Erholung adé: Arbeitnehmer erleben nach dem Urlaub Stress bei der Rückkehr

Gerade in den Ferienzeiten ballen sich oft die Abwesenheiten im Betrieb: Die Arbeit zu organisieren, ist dann nicht immer einfach.
Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn

Mit der Urlaubszeit kommen neue Erkenntnisse aus einer Impulsumfrage von Robert Walters, einem führenden Anbieter von globalen Talentlösungen, die aufzeigt, wie viele Berufstätige ihre Urlaubszeit von “Urlaubsstress” – die Angst vor der Abwesenheit – überschattet sehen.

Die Umfrage beleuchtet die Sorge vieler Berufstätiger, etwas zu verpassen oder nach dem Urlaub vom Arbeitspensum überrollt zu werden. Christian Meyer, Director bei Robert Walters in Berlin, kommentiert: „Mitarbeitende, die den Urlaub nicht zur vollständigen Erholung nutzen, gefährden ihre langfristige Gesundheit. Wer permanent erreichbar ist, riskiert nicht nur Burnout, sondern auch langfristige Ausfälle, die sich letztlich negativ auf die Produktivität auswirken. Es ist daher entscheidend, im Urlaub wirklich abzuschalten und neue Energie zu tanken.“

Die ständige Erreichbarkeit

Die Sorge vor einem Berg an ungelesenen E-Mails ist weit verbreitet. 34 % der Befragten geben an, ihre E-Mails im Urlaub zu checken, um auf dem Laufenden zu bleiben. Weitere 31 % wollen den Arbeitsrückstand bei ihrer Rückkehr reduzieren. Auch das Eingreifen bei dringenden Angelegenheiten ist mit 31 % ein wichtiger Grund.

In den Köpfen vieler Beschäftigter scheint der Gedanke, während des Urlaubs komplett abzuschalten, kaum noch zu existieren. Stattdessen wird die Angst, den Anschluss zu verlieren, zu einer zusätzlichen Belastung, die die Erholung schmälert.

„Apps wie Slack und MS Teams helfen dabei, die Arbeit rund um die Uhr zur Hand zu haben – das ist zwar nützlich, kann aber dazu führen, dass sich Berufstätige verpflichtet fühlen, in ihrer Freizeit ‘reinzuschauen’“, so Meyer.

Die Nervosität zum Urlaubsende?

Die Ergebnisse zeigen, dass die Angst vor der Rückkehr an den Arbeitsplatz die Berufstätigen durchaus beeinträchtigt – 42 % sprechen von Anspannung, wenn der Urlaub zu Ende geht. 38 % der Befragten fühlen sich nach einem langen Urlaub erholt und bereit für die Arbeit. Und jeder Fünfte blickt der Arbeit nach dem Urlaub auch wieder eher freudig entgegen.

Meyer ergänzt: „Die Rückkehr an den Arbeitsplatz kann bei Fach- und Führungskräften viele Ängste auslösen: Sie geraten mit wichtigen Projekten in Verzug, verpassen Informationen und Neuerungen oder werden sogar mit einem wesentlich höheren Arbeitspensum konfrontiert. Der Jahresurlaub sollte den Mitarbeitern eine Atempause und eine Chance zur Erholung bieten – er sollte nicht dazu führen, dass sie noch gestresster sind als vor ihrer Abreise.“

Von FOMO zur Angst, den Anschluss zu verlieren

FOFB („Fear of Falling Behind“) beschreibt die wachsende Sorge, im Job nicht Schritt halten zu können. In der Umfrage geben 52 % der Berufstätigen an, dass es viel einfacher ist, sich im Jahresurlaub zu entspannen, wenn ihr Team ebenfalls frei hat.  Phänomene wie „Schuldgefühle“ führen dazu, dass einige Berufstätige ihren Jahresurlaub hinauszögern, weil sie ihrem Team keine Mehrarbeit aufbürden wollen. Es ist auch die Sorge vor liegengebliebener Arbeit und die Angst vor negativem Feedback im Jahresgespräch, die ein Hindernis darstellen. Viele Mitarbeitende fürchten, im Vergleich zu ihren Kollegen zurückzufallen, wenn sie sich eine längere Auszeit nehmen.

„Nicht nur, dass Berufstätige während des Jahresurlaubs auf das Checken des Posteingangs zurückgreifen, einige zögern sogar, ihn zu buchen, weil sie befürchten, dass sie in wichtigen Projekten den Anschluss verpassen, ihre Jahresziele nicht erreichen oder zu viel Arbeit liegen bleibt“, erklärt Christian Meyer.

Betriebsruhe als Lösung?

In vielen europäischen Ländern wie Spanien und Frankreich sind die Unternehmen im Juli und August oft geschlossen. Gründe für diese „Sommerschließungen“ sind unter anderem das heiße Wetter, geplante Wartungsarbeiten und die Schulferien.

13 % der Befragten gaben an, dass sie daran interessiert wären, feste Urlaubszeiten in ihrem Unternehmen auszuprobieren. Etwa Dreiviertel (71 %) äußern die Befürchtung, dass die Einführung solcher Abschaltungen ihre Gesamtflexibilität einschränken könnte.

Christian Meyer kommentiert: „Um die Produktivität nachhaltig zu steigern, müssen Arbeitgeber dafür sorgen, dass sich ihre Mitarbeitenden im Urlaub wirklich erholen können. Zwar kann Erreichbarkeit im Urlaub je nach Hierarchieebene notwendig sein, doch sollte dies die Ausnahme und nicht die Regel sein. Eine gute Führungskraft muss nicht nur klare Vertretungsregelungen definieren, sondern auch mit gutem Beispiel vorangehen. Nur so wird in Unternehmen eine Kultur geschaffen, in der Erholungsurlaub anerkannt und aktiv unterstützt wird, was letztlich dem Wohlbefinden und der langfristigen Leistungsfähigkeit aller zugutekommt.“

Christian Meyer teilt seine besten Tipps, wie Führungskräfte ihren Mitarbeitern helfen können, ihren Jahresurlaub zu optimieren:

  1. Kommunikation: Raten Sie den Teams, ihre Urlaubspläne auszutauschen, um sich gegenseitig auf dem Laufenden zu halten. Machen Sie deutlich, dass es wichtig ist, den Jahresurlaub als Erholung einzuplanen und Urlaubstage nicht verfallen dürfen.
  2. Flexible Urlaubsregelungen: Bieten Sie anpassungsfähige Urlaubsregelungen an, die den individuellen Bedürfnissen Rechnung tragen. Wenn einigen Mitarbeitern eine Betriebsruhe im Sommer nicht passt, sollten Sie ihnen die Möglichkeit geben, während dieser Zeit remote zu arbeiten.
  3. Vorgeschriebene Übergabe: Stellen Sie sicher, dass alle Mitarbeiter vor ihrem Urlaub eine gründliche Übergabe durchführen, damit sie während ihrer Abwesenheit so wenig wie möglich erreichbar sein müssen.
  4. Passende Vertretungsregelungen: Durch Abwesenheitsnotizen oder Weiterleitung an geeignete Vertretungen für dringende Angelegenheiten können Mitarbeiter entspannter in den Urlaub gehen.
  5. Ermutigen Sie zur Urlaubsvorbereitung: Raten Sie Ihren Mitarbeitern, frühzeitig vor ihrem Urlaub detaillierte Aufgabenlisten inklusive Deadlines und wichtigen Links oder Informationen zu erstellen. Dies wird ihnen helfen, nach ihrer Rückkehr Prioritäten für ihre Aufgaben zu setzen, so dass sie ihren Workload besser bewältigen können.
  6. Verstärkte Kommunikation über das Recht auf Erholung: Schaffen Sie eine Kultur, die das Recht der Mitarbeiter auf Erholung während des Urlaubs unterstützt; dies wird dazu beitragen, dass die Mitarbeiter erholter und engagierter zurückkehren. (Quelle: Robert Walters Germany)

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