„Der Immobilienmarkt ist ein Basar“

Foto: Maya Miteva © Alicia Minkwitz
Foto: Maya Miteva © Alicia Minkwitz

Vorständin, Aufsichtsrätin, Gründerin und Angel-Investorin: Maya Miteva hat in der Immobilienbranche schon viele Positionen bekleidet. Und sie weiß: Oft trauen sich Frauen an Immobilien-Investitionen nicht heran und brauchen Ermutigung. Wir haben die neue Generation-CEO-Netzwerkerin dazu befragt.

Courage hat bereits hier über das Netzwerk Generation CEO e.V. und den Auswahlprozess berichtet. In den kommenden Wochen stellen wir Euch alle 13 Top-Managerinnen in einer Serie vor – jeweils am Freitag!

Sie sind leidenschaftliche Immobilien-Investorin. Mit 27 Jahren kauften Sie sich Ihre erste eigene Wohnung. Wie kamen Sie in diesem jungen Alter zu einem Eigenheim?

Foto: Maya Miteva ©Oliver Betke

Maya Miteva: Ich komme aus Bulgarien, einem Land, in dem fast 90 Prozent der Menschen Wohneigentum besitzen. Diese hohe Eigentumsquote verleiht den Menschen nicht nur eine greifbare Sicherheit für die Zukunft, sondern auch finanzielle Stabilität.

Für mich persönlich haben Immobilien eine ganz besondere Bedeutung: Sie stehen für Unabhängigkeit und Beständigkeit. Deshalb war es für mich selbstverständlich, meine ersten Ersparnisse in eine eigene Wohnung zu investieren. Ich wünsche mir, dass mehr Frauen in Deutschland – wo die Eigentumsquote noch unter 50 Prozent liegt – diesen Schritt wagen, um ihre Zukunft selbstbestimmt und sicher zu gestalten.

Der Baufinanzierer Interhyp wünscht sich: „Mehr HAUSfrauen braucht das Land!“ Fakt ist: Frauen sind beim Immobilienkauf eher zurückhaltend. Warum?

Eine Studie von Interhyp zeigt: Auf jede Single-Frau, die in Immobilien investiert, kommen zwei Männer. Dieser Unterschied hat einerseits finanzielle Gründe – Frauen verdienen im Durchschnitt weniger, sparen dadurch weniger und haben somit geringere Mittel zum Investieren. Doch das ist nur ein Teil der Wahrheit.

Frauen sind häufig risikoaverser, fühlen sich unsicherer beim Thema Investitionen und möchten die Materie vollständig durchdringen, bevor sie handeln. Männer hingegen gehen oft mutiger – oder risikofreudiger – vor. Sie wagen den Schritt auch dann, wenn sie weniger Wissen mitbringen.

Diese Muster erkenne ich auch in der Unternehmenswelt: Frauen streben einen Karriereschritt oft erst dann an, wenn sie überzeugt sind, dass sie alle Anforderungen erfüllen können. Männer hingegen handeln schneller und machen den Schritt, unabhängig davon, ob sie sich bereit fühlen.

Welche Chancen birgt der Immobilienmarkt für Frauen, die sich trauen?

Der aktuelle Markt, übrigens nicht nur der Immobilienmarkt, ist herausfordernd – und genau hier liegen enorme Chancen für Frauen, die den Mut haben, sie zu ergreifen. Hätte ich mich nicht getraut, immer wieder ins kalte Wasser zu springen, wäre ich heute weder Vorständin, noch Aufsichtsrätin, Gründerin oder Investorin.

2009, mitten in der tiefsten Finanzkrise, habe ich meine gesamten Ersparnisse in Immobilien investiert – vor allem in Berlin. Damals haben mir alle davon abgeraten. Heute haben sich die Preise verdreifacht. 2016 war ich eine der ersten Angel-Investorinnen im Bereich Property Technology. Dank unserer ersten Exits habe ich bereits mein komplettes investiertes Eigenkapital zurückerhalten.

Ich habe mich getraut und hart daran gearbeitet, die klassische Immobilienwelt mit der Dynamik der Tech-Branche zu verbinden. Dadurch konnte ich aktiv an der Transformation einer traditionsreichen Industrie mitwirken – Erfahrungen und Learnings, die ich heute gezielt in meiner Tätigkeit als Aufsichtsrätin bei Scout 24 einbringe.

Als Early Adopter bin ich stets auf der Suche nach dem nächsten großen Thema. Für mich ist das jetzt die Künstliche Intelligenz und ihre transformative Kraft. Auch hier werde ich den Mut haben, neue Wege zu gehen und aktiv an dieser Entwicklung mitzuwirken.

Das zeigt: Die besten Chancen entgehen einem, wenn man nicht den Mut aufbringt, sie zu nutzen. Wichtig ist, auf die richtigen Ratgeber zu hören und sich selbst fundiertes Wissen anzueignen, um kluge Entscheidungen zu treffen. Genau deshalb bieten Anais Cosneau und ich mit dem Happy Immo Club Kurse an – um Frauen das nötige Wissen zu vermitteln, damit sie sicher und erfolgreich in Immobilien investieren können.

Bis 1980 waren verheiratete Frauen auf die Erlaubnis ihres Ehemannes angewiesen, wenn sie eine Immobilie kaufen wollten. Und Ehemänner konnten die Immobilie der Frau ohne deren Einverständnis verkaufen. Heute stehen wir besser da. Trotzdem gibt es Fallstricke für Paare bei Immobilienfinanzierung und -kauf. Worauf sollten sie unbedingt achten?

Frauen sollten unbedingt darauf achten, im Grundbuch zu stehen – das ist ein wichtiger Schritt in Richtung finanzieller Eigenständigkeit. Ebenso wichtig ist es für sie, frühzeitig mit dem Partner klare Vereinbarungen zu treffen, insbesondere wenn sie sich dazu entscheiden, den Großteil der Care-Arbeit zu übernehmen.

Im Happy Immo Club ermutigen wir Frauen, sich als Ausgleich für Einkommenseinbußen durch Teilzeit oder Elternzeit eine Immobilie als Kapitalanlage zu sichern. Denn es gibt inzwischen zahlreiche Studien und Kennzahlen, die zeigen, welche finanziellen Auswirkungen es für Frauen hat, wenn sie die Hauptlast der Care-Arbeit tragen. Diese Daten sollten als Grundlage dienen, um in der Partnerschaft faire und nachhaltige Lösungen zu finden – für die Gegenwart und die Zukunft.

Ob beim Autohändler oder Makler: Werden Frauen höhere Preise und teurere Kredite angeboten? Und können Männer besser verhandeln?

Es ist leider eine Realität, dass Frauen in Immobiliengeschäften nicht immer ernst genommen werden – sei es von Bankern, Notaren oder Verkäufern. Das höre ich oft. Daher rate ich Frauen, besonders beim ersten Kauf, weibliche Ansprechpartnerinnen ins Boot zu holen: Finanzierungsvermittlerinnen, Notarinnen, Architektinnen oder Energieberaterinnen. Das schafft nicht nur Vertrauen, sondern sorgt auch für Gespräche auf Augenhöhe, gerade wenn Unsicherheiten bestehen. Diese Unterstützung kann enorm helfen, den Einstieg sicherer zu gestalten.

Wichtig ist auch zu verstehen, dass der Immobilienmarkt kein Supermarkt ist, sondern ein Basar. Der Kaufpreis, die Zinsen und die Tilgung sind verhandelbar. Im Happy Immo Club zeigen wir Frauen, wie sie erfolgreich verhandeln und Kaufpreise um 10 bis 30 Prozent senken können. Mit diesem Wissen und ersten Erfolgen wächst nicht nur das Selbstvertrauen in Verhandlungen, sondern es stärkt Frauen auch im privaten und beruflichen Umfeld, für sich und ihre eigenen Bedürfnisse einzustehen.

Zur Person: Maya Miteva ist in Bulgarien aufgewachsen und hat mit Stipendien in den USA und Deutschland studiert. Seit mehr als 25 Jahren ist sie in leitenden Positionen in der Immobilienbranche tätig, u.a. bei Lazard, Arminius, Vonovia, Centerscape und Summit Real Estate. Heute ist Miteva Vorständin der börsennotierten Deutsche Real Estate und Aufsichtsrätin von Scout 24. Als Mitgründerin des Start-ups Happy Immo Club setzt sie sich leidenschaftlich für Diversity in der Immobilienbranche ein. Mit ihrem Engagement und ihrer Vision inspiriert Maya Miteva Frauen, in der Immobilienwelt Fuß zu fassen und erfolgreich zu sein. Als Angel-Investorin investiert Maya Miteva in innovative Prop-Tech-Unternehmen und von Frauen gegründete Start-ups.

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