessen „haarstäubender Agenda“ ablenken.Der Leitindex Dow Jones Industrial stieg um knapp 1,7 Prozent auf 41.488 Punkte. Auf die Woche gerechnet, ergibt sich ein Minus von 3,1 Prozent. Es ist der größte Wochenverlust seit März 2023. Für den marktbreiten S&P 500 ging es am Freitag um 2,1 Prozent auf 5.639 Punkte nach oben. Der technologielastige Index Nasdaq 100 gewann 2,5 Prozent auf 19.705 Punkte.
Zuletzt hatte die Handelspolitik von Präsident Donald Trump wieder für Unsicherheit gesorgt. In den USA versetzte sie die Anleger in Alarmbereitschaft wegen gleichzeitiger Konjunktur- und Inflationssorgen. Die DZ Bank schrieb, greifbare Fortschritte bei den vom Präsidenten angekündigten Steuersenkungen seien außerdem nicht erkennbar. Anlagestratege Yung-Yu Ma von BMO Wealth Management ergänzte: „Die Märkte ringen mit der Frage, wo der faire Wert für einen Aktienmarkt liegt, der mit Gegenwind durch Zölle, fiskalische Ausgabenkürzungen und potenziell nachgebende Wirtschaftsdaten konfrontiert ist.” So hat sich die Stimmung der US-Verbraucher im März angesichts wachsender Inflationssorgen unerwartet deutlich eingetrübt.
Die Erholung vom Freitag zeigte sich bei allen Werten aus der Gruppe der „Magnificent 7”, also den an den US-Börsen besonders beachteten Technologiewerten. Die Aktien von Alphabet, Apple, Amazon, Microsoft, Meta, Tesla und Nvidia gewannen zwischen fast zwei und knapp sechs Prozent. Mehr als eine Stabilisierung ist dies jedoch nicht, denn der von diesen Werten dominierte Nasdaq 100 hat im laufenden Jahr mittlerweile schon mehr als sechs Prozent an Wert verloren.Positiv auffällig waren im Tech-Sektor die Aktien von Docusign, die um fast 15 Prozent in die Höhe schnellten. Das auf E-Signatur-Software spezialisierte Unternehmen hatte mit seinen Quartalsergebnissen die Erwartungen übertroffen und außerdem einen als positiv bewerteten Umsatzausblick präsentiert. Laut dem Experten Brent Thill von Jefferies Research paarten sich „ermutigende Resultate mit einer attraktiven Aktienbewertung.”Papiere des Fitnessgeräte-Anbieters Peloton Interactive zogen um gut 16 Prozent an und profitierten damit von einer Kaufempfehlung des Analysehauses Canaccord Genuity. Die Expertin Susan Anderson erklärte diese mit den Vorteilen, die die Position des Unternehmens als „klarer Marktführer” im Bereich vernetzter Fitness mit sich bringe. Ein dritter deutlicher Gewinner waren die 13,7 Prozent höheren Aktien von Ulta Beauty. Sie sicherten sich damit den ersten Platz im S&P 500.
In Sachen Handelspolitik bekommt mittlerweile auch Trumps größter Spender im Wahlkampf ein Problem: Neben seiner laut eigener Darstellung selbstlosen Arbeit als „Sparzar“ (Spiegel) des Präsidenten hat der Techmilliardär Elon Musk auch noch den Autokonzern Tesla zu führen. Und Tesla kommt aufgrund der Handelspolitik nunmehr zunehmend in Schwierigkeiten, wie ein nicht unterzeichneter Brief offenbart, der nun bekannt wurde. Die Strafzölle könnten negative Folgen für das Unternehmen haben, heißt es in dem vom 11. März stammenden, an den US-Handelsbeauftragten Jamieson Greer adressierten Schreiben. Durch frühere Zusatzzölle seien die Kosten von Tesla selbst bei der Produktion in Amerika teils gestiegen. Außerdem seien die Fahrzeuge im Ausland teurer geworden, was ihre Wettbewerbsposition im Markt geschwächt habe. In dem Schreiben verweist Tesla auch darauf, dass US-Unternehmen bei Handelskriegen schnell von Gegenmaßnahmen anderer Länder betroffen seien. In der Tat dauerte es nur wenige Stunden, dass nachdem die USA in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch den angekündigten Strafzoll von 25 Prozent auf alle Stahl- und Aluminiumimporte eingeführt hatten, die EU-Kommission zum Gegenschlag ausholte. Ab dem 1. April wird Brüssel auf Einfuhren aus den USA im Wert von 26 Milliarden Euro Sonderzölle erheben. Betroffen sind vor allem Motorräder, Whiskey und Boote. Allesamt Produkte, die in amerikanischen Gliedstaaten mit einem hohen Anteil von Trump-Wählern hergestellt werden. (baha/dpa-AFX)