Börsenwoche: Unbehagen macht sich breit, aber Wall Street weiter im Rekordmodus

©peterschreiber.media /Adobe Stock
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Angesichts der stetig steigenden Börsenkurse macht sich an den Börsen hier und da  Unbehagen breit. So hielten in einer gerade veröffentlichten Umfrage der Bank of America 91 Prozent der Teilnehmer US-Aktien für überbewertet. Und der nach der Investorenlegende Warren Buffett benannte Indikator notiert bei rund 220 Prozent, was fast dem doppelten Wert entspricht, den er während der Dotcom-Blase erreicht hatte. Gleichwohl steigen die Märkte weiter. Ob Aktien, Gold oder Bitcoin, die “Everything Rally” scheint nicht zu stoppen. Ob überhaupt und gegebenenfalls wann eine kräftige Korrektur bevorsteht, bleibt indes ungewiss – und auch, welche Segmente besonders betroffen wären. 

So ist es sicher falsch, alle Aktien in den gleichen Topf zu werfen. Während Technologie- und KI-getriebene Werte von Rekord zu Rekord eilen, befinden sich andere Branchen wie die Automobil- oder die Chemieindustrie in der Stagnation.  Dort braucht man sich wohl nicht vor einem Crash zu fürchten. Gleiches gilt geographisch: Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) des amerikanischen Leitindexes S&P 500 liegt mit rund 29 nahe dem Rekordhoch, europäische und chinesische Indizes sind mit durchschnittlich 18 beziehungsweise elf deutlich niedriger bewertet.

​Um spektakuläre mehr als 50 Prozent ist in diesem Jahr der Goldpreis gestiegen. Sollten Anleger dort jetzt den Ausstieg planen? Nein, sagen Experten. Da immer mehr Zentralbanken ihre Dollarreserven durch Gold ersetzen, könnte die Rallye dort durchaus weitergehen. In der Tat gehören die Notenbanken seit Monaten zu den größten Goldkäufern. Laut World Gold Council liegen ihre Käufe deutlich über historischen Niveaus. Auch die Nachfrage von chinesischen und indischen Investoren steige – sie liege bis zu 44 Prozent über dem Vorjahr. 

Anders verhält es sich beim digitalen Gold, dem Bitcoin. Seit dem Wahlsieg von Donald Trump vor knapp einem Jahr hat sich der Bitcoin-Kurs auf 125’000 Dollar bis Anfang Oktober nahezu verdoppelt. In diesem Jahr betragen die Gewinne immerhin rund 24 Prozent. Die Volatilität bleibt jedoch ein Vielfaches jener von Aktien. Im Oktober blieb die Performance hinter dem S&P 500 zurück. Experten raten deshalb zur Vorsicht.

Tech-Giganten schreiten weiter voran

Trotz aller Warnungen sorgten die Tech-Giganten Amazon und Apple mit ihren Quartalsberichten und Prognosen zur weiteren Geschäftsentwicklung dafür, dass sich die Stimmung an der Wall Street am Freitag wieder etwas aufhellte. Im Handelsverlauf kehrte jedoch angesichts der dicht unter ihren Rekordhochs tendierenden Indizes die Vorsicht zurück. Die Gewinne bröckelten ab. Vor dem Wochenende gingen viele Anleger lieber auf Nummer sicher.

Der Auswahlindex Nasdaq 100 gewann letztlich 0,5 Prozent auf 25.858 Punkte, was im Wochenverlauf ein Plus von zwei Prozent bedeutet und für den Monat Oktober sogar eines von fast fünf Prozent.

Der S&P 500 stieg am Freitag um knapp 0,3 Prozent auf 6.840 Punkte. Für den stark mit Standardwerten bestückten Dow Jones Industrial ging um 0,1 Prozent auf 47.563 Zähler nach oben. Im Wochenverlauf legte der Dow damit um 0,8 Prozent zu und im Oktober um 2,5 Prozent. Im Lauf der Woche hatten zudem alle drei Indizes Rekordhochs erreicht.

Nachdem bereits Microsoft am Vortag einen Rekordgewinn gemeldet habe, seien nun Amazon und Apple diesem Beispiel gefolgt, schrieb Portfolio-Manager Thomas Altmann von QC Partners. “Allerdings”, so ergänzte er, “sind diese Gewinne auch bitter nötig, denn mit der jüngsten Rally sind die Bewertungen am US-Aktienmarkt deutlich gestiegen.”

Die Aktie des Handels-, Medien- und Technologiegiganten Amazon sprang zum Handelsstart auf ein Rekordhoch von 250,50 US-Dollar. Dann kam das Papier etwas zurück und legte schließlich um 9,6 Prozent zu. Vor allem wegen der im dritten Quartal stark gewachsenen Cloudsparte AWS setzte Amazon deutlich mehr um als erwartet. Das kam nach der Enttäuschung im zweiten Quartal gut an, zumal eine Fortsetzung der Dynamik erwartet wird.

Apple sprangen ebenfalls zum Handelsstart auf ein Rekordhoch, und zwar knapp über 277 Dollar. Ins Wochenende gingen sie jedoch mit einem Minus von 0,4 Prozent. Der iPhone-Hersteller gab dank des neuen iPhone-Modells einen starken Ausblick auf das Weihnachtsgeschäft. Die langfristigen Aussichten schätzt Jefferies-Analyst Edison Lee allerdings als verhalten ein.

Unter den weiteren Tech-Unternehmen stand zudem Netflix mit einem angekündigten Aktiensplit im Verhältnis 10 zu 1 im Blick, der Mitte November vollzogen werden soll. Die Papiere des Marktführers im Bereich Videostreaming gewannen 2,7 Prozent.

Geschäftszahlen präsentierten zudem der im Dow notierte Ölkonzern Chevron sowie Branchenkollege Exxon Mobil, dessen Aktie im S&P 100 zu finden ist. Obwohl beide zwar einen im Jahresvergleich rückläufigen, aber dennoch besser als erwarteten Gewinn meldeten, ging es für die Aktienkurse in unterschiedliche Richtungen. Chevron legten um 2,7 Prozent zu, während Exxon Mobil um 0,3 Prozent nachgaben.

Im Blick von Anlegern standen zudem die Aktien der Handelsplattform für Kryptowährungen Coinbase sowie die der Social-News-Aggregator- und Diskussionsplattform Reddit nach Quartalszahlen. JPMorgan schrieb zu Coinbase, dass der Umsatz positiv überrascht habe. RBC nannte die Zahlen von Reddit “erneut stark”. Beide Papiere legten deutlich zu: Reddit um 7,5 Prozent und Coinbase um 4,7 Prozent.

Zähe Woche im Dax

Nach einer zähen Woche war zuvor der Dax mit Verlusten ins Wochenende gegangen. Positive Impulse von den Überseemärkten, wo das KI-Fieber die Kurse steigen lässt, kamen beim deutschen Leitindex nicht an. “Den Anlegern und Investoren scheinen die Ideen auszugehen, wie sich die Zukunft der Dax-Unternehmen positiv gestalten könnte”, schrieb Analyst Frank Sohlleder vom Broker Activtrades.

Der Dax fiel erstmals seit zwei Wochen wieder unter die runde Marke von 24.000 Punkten und schloss mit einem Minus von knapp 0,7 Prozent bei 23.958 Zählern. Auf Wochensicht resultierte daraus ein Verlust von rund 1,2 Prozent, für den Monat Oktober aber ein Plus von 0,3 Prozent. Der MDax für die mittelgroßen Börsenkonzerne sank am Freitag um gut 0,4 Prozent auf 29.752 Punkte. Auch auf europäischer Bühne ging es am Freitag abwärts. Der EuroStoxx 50 endete 0,7 Prozent im Minus bei 5.662 Punkten. Außerhalb der Eurozone fiel der Schweizer SMI um 0,6 Prozent und der Londoner FTSE 100 um 0,4 Prozent. 

Vor dem Wochenende gab es aus Deutschland noch Geschäftszahlen von Fuchs. Die nach dem Quartalsbericht des Schmierstoffherstellers gestartete Erholungsrally hielt aber nicht lange an. Mit fast zwölf Prozent Kursplus waren die Aktien am Vormittag auf das höchste Niveau seit Ende Juli gesprungen. Zum Handelsschluss blieben davon nur noch 1,2 Prozent übrig.

Die US-Bank Citigroup gab ihre Verkaufsempfehlung für Renk auf und votiert nun mit “Neutral”. Nach der jüngsten Kursschwäche erscheine der Rüstungskonzern fundamental fair bewertet, hieß es. Renk gewannen 1,3 Prozent.

Im Telekomsektor weiteten die Papiere von United Internet, Ionos und 1&1 ihre Korrektur mit Kursverlusten von bis zu 2,8 Prozent aus. Die Aktien von Deutsche Telekom gaben nach den Verlusten der beiden Vortage nochmals um zwei Prozent nach, womit sich auf Jahressicht das Minus auf knapp sieben Prozent beläuft.

Die Aktien von Merck KGaA holten ihre tags zuvor zeitweise deutlichen Verluste weiter auf und gewannen 0,8 Prozent. Am Vortag hatte ein US-Gericht ein Patent für bestimmte Dosierungen des MS-Mittels Mavenclad für ungültig erklärt. Die daraus resultierende Belastung hatte JPMorgan-Analyst Richard Vosser allerdings schnell als vernachlässigbar eingestuft.

Im europaweit schwachen Versicherungssektor belasteten Geschäftszahlen des französischen Axa-Konzerns. Im Dax gehörten Allianz, Hannover Rück und Munich Re mit Verlusten zwischen 1,9 und 2,2 Prozent zu den schwächsten Werten.

Die Anteilsscheine von Kion reagierten mit einem Kurssprung auf den höchsten Stand seit dreieinhalb Jahren auf positive Analystenstudien. Letztlich gewannen die Papiere des Gabelstapler-Herstellers als MDax-Spitzenreiter 6,9 Prozent und bauten damit ihr Jahresplus auf 93 Prozent aus. Die LBBW stufte Kion von “Halten” auf “Kaufen” hoch und erhöhte das Kursziel von 55 auf 70 Euro. Stefan Maichl verwies auf ein solides drittes Quartal des Lagerausrüsters und erwartet für 2026 einen profitablen Wachstumskurs.

Stratec erholten sich etwas von ihrem massiven Vortagesverlust. Angesichts der Kursschwäche der vergangenen Wochen ist es aber eher eine Stabilisierung auf tiefem Niveau. An der Spitze im Nebenwerte SDax gewannen die Papiere vier Prozent. Am Donnerstag hatte das Diagnostik-Unternehmen nach reduzierten Jahreszielen die Anleger vertrieben. (baha/dpa-AFX)

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