DAX-Unternehmen: Männer verdienen 14 Prozent mehr als Frauen

Foto: iStock/Martin Barraud Frau Chefin Job Quote
Foto: iStock/Martin Barraud

Seit diesem Jahr veröffentlichen die meisten DAX-Konzerne ihre Nachhaltigkeitsberichte nach Vorgaben der neuen EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD). Darin machen die meisten Unternehmen auch Angaben zum sogenannten unbereinigten Gender Pay Gap, also zum Lohnabstand zwischen männlichen und weiblichen Beschäftigten. Das Ergebnis: Bei den DAX-Konzernen verdienen Männer im Durchschnitt 13,9 Prozent mehr als Frauen – zum Vergleich: Insgesamt liegt der Bruttolohn männlicher Arbeitnehmer in Deutschland um 16 Prozent über dem der weiblichen Beschäftigten.

Allerdings gibt es zwischen den Unternehmen erhebliche Unterschiede: Bei vier der DAX Unternehmen liegt der durchschnittliche Bruttostundenverdienst der Frauen über dem der Männer (Daimler Truck, BMW, DHL Group und Vonovia), während bei 29 Unternehmen der Bruttostundenverdienst der Männer über dem der Frauen liegt.

Die Spannweite ist groß: Während bei Daimler Truck die weiblichen Beschäftigten im Durchschnitt 15 Prozent mehr verdienen als ihre männlichen Kollegen, bekommen in der Finanzbranche männliche Beschäftigte im Durchschnitt erheblich mehr überwiesen als Frauen: Bei Munich Re und der Deutschen Börse verdienen Männer im Durchschnitt jeweils 29 Prozent mehr als Frauen, bei Hannover Rück liegen die Bruttogehälter der Männer 30 Prozent höher als die der Frauen, bei der Commerzbank sogar 30,5 Prozent. Den höchsten Gender Pay Gap weist die Deutsche Bank mit knapp 38,8 Prozent aus.

Bei den von den Unternehmen veröffentlichten Zahlen handelt es sich jeweils um unbereinigte Werte – das heißt: ohne jegliche Anpassung oder Berücksichtigung von Faktoren wie der konkreten Tätigkeit und Qualifikation. Dass Frauen häufiger in Teilzeit arbeiten, was oft nur in niedrigeren Positionen möglich ist, oder seltener Führungskraft sind als Männer, führt zumeist dazu, dass der durchschnittliche Bruttoverdienst der Männer über dem der Frauen liegt.

Das sind Ergebnisse einer Studie von EY-Parthenon, der Strategie- und Transaktionsberatung von EY, für die die CSRD-Berichte der DAX Unternehmen ausgewertet wurden. Nicht alle Unternehmen legen die analysierten Kennzahlen offen, da einige Themen als unwesentlich im Rahmen der doppelten Wesentlichkeitsanalyse nach CSRD bewertet wurden. Sieben DAX 40 Berichte mussten aufgrund eines abweichenden Geschäftsjahrs, verspäteter Veröffentlichung oder keiner Berichterstattung nach CSRD von der Analyse ausgeschlossen werden. Dabei handelt es sich um Siemens, Siemens Energy, Siemens Healthineers, Infineon, Porsche Automobil Holding, Symrise und Qiagen.

„Die Transparenz dank der jetzt veröffentlichten CSRD-Berichte hilft enorm, um sozialer Nachhaltigkeit – und dazu zählt ein möglichst geringer Verdienstabstand zwischen Männern und Frauen – mehr Sichtbarkeit zu geben“, sagt Janine Bartsch, Senior Manager bei EY-Parthenon. „Unternehmen haben bei den ganzen Anforderungen zur Berichterstattung die Möglichkeit, von der erweiterten Transparenz zu profitieren und die Chance, durch Fairness und Gleichstellung nachhaltigen Unternehmenserfolg zu fördern. Denn wenn Unternehmen in soziale Nachhaltigkeit investieren, ergeben sich viele Vorteile. Zum Beispiel: Immer mehr Banken und Investoren koppeln Kreditvergaben und Investitionen an ESG-Kriterien. Und: Kosten lassen sich durch reduzierte Fluktuation und höhere Produktivität senken. Soziale Nachhaltigkeit stärkt das Vertrauen von Mitarbeitenden, Kundinnen und Kunden und der Gesellschaft in das Unternehmen, was insbesondere in stark umkämpften Märkten von Vorteil ist. Es lohnt sich also auch für die Unternehmen, wenn sie den Gender Pay Gap weiter reduzieren.“

Frauen in der obersten Führungsebene meist unterrepräsentiert

Über alle berichtenden DAX Unternehmen hinweg sind insgesamt 51.074 Personen auf der obersten Führungsebene tätig, von denen 14.543 Frauen sind – das entspricht einem Anteil von 28,5 Prozent. Der Frauenanteil an der Gesamtbelegschaft liegt hingegen im Durchschnitt der berichtenden Unternehmen bei 33,1 Prozent.

Als oberste Führungsebene definieren die meisten Unternehmen eine oder zwei Ebenen unterhalb der Verwaltungs- und Aufsichtsorgane. Bei 64,5 Prozent der Unternehmen sind Frauen auf der obersten Führungsebene unterrepräsentiert – das heißt, dass ihr Anteil um mindestens fünf Prozentpunkte niedriger ist als in der Gesamtbelegschaft.

Besonders hoch ist die Abweichung beim Gesundheitsdienstleister Fresenius, wo der Frauenanteil in der Belegschaft bei 67,4 Prozent liegt, auf der obersten Führungsebene, aber nur 28,2 Prozent Frauen sind – hier liegt die Differenz also bei 39,2 Prozent. Auf der anderen Seite sind beim Energiekonzern RWE nur 20,8 Prozent der Belegschaft weiblich, auf der obersten Führungsebene liegt der Frauenanteil hingegen bei 33,3 Prozent – hier sind Frauen also stärker als in der Gesamtbelegschaft. Auch bei Heidelberg Materials, BMW und Airbus ist der Frauenanteil in der Chefetage höher als in der Gesamtbelegschaft – allerdings nur geringfügig und in erster Linie zurückzuführen auf den sehr geringen Frauenanteil in der Gesamtbelegschaft.

Für Janine Bartsch ist die erstmalige Veröffentlichung der CSRD-Berichte ein wichtiger Schritt hin zu mehr Transparenz und zudem ein Anreiz für jedes einzelne Unternehmen, die eigene Position im Vergleich zu ähnlichen Unternehmen zu analysieren. Sie stellt aber auch fest: „Wir sehen seit vielen Jahren oft sehr intensive Bestrebungen der Unternehmen, den Frauenanteil im Vorstand und im oberen Management zu steigern. Aus vielerlei Gründen sind diese Bemühungen aber oft nur begrenzt erfolgreich. Das kann unter anderem mit Themen wie Kinderbetreuung, traditionellen Rollenbildern und entsprechenden individuellen Karriereentscheidungen zusammenhängen. Aber wir sehen auch, dass die Strukturen in vielen DAX-Konzernen offenbar nicht ausreichend darauf ausgerichtet sind, Frauen den Weg in eine Führungsposition zu erleichtern. Dazu gehört auch oft das Fehlen von entsprechenden Netzwerken und starken Vorbildern. Auch Vorurteile gegenüber der Leistungsfähigkeit und Kompetenz von Frauen können eine Rolle spielen, ebenso wie eine entsprechende Unternehmenskultur, die Vielfalt nicht fördert.“

Leichter Rückgang des Frauenanteils an der Gesamtbelegschaft

In den vergangenen Jahren ist der Frauenanteil an der Gesamtbelegschaft der DAX-Unternehmen, für die entsprechende Zahlen vorliegen, insgesamt sogar leicht gesunken: seit 2021 bis 2024 von 34,1 auf 33,1 Prozent. Nur bei fünf von ihnen entwickelte sich die Zahl der weiblichen Beschäftigten besser als die Gesamtzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, so dass die Frauenquote stieg. Bei 26 Unternehmen sank der Frauenanteil an der Belegschaft, bei zwei Unternehmen blieb er konstant. „Insgesamt gelingt es den DAX-Konzernen nicht ausreichend, den Frauenanteil in der Belegschaft zu steigern. Das ist nicht unbedingt immer den Unternehmen anzulasten, denn der Rückgang der Frauenquote kann auf sehr viele Faktoren zurückzuführen sein. Aber im Ergebnis ist die Entwicklung enttäuschend. Man kann nicht darauf hoffen, dass der Frauenanteil im auf oberster Führungsebene steigt, wenn gleichzeitig der Anteil der Mitarbeiterinnen sinkt. Die bisherigen Programme zur Stärkung der Attraktivität für weibliche Beschäftigte haben ihre Wirkung offenbar in vielen Fällen weitgehend verfehlt – da besteht auf jeden Fall Handlungsbedarf.“

Diesen Artikel teilen

Schreibe einen Kommentar

Foto: Money Day Banner
Anzeige

Jetzt neu

In Laura Karasek kommt vieles zusammen: Juristerei und Entertainment, Hochkultur und Hotpants, „Opernball und Arschgeweih“, wie sie es im Courage-Interview nennt.