Dr. Samareh Khosravi ist Geschäftsführerin von epay, einem deutschen Zahlungsdienstleister in München, einem Tochterunternehmen des US-Konzerns Euronet. Dort steuert sie diverse Innovationsprojekte auf europäischer Ebene und leitet die Abteilungen Recht, Compliance, Risk, interne Revision und Datenschutz. Im Interview erzählt Khosravi, wie sie mit den Herausforderungen in einer männerdominierten Branche umgeht und welchen Rat sie jungen Frauen gibt.
Courage: Sie sind die erste Frau in der Geschäftsführung von epay. Wie haben Sie es geschafft, sich in einer männerdominierten Branche durchzusetzen?
Dr. Samareh Khosravi: Mein größter Vorteil war es, von Anfang an neue Wege zu gehen und Risiken einzugehen. In einer männerdominierten Branche ist es entscheidend, selbstbewusst und vor allem authentisch zu sein – und klar zu kommunizieren, wofür man steht. Generell sehe ich Herausforderungen als Ansporn. Sie bieten mir die Chance, sowohl als Führungskraft als auch als Person zu wachsen und die Branche aktiv mitzugestalten. Hindernisse sind oft das Sprungbrett zu neuen Chancen. Ich bin zwar die einzige Frau in der Geschäftsführung, aber bei epay sind fast die Hälfte der Führungskräfte Frauen, und das unterstütze ich sehr.
Was hat Sie als Juristin dazu motiviert, in die Finanz- und Payment-Branche einzusteigen?
Ich fand es immer schon spannend, wie Technologie unseren Alltag und die Wirtschaft beeinflusst. Die Payment-Branche ist ein Bereich, in dem Innovation in der Technologie schnell spürbar wird. Mein Ziel war es, juristische Expertise mit einem zukunftsgerichteten Ansatz zu verbinden und Standards aktiv mitzugestalten. Die Balance zwischen unternehmerischer Agilität und regulatorischen Anforderungen zu finden, begeistert mich bis heute.
Gab es Vorbilder, die Sie auf Ihrem Weg inspiriert haben?
Meine Mutter war und ist für mich eine große Inspiration. Sie hat mir beigebracht, dass Mut und Eigenständigkeit entscheidend sind, um als Frau erfolgreich zu sein.
Was ist Ihnen als Führungskraft im Umgang mit Ihrem Team besonders wichtig?
Empathie, Transparenz und Vertrauen sind für mich essenziell. Ich glaube daran, dass Erfolg durch eine Balance aus Freiraum und klaren Zielvorgaben entsteht. Es ist mir ist wichtig, dass meine Mitarbeitenden wissen, dass ihre Meinungen und Ideen geschätzt werden. Eine offene Fehlerkultur und transparente Entscheidungen schaffen den Raum für Innovation und persönliche Entwicklung.
Was muss getan werden, um Frauen in Ihrer Branche sichtbarer zu machen? Wie setzen Sie das selbst bei epay um?
Frauen sind in unserer Branche leider immer noch unterrepräsentiert. Ich sehe es als meine Aufgabe, eine Kultur zu schaffen, in der Frauen ihre Stärken selbstbewusst einbringen und ihre Karriereziele erreichen können. Dazu gehört, meine Mitarbeiterinnen aktiv zu unterstützen und selbst regelmäßig auf Panels und in Netzwerken präsent zu sein.
Welchen Rat würden Sie jungen Frauen geben, die eine Karriere in der Finanz- und Payment-Branche anstreben?
Mutig, sichtbar und neugierig zu bleiben! Die Branche entwickelt sich enorm schnell und bietet vielfältige Chancen, eigene Stärken einzubringen. Sucht nach Netzwerken, Mentoren und Mentorinnen, die euch unterstützen, und findet heraus, was euch Spaß macht und wie ihr eure Talente einsetzen könnt.
Welche Trends und Herausforderungen sehen Sie aktuell im Payment- und Compliance Bereich?
Die Branche ist im ständigen Wandel. Themen wie KI, alternative Zahlungsmethoden und neue Sicherheitsstandards sind zentrale Trends. Die EU wird in den kommenden Jahren weitere Standards setzen. Wir bei epay gestalten diese aktiv mit und sehen die regulatorischen Anforderungen als Chance, Vertrauen zu stärken und als verlässlicher Partner vorauszugehen.
Zum Abschluss: Was möchten Sie Frauen in Bezug auf finanzielle Unabhängigkeit mit auf den Weg geben, und wie leben Sie diese Haltung persönlich?
Finanzielle Eigenständigkeit ist für mich die Basis für persönliche Freiheit. Dieses Mindset habe ich von meiner Mutter übernommen. Frauen sollten sich unbedingt mit Finanzen und Vorsorge beschäftigen – die eigene finanzielle Zukunft in die Hand zu nehmen, lohnt sich. Ein ETF-Sparplan oder ein Aktien-Depot sind gute erste Schritte. Eine positive Einstellung zum Thema Finanzen macht den Unterschied.
Zur Person: Bevor Samareh Khosravi 2019 zu epay kam, war sie in dem französischen Luxuskonzern LVMH in der Rechtsabteilung tätig, nachdem sie ihre Karriere in einer Großkanzlei in Düsseldorf im Bereich M&A begonnen hatte.