Feiertage allein? Wie Sie Weihnachten zu Ihrem Fest machen

Auch allein kann man die Feiertage gut verbringen - und sich auch beschenken, etwa mit Dingen, die einem guttun.
Auch allein kann man die Feiertage gut verbringen - und sich auch beschenken, etwa mit Dingen, die einem guttun. Foto: Christin Klose/dpa-tmn
Die Familie unterm Baum: das ist das klassische Bild, das wir mit Weihnachten verbinden. Geht es auch allein? Ob unfreiwillig oder selbst gewählt: So lassen sich die Feiertage individuell gestalten.

Hamburg/Bad Brückenau (dpa/tmn) – Weihnachten gilt für viele als das Fest der Liebe, das Fest der Familie. «Driving home for Christmas» heißt es in dem Klassiker. Doch was, wenn es da niemanden gibt, zu dem man fahren könnte oder der einen besuchen kommt? Oder wenn es zwar Familie gibt – man die Feiertage aber lieber nicht in deren Gesellschaft verbringen würde? 

Hier zeigt sich bereits, dass allein und einsam nicht das Gleiche sind. Aber wer etwa allein lebt und sich ohnehin einsam fühlt, leidet darunter an Weihnachten womöglich besonders stark. Da können einem sehr gemeine Dinge durch den Kopf gehen: «Ich bin allein, mich mag keiner: Solche Gedanken können wir nicht verhindern – und gleichzeitig können wir lernen, damit umzugehen», sagt die Hamburger Psychologin Diana Huth. 

Weihnachtsfeiertage als geschenkte freie Zeit sehen

Einsamkeit ist eine subjektive Empfindung, Alleinsein ein objektiver Zustand: Das eine beschreibt, das einem etwas fehlt, das andere nur, dass niemand andres da ist – und das muss kein Mangel sein, im Gegenteil: Man muss mit niemandem Kompromisse darüber eingehen, wie diese Zeit gefüllt wird. Ob ein Winterspaziergang, ein Wellness-Tag zu Hause, kulinarische Experimente oder anfangen, eine Sprache zu lernen – der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. 

«Ich muss mich nicht an die Traditionen anderer anpassen», sieht Huth als Vorteil am Feiern allein. Man könne Weihnachten zu seinem Weihnachten machen. «Ich kann ganz allein bestimmen, welchen Baum ich habe, ob ich überhaupt einen Baum habe, was ich essen und trinken möchte und ob ich in die Kirche gehe oder nicht», so die Psychologin. Und wenn man am liebsten die neue Lieblingsserie an einem Tag durchsehen möchte, ist das auch in Ordnung. 

Huth sieht in einem Weihnachtsfest allein die Chance, dass eine innere Ruhe einkehren kann. Schließlich hetzen viele im Alltag von einem Termin zum nächsten. «Bevor ich Weihnachten zu einem weiteren stressigen Ereignis mache, kann ich auch sagen: Ich bin einfach mal für mich». 

Es kann also auch eine Gelegenheit sein, sich um sich zu kümmern, sich auch mit Gefühlen, Wünschen und Bedürfnissen zu beschäftigen: «Man sollte in sich spüren und sich fragen, was einem guttun könnte», sagt Elke Overdick, Diplom-Psychologin und Business-Coach in Hamburg. Das können Aktivitäten sein, «ich kann die Zeit aber auch ganz für mich nutzen – das Fernsehprogramm an Weihnachten ist meist supergut. Oder ich klebe zu schöner Musik endlich einmal Fotos ein».

Weihnachten freiwillig allein feiern: wie man es kommuniziert

Für Huth ist es deswegen auch vollkommen legitim, sich bewusst für ein Weihnachtsfest allein zu entscheiden – auch, wenn man eigentlich eine Familie hat, die man besuchen könnte. «Wer Familie hat, fühlt sich manchmal verpflichtet, gemeinsam zu feiern», so die Psychologin, «und da fällt es schwer, zu schauen: Will ich das eigentlich?».

Das ist aus ihrer Sicht das Wichtigste überhaupt: herauszufinden, was man selbst wirklich vom Weihnachtsfest möchte. Wer zu dem Ergebnis kommt, Weihnachten gern allein zu feiern, kommuniziert das am besten offen und frühzeitig der Familie. «Nicht erst einen Tag vorher und nicht scheinheilig sagen, dass es einem nicht gut geht», rät Huth. 

Um Kränkungen zu vermeiden, sind außerdem Ich-Botschaften ratsam, also etwa: «Ich merke, ich habe jetzt so viele Jahre mit euch gefeiert und würde gern etwas anderes ausprobieren – dies ist keine Entscheidung gegen euch, sondern eine Entscheidung für mich und neue Erlebnisse», so Huth. 

Was bei akuter Einsamkeit an Weihnachten hilft

Doch was, wenn man sich vertan hat und die Feiertage allein doch nicht genießen kann – oder eben von vornherein unfreiwillig allein ist und die Einsamkeit trotz der geplanten Aktivitäten laut an die Türe klopft? 

Wer seine Emotionen gut regulieren kann, lässt sich von akuter Einsamkeit weniger stark vereinnahmen. Das geht Huth zufolge zum Beispiel durch Bemerken und Benennen: «Ich beobachte gerade, dass ich mich einsam fühle» – und das heißt, ich bin nicht das Gefühl, denn dann könnte ich es ja nicht von außen beobachten. Diese Sicht macht deutlich, dass das Gefühl auch wieder gehen wird. «Und dann hat das ursprünglich geplante Weihnachtsprogramm wieder mehr Raum.»

Apropos Programm: Fast überall gibt es rund um Weihnachten nicht nur Gottesdienste, sondern auch Konzerte und andere Veranstaltungen, wo man «unter Leute» gehen kann. Und wer möchte, kann «beispielsweise Menschen einladen, die in einer ähnlichen Situation sind», sagt Elke Overdick. Mit anderen vernetzen, die rund um das Jahresende nicht allein sein mögen, das geht auch über Plattformen wie etwa «Keinerbleibtallein.de». 

Oder man bietet zu den Feiertagen ehrenamtliche Hilfe an, etwa bei der Bahnhofsmission. Und: «Oft hilft es einem selbst ja auch, wenn man anderen eine Freude macht. Und wenn ich einfach nur meiner Nachbarin ein paar selbst gebackene Kekse vor die Tür stelle», so Overdick. 

Und: Wenn es emotional dennoch schwierig wird, kann ein Gespräch helfen. Auch an Feiertagen ist die Telefonseelsorge rund um die Uhr unter 0800 1110111 / 0800 1110222 oder 116 123 ereichbar.

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