Ex-RTL-Chef schreibt über Nahtod-Erfahrung

Im neuen Buch von Stephan Schäfer verarbeitet der ehemalige RTL-Manager, wie ihn eine Blutvergiftung beinahe das Leben kostete. (Archivbild)
Im neuen Buch von Stephan Schäfer verarbeitet der ehemalige RTL-Manager, wie ihn eine Blutvergiftung beinahe das Leben kostete. (Archivbild) Foto: Jens Kalaene/dpa
Stephan Schäfer landete mit «25 letzte Sommer» einen Überraschungs-Bestseller. In seinem neuen Buch «Jetzt gerade ist alles gut» verarbeitet er, wie ihn eine Blutvergiftung beinahe das Leben kostete.

Hamburg (dpa) – Stephan Schäfer ist gerade der Tretmühle des Medienmanagers entronnen und freut sich auf den ersten langen Familienurlaub seit Jahren, da schneidet er sich beim Brote machen für die Reise in den Finger. Er misst der kleinen Wunde keine Bedeutung zu, doch Stunden später sind die Schmerzen und das Unwohlsein unerträglich. Er schafft es gerade noch ins Krankenhaus – das rettet ihm das Leben.

14 Tage schwebt Schäfer zwischen Leben und Tod, schildert er in seinem neuen Roman «Jetzt gerade ist alles gut»: War die Operation erfolgreich, schlägt das Antibiotikum an, verliert er doch noch seine Hand oder den Daumen? Erst nach sechs Monaten Leidenszeit steht fest: Körperlich ist der 51 Jahre alte Ex-Journalist wiederhergestellt. «Sie waren der schwerste Fall einer Sepsis, den ich je hatte», sagt der Chefarzt irgendwann zu ihm.

Schäfer wird zum Experten für diese Erkrankung. Mindestens 85.000 Deutsche sterben jährlich an den Folgen einer Blutvergiftung. Sepsis ist damit nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs die dritthäufigste Todesursache. Und die Dunkelziffer ist hoch, da Ärzte die Gefahr häufig nicht oder zu spät erkennen.

Abrupter Stopp auf dem Weg in ein neues Leben

Für den in Hamburg lebenden Autor, der nach einer langen Journalistenkarriere bei Springer und Gruner und Jahr bis zum Chef des RTL-Konzerns aufstieg, ehe er 2022 seinen Posten verlassen musste, ist die Nahtod-Erfahrung ein abrupter Stopp auf dem Weg in sein neues Leben. Gerade hat Schäfer doch noch sein erstes Buch «25 letzte Sommer» veröffentlicht, das seit 60 Wochen auf der «Spiegel»-Bestsellerliste steht, nun kämpft er um sein Leben.

«Die Angst kam erst später, als ich das Ausmaß meiner Erkrankung begriffen habe», sagt Schäfer im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Im Krankenhaus habe ihm diese Angst anfangs gefehlt. Er habe jedoch einen einzigen Wunsch verspürt: «Wenn ich doch einfach wieder Alltag haben könnte!»

Die Erfahrung, mit gerade 50 an der Schwelle zum Tod zu stehen, habe bei ihm einen noch radikaleren Perspektivwechsel ausgelöst als sein Ausstieg aus der Topmanager-Etage, sagt Schäfer. Und so reiht er in «Jetzt gerade ist alles gut» auch viele besondere Begegnungen aneinander.

Es sind für den Ich-Erzähler erfreuliche und weniger erfreuliche. Die Krankenschwester aus dem Krankenhaus, die ihm einen Rilke-Gedichtband schenkt, ist eine positive. Der Freund, der ihn ohne Begründung ignoriert, das genaue Gegenteil.

Berührende Zwischenbilanz eines halben Jahrhunderts Leben

Schäfers Buch gerät so zu einer unterhaltsamen, gelegentlich betulichen, gleichwohl berührenden Zwischenbilanz eines halben Jahrhunderts Leben. Ausgehend von der plötzlichen Ohnmachtserfahrung des sportlichen, sich gesund ernährenden Menschen, der sich nicht mehr auf seinen Körper verlassen kann.

Ein Schicksal, mit dem sich viele in einer alternden Gesellschaft identifizieren können. Immer wieder kämen, sagt Schäfer, bei seinen Lesungen Menschen mit ihren Lebens- und Leidensgeschichten auf ihn zu. Aber er stellt klar: «Ich habe keinen Ratgeber geschrieben. Keine zehn Wege zum Glück.»

Wenn sein Buch dagegen Denkanstöße liefere für viele, dann mache ihn das zufrieden. «Ich schreibe, wie ich auch lebe. Ich bin einer von den Vielen», beschreibt er seine Erfolgsformel.

Urteil des Umfelds wichtiger als die professionelle Kritik

Zum Schreiben geht er ins Café. «Ich brauche Menschen um mich herum, muss Kontakt spüren.» Schon während seines Schreibprozesses lässt er fünf Menschen aus seinem Umfeld mitlesen, darunter ein Freund, eine Krankenschwester und seine Familie. Deren Urteil sei für ihn wichtiger als das der professionellen Kritik.

Denn im Netz überwiegen zwar die positiven, teilweise begeisterten Kritiken, in den Medien dagegen gibt es auch harte Urteile. Ausgerechnet im «Stern» aus Schäfers altem Verlag heißt es: «Achtung, dieses Buch enthält 33 Würfel Zucker», also ungefähr so viel wie ein Liter Cola. Schäfer sagt, er lese keine Kritiken. Negative Sätze trage man als Autor und Mensch unfreiwillig jahrelang mit sich herum. Ihn interessiere die positive Veränderung: «Innovation beginnt mit Empathie.»

So ist Schäfers zweiter Roman wieder zu einem Mutmacher geraten. Ähnlich wie für «25 letzte Sommer», in dem er die Erdung des gestressten Managers (Schäfer) durch einen buchstäblich bodenständigen Freund schildert, der Kartoffelbauer ist, gibt es auch für «Jetzt ist gerade alles gut» Filmpläne. Die Dreharbeiten zum Erstling sollen laut Schäfer bereits nächsten Sommer beginnen. Wahrscheinlich braucht Deutschland das gerade – ein Antibiotikum gegen Verdrossenheit und miese Stimmung.

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