Früher hätte das die Welt durcheinander gebracht: Die USA haben auch bei der dritten großen Rating-Agentur die Spitzennote für Bonität verloren.
Nach S&P und Fitch stufte nun auch die Agentur Moody’s ihre Bewertung um einen Schritt von Aaa auf Aa1 ab. Fitch hatte das Rating 2023 gesenkt, S&P bereits 2011. Jetzt hat auch Moody’s auf die immer stärker steigende Staatsverschuldung reagiert. Die Abstufung gehe auf den Anstieg der Staatsschulden und der Kosten für ihre Bedienung über mehr als ein Jahrzehnt zurück, argumentierte Moody’s. Sie seien anteilig deutlich höher geworden als bei anderen Ländern mit der Spitzen-Bewertung. Man erkenne zwar an, dass die USA wirtschaftlich und finanziell stark seien – aber dies gleiche nicht mehr ganz den Rückschritt bei den Staatsfinanzen aus. Mit der Neueinstufung könnte es für das amerikanische Schatzamt teurer werden, sich Geld auf dem Kapitalmarkt – über Staatsanleihen – zu besorgen. Aus dem Weißen Haus kam Kritik an der Herabstufung. Sprecher Steven Cheung griff auf „X“ Moody’s als Widersacher der Regierung von Präsident Trump an
Der US-Staatshaushalt hat ein jährliches Defizit von nahezu zwei Billionen Dollar – mehr als sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Moody’s geht davon aus, dass ohne eine Kurskorrektur bei Steuern und Staatsausgaben das Haushaltsdefizit zum Jahr 2035 einen Anteil von fast neun Prozent an der Wirtschaftsleistung erreicht. Zum Vergleich: Das Defizit des Bundeshaushalts betrug im vergangenen Jahr 2,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
US-Staatsanleihen gelten allerdings nach wie vor als einer der wenigen „sicheren Häfen“ für Anleger. Gleichwohl sprach auch Präsident Donald Trump bereits mehrfach davon, dass das Defizit gesenkt werden müsse – und setzte Tech-Milliardär Elon Musk als Kostensenker im Regierungsapparat ein. Die Einsparungen unter Musks Regie verfehlten jedoch bei weitem das versprochene Niveau. Und die aktuell im Kongress diskutierten Steuer- und Ausgabepläne drohen, das Defizit weiter zu erhöhen.
Am Konjunkturhimmel ziehen mittlerweile dunkle Wolken auf. Die bestehende Unsicherheit über die Erfolgsaussichten des Trumpschen Wirtschaftsplan hat bewirkt, dass die Konsumenten ihre Kauflaune verloren haben und die Unternehmen ihre Investitionen aufschieben. So hat sich die von der Universität Michigan gemessene Konsumentenstimmung starkt verschlechtert. Die am Freitag gemeldeten Ergebnisse der jüngsten Erhebung zeigen, dass der Pessimismus beinahe seinen Rekordwert zum Tiefpunkt der Corona-Pandemie erreicht hat. Äußerungen von US-Notenbank-Chef Jerome Powell konnten auch nicht beruhigen. Er warnte, dass Land könne in eine Phase häufiger und womöglich längerer Versorgungsengpässe eintreten.
Wall Street kräftig zu
An der Börse scheint man sich indes keine Sorgen zu machen. Nach einer starken Woche haben die US-Börsen am Freitag nochmals zugelegt. Der Leitindex Dow Jones Industrial schloss 0,8 Prozent höher bei 42.655 Punkten. Der marktbreite S&P 500 kam beim Stand von 5.958 Zählern um 0,7 Prozent voran. Beim technologielastigen Nasdaq 100 stand ein Plus von 0,4 Prozent auf 21.428 Punkte zu Buche.
Alle drei Indizes haben damit deutliche Wochengewinne erzielt. So kommt der Dow auf ein Plus von 3,4 Prozent, der S&P 500 gewann 5,3 Prozent, und für den Nasdaq 100 sieht es mit plus 6,8 Prozent noch besser aus. Eine Einigung im Zollstreit zwischen den USA und China hatte die Börsen gleich am Montag beflügelt und die Basis gelegt für eine erfreuliche Wochenbilanz. Der Dow hat nun seine Verluste seit Jahresanfang wieder ausgeglichen und steht knapp im Plus. S&P 500 und Nasdaq 100 verzeichnen im Jahr 2025 einen moderaten Zuwachs.
Die Aktien von Applied Materials büßten nach der Rally der vergangenen Tage 5,3 Prozent ein. Der Chipindustrie-Ausrüster hatte einen verhaltenen Ausblick auf das laufende Quartal gegeben und auf mögliche Kosten durch den Handelsstreit verwiesen. Im Dow lagen die in dieser Woche unter Druck geratenen Papiere des Krankenversicherers Unitedhealth mit plus 6,4 Prozent auf dem ersten Platz. Für Anleger ist das aber ein schwacher Trost, ist doch die Wochenbilanz mit einem Minus von mehr als 23 Prozent verheerend. Die Papiere des Netzwerk-Ausrüster Cisco verloren hinten im Dow nach einem starken Vortag ein Prozent.
Beim Computerspiele-Entwickler Take-Two Interactive waren die Anleger von den Unternehmenszielen für das Geschäftsjahr enttäuscht. Die Zahlen für das abgelaufene Quartal fielen durchwachsen aus. Die Aktien verloren 2,4 Prozent, nachdem sich der Sprung auf ein Rekordhoch gleich zum Handelsstart als Fehlausbruch erwiesen hatte. Take-Two ist bekannt für sein Videospiel der “Grand Theft Auto”-Reihe. Die für Herbst dieses Jahres erwartete Version VI verschob das Unternehmen unlängst auf Mai 2026.
Fast verdoppeln konnten sich am Freitag zeitweise die Aktien von Virgin Galactic. Analysten waren positiv überrascht von den Zahlen des Raumfahrtunternehmens für das erste Quartal. Im Fokus standen zudem die Pläne für den neuen Raumgleiter Delta und die ersten Flüge privater Reisender ins All, die womöglich im kommenden Jahr stattfinden. Zum Handelsschluss blieb noch ein Kursgewinn von gut 43 Prozent.
Dax weiter in Rekordlaune
Zuvor hatte in Frankfurt der Dax hat knapp unter seinem Rekordhoch an Schwung verloren. Zur Mittagszeit war er noch bis auf 23.887 Punkte geklettert und hatte sich seiner erst wenige Tage alten Bestmarke genähert. Letztlich gab er aber einen Teil seiner Kursgewinne ab und schloss noch 0,3 Prozent höher bei 23.767 Punkten. US-Konjunkturdaten dämpften die Stimmung leicht. Die Preise importierter Güter waren im April überraschend wieder etwas gestiegen.
Anfang der Woche hatte eine Annäherung zwischen den USA und China im Zollkonflikt den Dax erstmals bis auf 23.911 Punkte getrieben. Seitdem konnte sich der deutsche Leitindex der runden Marke von 24.000 Zählern aber nicht weiter nähern. „In den vergangenen Handelswochen waren die Wochenenden oft kritisch für nicht vorhersehbare Überraschungen“, schrieb Marktbeobachter Andreas Lipkow. Am Freitag sei deshalb der eine oder andere Investor doch noch nervös geworden und habe Kursgewinne mitgenommen.
Trotzdem hat der Dax auf Wochensicht gut ein Prozent zugelegt und konnte damit die fünfte Gewinnwoche in Folge feiern. Das Jahresplus beträgt mehr als 19 Prozent. „Gerade in den vergangenen Tagen wurden Anleger mit positiven Nachrichten verwöhnt: erste Deals im Handelsstreit, robuste US-Konjunkturdaten, rückläufige Inflationsdaten, Ukraine-Verhandlungen und eine Berichtssaison, die selbst optimistische Erwartungen übertroffen hat“, resümierten die Experten von Index-Radar.
Der MDax der mittelgroßen Unternehmen gewann vor dem Wochenende 0,2 Prozent auf 29.888 Zähler. Die runde 30.000-Punkte-Marke leistete dem Index der mittelgroßen deutschen Werte im Handelsverlauf erneut Widerstand. Seit Jahresbeginn hat er sich aber fast genauso stark entwickelt wie der Dax.
Auf Unternehmensseite rückte der geplante Erwerb von mehr 1&1-Anteilen durch den Mutterkonzern United Internet in den Fokus. Dieser will den Anteil am Mobilfunkbetreiber von 81 auf bis zu 90 Prozent erhöhen und bietet 18,50 Euro für die dafür notwendigen Aktien. Der 1&1-Kurs sprang mit bis zu 18,90 Euro zeitweise darüber und stieg letztlich um rund ein Fünftel auf 18,50 Euro.
Der DZ-Bank-Experte Karsten Oblinger zeigte sich in einem ersten Kommentar recht überrascht von dem Vorhaben, auf das auch die Anleger von United Internet sehr erfreut reagierten. Obwohl die Aktien des Internet- und Telekomkonzerns mit Dividendenabschlag gehandelt wurden, legten sie um 5,3 Prozent zu.
Einem Bericht des “Wall Street Journal” zufolge prüft Bayer in den Vereinigten Staaten ein kompliziertes rechtliches Verfahren, um Glyphosat-Schadenersatzklagen mittels Insolvenz der 2018 übernommenen Monsanto aus der Welt zu schaffen. Dafür gibt es aber hohe juristische Hürden und zudem sind die Spekulationen nicht ganz neu. Die Aktien setzten ihre Erholung zeitweise mit einem Plus von 3,3 Prozent fort, gingen am Ende aber kaum verändert ins Wochenende.
Gut blieb die Stimmung vor allem im Rüstungssektor. Anleger glauben offenbar bisher nicht so recht an Fortschritte bei den Friedensgesprächen zwischen der Ukraine und Russland in Istanbul. Am Freitag wurden die Auftaktverhandlungen nach anderthalb Stunden beendet. Bisher haben sich die beiden Kriegsparteien lediglich auf einen großen Gefangenenaustausch geeinigt.
Die Aktien von Renk legten um 7,7 Prozent zu und verbuchten nach einigen Tagen Pause erneut einen Rekord. JPMorgan-Experte David Perry stufte die Aktien auf “Overweight” hoch und begründete dies mit den enorm starken Umsatzaussichten des Panzergetriebe-Herstellers. Für Hensoldt ging es um 1,5 Prozent aufwärts. Rheinmetall waren mit einem Plus von 2,4 Prozent Spitzenreiter im Dax.
Bei Borussia Dortmund freuten sich Fans und Anleger auf das Saisonfinale, das dem Fußballclub am Wochenende in letzter Minute noch eine Chance zur Teilnahme an der lukrativen Champions League gewährt. Der Kurs der Aktien war schon am Vortag noch oben gesprungen und schaffte es nun mit einem Plus von 3,4 Prozent erstmals seit gut einem Jahr wieder über die 4-Euro-Marke. (baha/dpa-AFX)