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Es muss nicht immer Tagesgeld sein

Foto: the_burtons/Getty Images
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Mehr als vier Prozent Zinsen auf Tagesgeld? Solche Lockangebote haben meist einen Haken. Viele lassen ihr Geld daher doch auf mager verzinsten Cashkonten rumliegen. Obwohl es eine lohnende Alternative gibt: Geldmarktfonds und -ETFs.

Fünf Prozent Zinsen auf Cash! Das ist ein Wort. Mit diesem Angebot kam die Oldenburgische Landesbank (OLB) im Februar um die Ecke. Da kann man schon mal die Ohren spitzen – sollte aber auch das Kleingedruckte lesen. Denn erstens gibt es den Tagesgeldzins nur für Neukunden und nur in den ersten drei Monaten. Und zweitens muss dafür auch noch ein Girokonto bei der OLB eröffnet werden -und das kostet: mindestens 6,50 Euro pro Monat. So oder so ähnlich verhält es sich meist bei verlockend hohen Tagesgeldzinsen, irgendwo findet sich ein Haken. Entweder gelten sie nur für ein paar Monate, oder es werden Gebühren für andere Finanzprodukte fällig, die uns im Paket mit dem Top-Zins untergejubelt werden.

Oder noch kritischer: Das Angebot stammt aus einem Land, in dem die Einlagensicherung nicht solide erscheint, das Geld bei einer Bankpleite also womöglich im Feuer steht. Wer beim Tagesgeld wirklich hohe Zinsen kassieren will, muss daher genau hinschauen und fast immer von Angebot zu Angebot hoppen. Am Ende begnügen sich die meisten dann doch lieber mit Magerzinsen. So bekamen Bestandskunden im Februar meist nur 1,0 bis 1,75 Prozent auf Tagesgeld. Da drängt sich die Frage auf: Gibt es nicht eine Zinsanlage, die auch sehr sicher, schnell verfügbar, aber lukrativer ist? Oft lautet die Antwort: ja. Geldmarktfonds und -ETFs können eine solche Alternative sein. Welche Papiere es gibt, was sie auszeichnet und für wen sie geeignet sind …

Was ist der Geldmarkt?

Am Geldmarkt leihen sich Unternehmen, Banken und Staaten untereinander Geld, und zwar kurzfristig: für ein Jahr vielleicht oder auch nur über Nacht. In der Eurozone orientieren sich die Zinsen dafür am Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB). 

Welche Geldmarktfonds gibt es?

Privatanlegerinnen und -anleger sind nicht direkt am Geldmarkt aktiv, können aber über Fonds und ETFs dort investieren. Aber wie funktionieren diese Papiere? Zuerst zu den klassischen Geldmarktfonds: Sie investieren ausschließlich in Geldmarktinstrumente. Welche das sind, schreibt die EU durch strenge Regeln vor. Bestimmte Zertifikate, kurz laufende Anleihen (maximal 397 Tage) oder Termingelder sind typische Beispiele. Daneben gibt es sogenannte geldmarktnahe Fonds, die nicht so streng reguliert sind und zum Beispiel auch Anleihen mit längerer Laufzeit ins Depot nehmen können. Damit lassen sich die Renditechancen steigern. Aber wie das so ist an der Börse: Eine höher Chance bedeutet auch ein höheres Risiko. Zudem ist für Privatanleger kaum zu erkennen, ob der Fonds geldmarktnah oder streng reguliert ist.

Bei den ETFs – sie fallen übrigens ebenfalls unter den Begriff „geldmarktnah“ – sieht die Sache etwas anders aus. Von physischen Aktien-ETFs wissen wir: Sie investieren in einen Index, indem sie die in ihm enthaltenen Wertpapiere kaufen. Einen „Geldmarktindex“ mit seinen verschiedenen Instrumenten gibt es aber nicht. Doch es gibt Referenzzinssätze für den Geldmarkt und zudem Indizes auf kurz laufende Anleihen, die ja auch als Geldmarktpapiere gelten. So teilt man die geldmarktnahen ETFs in zwei Kategorien ein: Die einen bilden einen Referenzzins ab, die anderen einen Anleiheindex. 

Der wichtigste Geldmarktzins im Euro­raum ist die ESTR (Euro Short Term ­Rate), die von der EZB seit Oktober 2019 täglich berechnet wird. Dahinter steckt ein Durchschnittszins für Geldmarktpapiere von großen Banken mit Übernachtfälligkeit. Mitte März lag sie bei rund 3,9 Prozent – aufs Jahr bezogen -, also deutlich über den durchschnittlichen Tagesgeldsätzen. Unsere Grafik unten zeigt, wie sich die ESTR-Zinslinie seit ihrem Start entwickelt hat und dass sie in Zeiten von Negativzinsen wie im Jahr 2020 auch unter die Nulllinie abtauchen kann. 

Da man den Zinssatz nicht einfach „kaufen“ kann, bedienen sich die ETFs, die ihn abbilden, eines Kunstgriffs. Sie kaufen Wertpapiere – in der Regel sichere Anleihen, die aber nicht zwangsläufig zum Geldmarkt gehören – und gehen mit einer Bank einen Deal ein: Die Bank bekommt vom ETF-Anbieter die Anleihe­zinsen, dafür liefert die Bank dem ETF exakt die Zinsen der ESTR. Börsianerinnen und Börsianer sprechen von einem Swap-Geschäft. Das Prinzip kennen Sie vielleicht von synthetischen Aktien-ETFs. Hier liegen im ETF-Depot – anders als bei physischen ETFs – auch nicht die Papiere des abgebildeten Aktienindex, und die Wertentwicklung wird ebenfalls von einer Partnerbank garantiert.

Jetzt zur zweiten Kategorie: denjenigen Geldmarkt-ETFs, die einen Anleiheindex abbilden. Sie kaufen tatsächlich die Bonds, die in dem Index vertreten sind, es handelt sich also um physische ETFs. Typischerweise finden sich in den ETF-­Depots Staats- oder Unternehmensanleihen von sehr soliden Schuldnern mit Laufzeiten von bis zu einem Jahr.

Was kosten die Geldmarktpapiere?

Gebühren machen den Unterschied. Diese Anlageregel trifft auch auf Geldmarktpapiere zu. ETFs sind dabei die günstigste Variante. Attraktive Papiere kosten etwa zwischen 0,10 und 0,15 Prozent pro Jahr. Aktiv gemanagte Geldmarktfonds sind oft teurer. Hier werden teils mehr als 0,20 Prozent fällig. Bei aktiven Fonds, die nicht den strengen EU-Regeln unterworfen sind und mehr Spielraum beim Anlegen haben, kann die Jahresgebühr auch schon mal ein Prozent betragen. In einigen Fällen wird zudem ein Ausgabeaufschlag (Agio) fällig. Typisch sind Werte bis zu 0,75 Prozent. Dann sollte man das Papier meiden, zumal sich viele Fonds auch ohne Agio ordern lassen.

Mit welchen Renditen ist zu rechnen?

Die ETFs streben an, eine ähnliche Rendite zu erwirtschaften wie am Geldmarkt. Megagewinne sind deshalb natürlich nicht zu erwarten. Aber mittelfristig werfen die Papiere meist mehr ab als Tagesgeld. So auch im vergangenen Jahr: Da haben die ETFs typischerweise um die 3,5 Prozent erzielt. Der durchschnittliche Tagesgeldsatz lag bei nicht mal der Hälfte. Auf ähnliche Renditen wie die ETFs können streng regulierte Geldmarktfonds kommen – aber nur, wenn die Kosten nicht zu hoch sind. Die höchsten Gewinne können theoretisch aktive geldmarktnahe Fonds erzielen, weil sie die meisten Freiheiten beim Investieren haben. Eine Garantie, dass sie das auch schaffen und damit ihre höheren Kosten rechtfertigen, gibt es allerdings nicht.

Welche Risiken bergen Geldmarktfonds?

Generell sind die Risiken bei Geldmarktfonds gering, denn sie setzen auf ziemlich sichere Papiere und sind obendrein stark diversifiziert. Falls also wirklich mal ein Emittent eines der im Fonds enthaltenen Geldmarktinvestments in Zahlungsschwierigkeiten gerät, fällt das kaum ins Gewicht. Trotzdem können Geldmarktfonds auch über Jahre Verluste einfahren, nämlich dann, wenn die Geldmarktzinsen unter den Gebühren liegen oder sogar negativ werden. So wie in der Nullzinsphase von 2016 bis 2022.

Geldmarktnahe Fonds bergen etwas mehr Verlustrisiko als klassische Geldmarktfonds, weil sie zum Beispiel auch länger laufende Anleihen kaufen können. Diese erleiden in der Regel stärkere Kursverluste, wenn das Zinsniveau steigt. Die Unterschiede sind für Privatanleger allerdings schwer zu erkennen – aber auch nicht sehr groß. Mit einer Ausnahme: Fonds, die (auch) auf Fremdwährungen wie den US-Dollar setzen, bergen deutlich mehr Risiko, weil hier die Wechselkursschwankungen voll auf die Rendite durchschlagen können.

Und die ETFs? Die Papiere auf den Referenzzinssatz sind mit zwei Risiken behaftet. Erstens könnte die Partnerbank, die die Rendite des ETF liefert, in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Dieses sogenannte Kontrahentenrisiko ist gering, und im Ernstfall hätte der ETF ja noch die sicheren Anleihen als Sicherheiten im Depot. Insgesamt ist es also sehr unwahrscheinlich, dass es dabei zu signifikanten Verlusten käme. Zweitens könnte auch hier der Geldmarktzins wieder negativ werden. Dann würden die ETFs genauso wie klassische Geldmarktfonds Verluste verbuchen. Allerdings ist dieses Szenario angesichts der heute höheren Inflation sehr unwahrscheinlich. Voraussichtlich wird die EZB die Zinsen dieses Jahr etwas senken, weil die Wirtschaft schwächelt. Aber dass die Zinsen wieder dauerhaft in die Nähe der Nulllinie fallen, damit rechnet aktuell so gut wie niemand. Falls es dennoch dazu kommt, sollten Anlegerinnen die ETFs allerdings abstoßen.

Das Gleiche gilt für ETFs, die auf Kurzläufer setzen. Denn in einer Negativzinsphase könnten auch sichere Staatsanleihen wieder negative Renditen abwerfen und so die Anleihe-ETFs ins Minus drücken. Das Kontrahentenrisiko entfällt bei diesen ETFs indes – es gibt ja keine Partnerbank. Und da diese Papiere in der Regel auf sichere Staatsanleihen setzen, ist die Gefahr eines Zahlungsausfalls bei den Investments ebenfalls äußerst gering. Unterm Strich sind die Anleihe-ETFs also sogar noch einen Tick risikoärmer als die Papiere auf den Referenzzinssatz.

Auch den Risikovergleich mit Tagesgeld müssen die ETFs angesichts des geringen Kontrahenten- und Ausfallrisikos nicht scheuen. Auf einem deutschen Tagesgeldkonto ist das Kapital bei einer Pleite der Bank übrigens nur bis 100.000 Euro pro Kunde über die gesetzliche Einlagensicherung garantiert. Wer also mehr Geld sicher anlegen will, für den sind ETFs erst recht eine ­gute Alternative. 

Wo kann ich Geldmarkt­papiere kaufen?

Die Geldmarkt-ETFs werden an der Börse gehandelt. Sie lassen sich wie Aktien-ETFs über Ihren Broker handeln. Dadurch ist das Geld auch recht schnell verfügbar, wenn es gebraucht wird. Voraussetzung ist natürlich, dass Sie bei einer Bank oder einem Onlinebroker ein Depot führen. Einige der aktiv gemanagten Geldmarktfonds sind ebenfalls über die Börse handelbar, andere nicht. Bei Letzteren ist es ratsam, zu prüfen, ob sie trotzdem über den eigenen Broker zu beziehen sind, zum Beispiel über den sogenannten Direkthandel. Wenn nicht, bleibt nur der Kauf direkt über die Fondsgesellschaft, was aber mehr Aufwand bedeutet. 

Für wen sind die Papiere geeignet?

Geldmarkt-ETFs eignen sich für diejenigen, die eine vergleichsweise sichere Geldanlage suchen und aus ihrem Cash etwas mehr Rendite herausholen wollen als mit einem Tagesgeldkonto. Ein wenig Erfahrung im Umgang mit (Aktien-)ETFs ist dabei natürlich von Vorteil. Denn man braucht ein Depot und muss die Papiere über den Broker handeln. 

Klassische Geldmarktfonds sind nur zu empfehlen, wenn deren Kosten so niedrig sind wie bei ETFs, und das ist nicht oft der Fall. Die Renditechancen sind in der Regel nämlich nicht höher als bei ETFs. Wer noch etwas mehr Rendite rausholen will und dabei auch etwas mehr Wertschwankungen verträgt, kann auf aktive geldmarktnahe Fonds setzen.

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