Deutschland bei Arbeitszeit im EU-Vergleich weit hinten

Zu viele Arbeitsstunden oder zu langer Abstand zwischen zwei Studiengängen können das Kindergeld gefährden.
Foto: Marc Tirl/dpa-Zentralbild/dpa

Deutschland liegt bei einem EU-Vergleich der Arbeitszeit auf dem drittletzten Platz. Unter Berücksichtigung von Urlaub und Krankheit kommen Bundesbürger im statistischen Durchschnitt auf 33,2 Wochenarbeitsstunden. Weiter hinten im Ranking liegen nur Dänemark und die Niederlande. Im Spitzenfeld sind viele Länder aus Ost- und Südeuropa zu finden. In Griechenland, Bulgarien, Rumänien, Polen, Lettland und Litauen etwa liegt die Wochenarbeitszeit im Schnitt bei 38 Stunden und darüber. In die Daten des Europäischen Statistikamtes Eurostat sind hierbei die tatsächlichen Arbeitsstunden aller Beschäftigten ab 15 Jahren eingeflossen, die entweder in Teilzeit oder in Vollzeit gearbeitet haben. Bei einem Vergleich der Vollzeitbeschäftigten liegt Deutschland mit 38,8 Stunden im EU-Mittelfeld. Spitzenreiter ist Griechenland mit 41,1 Wochenstunden, Schlusslicht ist Finnland mit 37,2 Wochenstunden.

Sind die Deutschen im Vergleich zu Erwerbstätigen aus anderen europäischen Ländern also unterm Strich arbeitsunwilliger oder weniger motiviert? Diesen Schluss lassen die gezeigten Daten nicht zu. Sie basieren zwar auf dem EU Labour Force Survey (EU-LFS), einer harmonisierten Umfrage mit standardisierten Definitionen und Fragebögen für alle teilnehmenden Ländern. Hierdurch soll Vergleichbarkeit gewährleistet werden. Gleichwohl kann ein hoher Anteil an Dienstleistungsjobs, Teilzeitarbeitenden oder Mini-Jobs in einem Land kann zu niedrigeren Durchschnittswerten führen – unabhängig von der individuellen Belastung einzelner Beschäftigter. Zudem sind speziell in Deutschland Pausen- und Ruhezeiten gesetzlich streng geregelt, was die Arbeitszeiten verringert.

In Teilen lassen sich die unterschiedlichen Wochenarbeitszeiten Studien zufolge auch auf unterschiedliche Einstellungen zur Arbeit zurückführen. Demnach sind in Skandinavien oder den Niederlanden kurze, effiziente Arbeitszeiten mit viel Freizeit normal und gesellschaftlich geschätzt. In Dänemark und den Niederlanden etwa wurde das Konzept der “Flexicurity” entwickelt, das Flexibilität für Arbeitgeber mit sozialer Sicherheit für Arbeitnehmer kombiniert und flexible Arbeitszeiten ermöglicht. In Deutschland legen Berufseinsteiger ebenfalls viel Wert auf eine ausgewogene Balance zwischen Arbeit und Freizeit, wie Umfragen ergeben haben. Zugleich ist hier die in Teilzeit geleistete Arbeitszeit in der letzten Zeit merklich gestiegen, während Vollzeit-Arbeitsstunden leicht zurückgegangen sind – unter dem Strich ist die Summe aller Arbeitsstunden trotzdem fast gleich geblieben. Außerdem wird hierzulande das Arbeitsmodell einer 4-Tage-Woche breit diskutiert. In den Tarifrunden im vergangenen Herbst forderten gleich mehrere Gewerkschaften eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich. (Quelle: Statista/cw)

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