Berlin (dpa/tmn) – Es klingt paradox, aber: Wer viel Strom verbraucht, kann kräftig sparen. Möglich ist dies mit dynamischen Stromtarifen. Oft sind mehrere Hundert Euro im Jahr drin, wie Berechnungen des Ratgeberportals Finanztip zeigen. Doch eins nach dem anderen.
Was genau sind dynamische Stromtarife?
Der Strompreis besteht aus einem Grundpreis und einem Arbeitspreis. Dieser Arbeitspreis fällt für jede verbrauchte Kilowattstunde Strom an. Bei dynamischen Stromtarifen richtet sich der Arbeitspreis stündlich nach dem Börsenstrompreis – ab dem 1. Oktober soll er laut Finanztip voraussichtlich sogar viertelstündlich abgerechnet werden.
Was der Strom am Ende kostet, hängt bei diesen Tarifen also auch davon ab, wann man ihn nutzt. «Erfahrungsgemäß sind morgens und abends teure Stunden, wenn in den Privathaushalten viel Strom verbraucht wird», erklärt Benjamin Weigl, Energieexperte des Portals. «Wer seinen Stromverbrauch flexibel gestaltet, kann auf der Stromrechnung sparen.»
Flexibilität lohnt sich – was heißt das genau?
Eine aktuelle Beispielrechnung von Finanztip zeigt: Wer sein Elektroauto konsequent in günstigen Zeiten lädt, spart mit einem dynamischen Tarif 300 Euro im Jahr.
Dabei ist die Annahme, dass das E-Auto 15.000 Kilometer pro Jahr fährt und 20 Kilowattstunden (kWh) pro 100 Kilometer benötigt, also insgesamt 3.000 kWh Strom pro Jahr verbraucht. Wer ein günstiges Ladefenster erwischt und dadurch durchschnittlich zehn Cent pro kWh einspart, landet laut Finanztip insgesamt bei der besagten Ersparnis.
Die Börsenstromtarife sind jedoch nicht für jeden sinnvoll – denn manche große Haushalte können ihren Stromverbrauch nicht flexibel gestalten und in günstigere Zeiten verschieben. Für sie überwiegt laut Weigl dann das Risiko hoher Börsenstrompreise. «Im Vergleich zu einem herkömmlichen Stromtarif lohnt sich ein dynamischer Tarif nur, wenn man es schafft, den Großteil des Verbrauchs in günstige Preisslots zu verschieben», sagt er. Außerdem gibt es für die Nutzung eine Grundvoraussetzung.
Welche Voraussetzung gibt es?
Um von einem dynamischen Stromtarif zu profitieren, muss der Haushalt über ein Smart Meter verfügen – also über einen intelligenten, digitalen Stromzähler, der den tatsächlichen Energieverbrauch misst und die Daten an einen Messstellenbetreiber oder Energieversorger übermittelt.
Bis Ende 2025 sollen rund 928.000 Haushalte mit so einem Smart Meter oder intelligenten Messsystem ausgestattet werden, schreibt Finanztip und bezieht sich auf Angaben der Bundesnetzagentur. Demnach sollen in den kommenden Jahren nach und nach diese Messgeräte verpflichtend bei rund 4,6 Millionen Haushalten in Deutschland eingebaut werden. Diese Pflicht besteht für Haushalte, die etwa eine Wallbox, eine Wärmepumpe oder einen Stromspeicher nutzen und einem hohen Stromverbrauch von über 6.000 kWh pro Jahr haben.
Wie passt man den besten Zeitpunkt zum Stromverbrauch ab?
Wer einen dynamischen Strompreis nutzen will, dem empfiehlt Weigl: Intelligente Steuerungen oder Apps zu nutzen, die den Stromverbrauch in besonders günstige Phasen verlagern. «So lassen sich die Wärmepumpe oder das Laden eines E-Autos optimal timen.» Alternativ zeigen viele Stromanbieter bereits nachmittags die Strompreise für den kommenden Tag in einer App oder im Kundenportal an. So kann man den Verbrauch darauf abstimmen.
Suche nach Tarifen – worauf sollte ich achten?
Seit 2025 sind alle Stromversorger in Deutschland verpflichtet, ihren Kunden mindestens einen dynamischen Stromtarif anzubieten. Wer so einen Tarif sucht, kann dafür Vergleichsportale nutzen.
Benjamin Weigl rät dabei, unter anderem auf Folgendes zu achten: Die Gebühren sollten offen genannt werden und der Vertrag sollte eine kurze Mindestvertragslaufzeit von höchstens einem Monat haben.
So können Verbraucher den Tarif ohne großes Risiko auszuprobieren. Denn: «Damit hat man die Chance, kurzfristig aus dem Tarif herauszusteigen und wieder in einen Tarif mit festem Preis zu wechseln», so Weigl.
Finanztip hat bundesweit 20 verfügbare, dynamische Stromtarife verglichen, die diese Kriterien erfüllen. Auch wenn der Börsenpreis für den Strom gleich ist, unterscheiden sich die Kosten der Anbieter deutlich – bei einem Verbrauch von etwa 5.000 Kilowattstunden liegen sie zwischen 110 und 290 Euro pro Jahr. Am Ende der Analyse konnten 4 der 20 Tarife Finanztip überzeugen:
- SimplyDynamic von Ostrom
- Volkswagen Naturstrom Flex
- naturstrom smart
- dynamicOctopus von Octopus Energy
Kann ich mit so einem Tarif Geld verdienen?
Manche Anbieter werben damit, dass Verbraucher mit dynamischen Stromtarifen sogar Geld verdienen können, wenn sie den Strom in besonders günstigen Stunden nutzen. Das ist laut Finanztip aber erst bei stark negativen Börsenpreisen möglich – also ab etwa minus 18 Cent pro kWh. «Auch wenn manche Anbieter damit werben – das kommt eher selten vor, etwa an sehr sonnigen Wochenenden im Sommer», so die Einschätzung von Weigl.