Weder Start-ups noch Investoren-Teams in Deutschland sind heute divers aufgestellt. Laut dem Deutschen Startup Monitor haben 2024 gerade einmal 19% der deutschen Startups (-1.9% gegenüber Vorjahr) mindestens eine Frau im Gründerteam. Und nur 21% der Gründer:innen besitzen einen Migrationshintergrund. Der Anteil der Investorinnen ist noch geringer. So gab es 2024 gerade einmal 13.6% Business Angelinas. Investitionen in Start-ups sind objektiv betrachtet hochriskant. Dennoch können sie für Business Angelinas – so werden weibliche Business Angels auch genannt – sehr interessant sein.
Ein Gastbeitrag von Beate Rosenthal
Die meisten Business Angels und Angelinas investieren nicht nur auf Grund finanzieller Überlegungen. Sie wollen ihre Erfahrung weitergeben, unerfahrenen Gründerinnen und Gründern weiterhelfen und mit ihren Investitionsentscheidungen die Welt ein bisschen besser machen. „Impact Investing“ – so nennt man den Ansatz, finanzielle Gewinne zu erzielen und zugleich positive soziale oder ökologische Auswirkungen zu schaffen.
Grundsätzlich sind Start-up-Investments risikoreicher als klassische Kapitalanlageformen. Als Faustregel gilt, dass man einen Horizont von mindestens zehn Jahren einplant und in mindestens zehn verschiedene Start-ups investiert, um das Ausfallrisiko zu managen. Verschiedene Erhebungen (z.B. von Gründerpilot) zeigen, dass 80 bis 90% aller Start-ups innerhalb der ersten drei Jahre scheitern. Es ist nicht davon auszugehen, dass dies bei den eigenen Start-ups anders ist.
Beste Investitions-Strategie für Start-ups
Wie bei allen Investments ist die Kombination von Erfahrung und Datenzugriff auch bei Start-up-Investitionen wesentlich. Allerdings gibt es für die meisten Start-ups in der Frühphase nur wenige Daten, die in eine Bewertung einfließen können. Umso wichtiger ist es, sich Zeit für die Recherche zu nehmen und verschiedene Investitionsmöglichkeiten zu prüfen.
- Im Austausch verschiedene Strategien kennenlernen kann man zum Beispiel in Business Angel Clubs, Vereinen (z.B. Business Angels Frankfurt Rhein Main, BACB Berlin, Encourageventures uvm.) und Verbänden (z.B. BAND).
- Das Verlustrisiko senken kann man durch Investitionen über Crowd-Investing-Plattformen wie Companisto, die durch geringere Einstiegsvolumen eine breitere Streuung zulassen.
- Datenbanken wie Crunchbase, Startup Insider und zum Beispiel das KI-basierte Tool Morphais, eine lizenzbasierte Plattform, können helfen, potenzielle Investitionsmöglichkeiten zu identifizieren und zu bewerten.
Ebenso sollte man sich Gedanken über die eigene Aufstellung machen: Investiere ich als Einzelperson mit allen steuerlichen Konsequenzen (Gewinne werden wie Einkommenssteuer behandelt) oder wie viele Frühphasen-Investoren über eine GmbH oder UG. Der Vorteil bei der zweiten Variante ist, dass die niedrigere Besteuerung es erlaubt, das Kapital im Unternehmen zu halten und in weitere Start-ups zu investieren. Dies bringt allerdings auch Verpflichtungen mit sich, zum Beispiel muss ein Jahresabschluss erstellt und eine Umsatzsteuervoranmeldung eingereicht werden.
Eine andere Alternative ist es, über Fonds in schon weiter entwickelte Start-ups zu investieren. Diese Fonds werden von professionellen Managern verwaltet, sind regulatorisch allerdings komplex und für Privatanleger oft schwer zugänglich.
Wie lässt sich eine Start-up-Investition bewerten?
Die meisten Investorinnen und Investoren sind sich einig, dass neben der Idee zum richtigen Zeitpunkt vor allem das Team eine wesentliche Rolle für den Erfolg spielt. Internationale und Mixed-Gender-Teams sind spannend, weil sie eine „Diverstität des Denkens“ in das Start-up einbringen und so versteckte Chancen und Risiken zum Vorschein bringen können. Unterschiedliche Menschen denken eben auf eine unterschiedliche Art und Weise. Zahlreiche internationale Studien belegen, dass diverse Teams erfolgreicher sind. Wichtige Fragen dazu sind:
- Wie sind die Rollen im Gründer:innen-Team verteilt? Ist die fachliche Expertise im Team vorhanden?
- Über welche Erfahrungen verfügen die Start-up-Gründer:innen? Die Besten haben schon erfolgreich oder auch erfolglos ein Start-up gegründet und daraus gelernt.
- Wie ergänzen sich die Persönlichkeiten? Viele Family Offices sind dazu übergegangen, in Workshops vor der Investition die Resilienzfähigkeit und die Profile von Gründerteams zu prüfen.
Essenziell vor einer Investition ist ein Due Diligence Check, um die Qualität zu validieren. Diese beinhaltet eine Wettbewerbsanalyse, einen Business- und Investitionsplan sowie eine Demo oder einen Test des Produktes bzw. des Services. Und auch bei Impact-Start-ups ist es geboten, finanzielle Kriterien in die Bewertung einfließen zu lassen.
Empfehlen kann ich den „Ted Talk“ von Bill Gross, der die Erfolgskriterien von Start-ups nach fünf Kriterien zusammenfasst: 1. Timing, 2. Team & Execution, 3. Idee, 4. Business Model und 5. Zugang zu Finanzierung. Hilfe zur systematischen Bewertung von Start-ups bietet auch mein eigenes Tool PreSeed Canvas, das ich mit meiner Business Angel Investitions GmbH Unlost auch als Open-Source-Standard zur Verfügung stelle.
Meine Top-Tipps zum Start
Stellt euch zuerst die Frage nach eurer Motivation, dem Investitionsvolumen und dem Zeithorizont, den ihr euch für die Investitionen erlauben könnt. Dabei solltet ihr beachten, dass es häufig nötig sein wird, nicht nur initial zu investieren, sondern mindestens noch einmal nachzuinvestieren, um Start-ups in schwierigen Phasen bei Liquiditätsengpässen zu unterstützen.
Baut ein Netzwerk mit erfahrenen Business Angels auf. Nicht nur für den Erfahrungsaustausch, sondern um eventuell gemeinsam Investitionsmöglichkeiten zu identifizieren und zu bewerten – oder um sich zusammenzuschließen.
Überlegt euch auch, was ihr einem Start-up bieten könnt. Das kann eure Expertise, euer Kapital, eure zeitliche Verfügbarkeit oder euer Netzwerk sein. Dies sollte den Gründerinnen und Gründern offen kommuniziert werden.
Zur Person: Beate ist seit drei Jahren Partnerin der Global Consumer & Health Platform bei Roland Berger. Dazu bringt sie mehr als 20 Jahre Führungserfahrung in der FMCG- (Fast-Moving Consumer Goods) und Gesundheitsbranche ein. Ihr Schwerpunkt liegt an der Schnittstelle von Nachhaltigkeit, Digitalisierung und kundenorientiertem Markenaufbau. Beate ist als Start-up-Mentorin und Business Angel aktiv, als Rednerin und Bloggerin (Monday Morning Inspiration auf LinkedIn). Mehrere Jahre war sie im Vorstand des Female-Leaders-Netzwerks Generation CEO. 2021 wurde sie als Finalistin beim „Digital Female Leader Award“ ausgezeichnet. Sie war Dozentin für Innovationsmanagement an der Goethe-Universität Frankfurt und studierte Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre an der Universität Göttingen und an der UCLA.