Deutsche Autokonzerne beherrschen den deutschen Markt für E-Autos

Auch ein Rekordabsatz im Schlussquartal brachte Tesla kein Plus bei den Auslieferungen im Jahr 2024. (Archivbild)
Auch ein Rekordabsatz im Schlussquartal brachte Tesla kein Plus bei den Auslieferungen im Jahr 2024. (Archivbild) Foto: Patrick Pleul/dpa

Deutsche Autokonzerne konnten im vergangenen Jahr im Elektro-Segment ihre Marktanteile deutlich steigern: von 49 Prozent im Jahr 2023 auf 61 Prozent. Insgesamt schrumpfte in Deutschland der Absatz von E-Autos im vergangenen Jahr um 27 Prozent – die deutschen Konzerne verzeichneten hingegen einen Absatzrückgang um „nur“ neun Prozent. Deutlich stärkere Einbußen gab es bei Herstellern wie Tesla (minus 42 Prozent), Stellantis (minus 66 Prozent) oder Renault/Nissan/Mitsubishi (minus 68 Prozent). Stärker als bei den deutschen Autokonzernen gingen auch bei den chinesischen Herstellern die Elektro-Neuzulassungen zurück: um 14 Prozent. Ihr Marktanteil stieg dennoch im Vergleich zum Vorjahr von acht auf zehn Prozent. Im vierten Quartal mussten allerdings auch die chinesischen Hersteller Einbußen hinnehmen: Ihr Absatz sank um 17 Prozent, der Marktanteil lag wie im Vorjahreszeitraum bei acht Prozent. Das sind Ergebnisse einer aktuellen EY-Analyse auf Basis von Zahlen, die am Dienstag vom Kraftfahrt Bundesamt (KBA) veröffentlicht wurden.

Markenranking: Volkswagen an der Spitze

Im Markenranking belegt Volkswagen mit gut 62.000 neu zugelassenen Elektroautos den ersten Platz – trotz eines Rückgangs um zwölf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. BMW konnte seine E-Auto-Neuzulassungen um vier Prozent steigern und liegt auf dem zweiten Platz, gefolgt von Tesla (minus 41 Prozent). MG Roewe schafft es als bestplatzierte chinesische Marke auf den neunten Platz, der Absatz sank im Jahresvergleich um 22 Prozent.

Top-Seller 2024: Tesla Model Y und Skoda Enyaq

Im Ranking der beliebtesten Elektromodelle belegt weiterhin das Tesla Model Y im Gesamtjahr 2024 den ersten Platz – trotz eines deutlichen Rückgangs um 35 Prozent. Dahinter liegt der Skoda Enyaq, dessen Absatz um ein Prozent stieg. Auf dem dritten Platz liegt der VW ID.4 (einschließlich ID.5). Mit dem MG EV schafft es ein chinesisches Modell unter die Top 10 der meistzugelassenen Elektroautos in Deutschland.

Im vierten Quartal lag der Skoda Enyaq mit 8.660 neu zugelassenen Fahrzeugen vor dem VW ID.7 und dem VW ID.4 (und ID.5). Das Tesla Model Y liegt im vierten Quartal nur auf Rang vier.

Auf Konzernebene lag der Volkswagenkonzern im Jahr 2024 mit insgesamt knapp 92.000 neu zugelassenen Elektroautos (minus 16 Prozent) weiterhin deutlich vorn. Auf Rang zwei folgt die BMW Gruppe (plus neun Prozent) vor Mercedes-Benz (minus 19 Prozent). Die Geely Group aus China verzeichnet einen Anstieg um 16 Prozent und belegt den siebten Platz im Konzern-Ranking vor der ebenfalls chinesischen SAIC Group (plus vier Prozent).

Steigender E-Auto-Absatz in 2025 erwartet

„Im vergangenen Jahr hat sich der deutsche Markt für Elektroautos sehr schwach entwickelt. Statt des erhofften Elektro-Booms lag das Absatzniveau deutlich unter den beiden Vorjahren. Fast alle Hersteller haben das nachlassende Interesse an Elektroautos zu spüren bekommen – allerdings konnten sich insgesamt die deutschen Konzerne in einem sehr schwierigen Marktumfeld gut behaupten, wozu auch attraktive Modelleinführungen beigetragen haben“, sagt Constantin M. Gall, Managing Partner und Leiter Mobility bei EY für die Region Europe West. „Einige andere Hersteller mussten noch deutlich stärkere Einbußen hinnehmen.“

Der Absatzeinbruch in Deutschland im Jahr 2024 war nach Galls Ansicht „in erster Linie auf das überraschende Aus für die Umweltprämie zum Jahresende 2023 zurückzuführen, von dem sich der Markt bis heute nicht vollständig erholt hat. Allerdings sehen wir auch in anderen europäischen Ländern ein nachlassendes Interesse an der Elektromobilität – trotz neuer Modelle und einem Ausbau der Ladeinfrastruktur.

Während sich die deutschen Konzerne im vergangenen Jahr auf dem deutschen Absatzmarkt recht gut behaupten konnten, lief es gerade außerhalb von Europa deutlich schlechter, betont Gall: „Die Marktanteile auf dem deutschen Markt für Elektroautos spiegeln leider nicht die Realität auf wichtigen nicht-europäischen Märkten wider, wo deutsche Premium-Elektroautos bei den Verkaufszahlen nicht annähernd an vergleichbare Verbrenner-Modelle heranreichen.“

„Im neuen Jahr stellt der schwächelnde Absatz von Elektroautos ein potenziell sehr teures Risiko für viele Hersteller dar, die die verschärften Emissionsvorgaben der EU allein nicht erfüllen können, weil sie zu wenige E-Autos verkaufen“, so Gall. Er rechnet daher neben den angekündigten Poolings mit Preissenkungen und günstigen Finanzierungsangeboten auf breiter Front, während gleichzeitig Verbrenner eher teurer werden dürften. Im Ergebnis wird der Absatz von Elektroautos nach Galls Einschätzung wieder deutlich steigen – ein Wachstum, das allerdings auch auf Kosten der Marge der Hersteller gehen wird und das in Zeiten klammer Staatskassen sehr wahrscheinlich ohne neue signifikante Förderprogramme auskommen muss.

Chinesische Hersteller tun sich in Deutschland weiter schwer

Jan F. Sieper, Partner und Leiter des Automotive Hub bei EY, erwartet, dass chinesische Marken sich auch im kommenden Jahr in Deutschland schwertun werden: „Wir sehen zwar immer wieder erhebliche Bemühungen chinesischer Hersteller, in Deutschland Fuß zu fassen. Bislang sind die Erfolge aber überschaubar – trotz oft guter Ausstattung und günstiger Preise. Vor allem in der zweiten Jahreshälfte schwächelte der Absatz chinesischer E-Autos.“ Er führt dies darauf zurück, dass es einerseits unter den Käufern vielfach noch größere Vorbehalte gegenüber den neuen Anbietern aus China gibt, andererseits aber auch die etablierten Hersteller ihre Hausaufgaben machen: „Es braucht Zeit, um als neuer Player Vertrauen und Markenloyalität aufzubauen. Auch der Aufbau eines landesweiten Vertriebs- und Servicenetzes dauert und kann sehr kostenintensiv sein, und manch ein chinesischer Hersteller hat sich schon eine blutige Nase geholt bei seinen Bemühungen, den deutschen Markt zu erobern. Es reicht nicht, attraktive Autos zu günstigen Preisen zu importieren – um tatsächlich Erfolg zu haben, brauchen neue Anbieter eine umfassende Strategie und einen langen Atem.“

Sieper rechnet auch im neuen Jahr nicht mit einem Siegeszug chinesischer Marken in Deutschland: „Es passiert gerade sehr viel im Elektrosegment, und die etablierten Autokonzerne – nicht zuletzt die deutschen – investieren aktuell sehr viel, um neue Modelle erfolgreich am Markt zu platzieren. Preisoffensiven werden dazu beitragen, dass dies auch gelingen kann. Gleichzeitig könnten die Strafzölle auf E-Autos aus China deren preisliche Attraktivität mindern, so Sieper. Zudem sei es fraglich, ob die Strategie einiger chinesischer Anbieter, das höhere Preissegment anzuvisieren, in Europa und speziell in Deutschland Erfolg haben werde.

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