Petra Schmidt ist seit 2023 Mitglied der Geschäftsleitung der Schunk GmbH und innerhalb der Unternehmensleitung der Schunk Group als COO für die Division Machinery & Equipment zuständig. Die zweifache Mutter und neue Generation-CEO-Netzwerkerin regt an, zu hinterfragen, warum Berufe, in denen überwiegend Frauen tätig sind, schlechter bezahlt werden als Berufe, in denen überwiegend Männer arbeiten.
Courage hat bereits hier über das Netzwerk Generation CEO e.V. und den Auswahlprozess berichtet. In den kommenden Wochen stellen wir Euch alle 13 Top-Managerinnen in einer Serie vor – jeweils am Freitag!
Courage: Frauen wird oft unterstellt, dass sie sich einen technischen Studiengang nicht zutrauen und deshalb keine MINT-Fächer studieren. Und tatsächlich beginnen in Deutschland junge Männer eher sachbezogene, Frauen eher menschenbezogene Studiengänge. Trauen sich Frauen tatsächlich nicht und müssen deswegen ermutigt werden? Und wie klappt das?
Petra Schmidt: Meine Erfahrung ist leider, dass sich Frauen auch bei vielen anderen Themen weniger zutrauen als Männer, nicht nur wenn es um technische Studiengänge geht. Ich denke, dass immer, wenn man bei etwas in der starken Minderheit ist, man mehr Mut und Energie braucht, als wenn man Teil der großen Mehrheit ist. Vorbilder aus dem näheren Umfeld, aber auch aus Film, Literatur und Öffentlichkeit, können dabei helfen, Anfangshürden zu überwinden. Und ja, positiver Zuspruch egal von wem, stärkt das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Das kann jeder und jede machen.
Eine Studie im führenden Wirtschaftsjournal „Science“ kommt zu dem Ergebnis, dass je fortschrittlicher die Länder bei der Gleichstellung sind, desto grösser ist der Geschlechterunterschied bei der Berufswahl. Das würde eher darauf hindeuten, dass es je nach Geschlecht unterschiedliche Interessen und Neigungen gibt. Stimmen Sie zu?
Ich kenne die Studie nicht und kann sie deshalb auch nicht entsprechend kommentieren. Die Streuung an Interessen und Neigungen innerhalb eines Geschlechts ist ja ebenfalls extrem groß. Viele Studien deuten aber darauf hin, dass das soziale und gesellschaftliche Umfeld eine sehr große Rolle bei der Entwicklung spielt. Meiner persönlichen Meinung nach ist das, was wir heute in der Arbeitswelt sehen, viel stärker durch gesellschaftliche Rahmenbedingungen geprägt als durch unterschiedliche Interessen.
Frauen wählen zu einem großen Teil immer noch Berufe, in denen weniger verdient wird. Der (unbereinigte) Gender Pay Gap 2023, in dem die absoluten Bruttostunden-Verdienste ins Verhältnis zueinander gestellt werden, betrug 18 Prozent. Wie hoch ist die Aussagekraft?
Das Gender Pay Gap wird durch viele Studien bestätigt, und auch dass es nach der Bereinigung um verschiedene Faktoren immer noch vorhanden ist. Diese Aussage lässt sich leider nicht wegdiskutieren. Wenn Sie andeuten, dass Frauen vielleicht die „falschen“ schlecht bezahlten Berufe wählen, dann wird das der Sache aus meiner Sicht nicht gerecht. Wir sollten uns eher fragen, warum Berufe in unserer Gesellschaft, in denen überwiegend Frauen tätig sind, systematisch schlechter bezahlt werden als Berufe (auch mit vergleichbarem Ausbildungsniveau), in denen überwiegend Männer arbeiten. Und was wir dagegen tun können.
Karrieresprünge und Lohnsprünge werden für Frauen ab Anfang 30 seltener, was auch daran liegt, dass Frauen im Laufe ihres Erwerbslebens familienbedingt ihre Karriere unterbrechen. Ist eine längere Elternzeit schlecht für die Karriere? Können es sich Frauen tatsächlich leisten, sich in ihren 30er Jahren ein paar Jahre aus dem Berufsleben zu verabschieden?
Es wäre aus meiner Sicht interessant zu erfahren, ob es bereits vor einer Elternzeit zu weniger Karrieresprüngen und geringeren Lohnsprüngen kommt, allein aus der Annahme heraus, dass eine Frau potenziell in Elternzeit gehen wird. Manche Frauen fragen sich, ob sie überhaupt die nächste Stufe erklimmen sollen, da sie sich vielleicht in näherer Zukunft Kinder wünschen, und Arbeitgeber tun das gleiche andersherum. Leider habe ich in meinem Umfeld durchaus erlebt, dass Frauen nach einer Elternzeit in ihrer Karriere ausgebremst wurden. In unserer heutigen Arbeitswelt würde ich deshalb tatsächlich Frauen, die Karriere machen wollen, dazu raten möglichst kurz Elternzeit zu machen. Aus meiner Sicht müsste das aber nicht so sein. Wer später eingeschult wurde und deshalb ein Jahr älter ist, hat ja auch keine schlechteren Karrierechancen. Es spiegelt vielmehr den aktuellen Stand wider, wie wir mit der Elternzeit von Frauen in der Gesellschaft umgehen und wie offen wir ihnen danach wieder die Möglichkeit zur weiteren Karriere geben.
Zur Person: Dr. Petra Schmidt studierte Physik am Karlsruher Institut für Technologie und an der Ecole Polytechnique in Paris. Anschließend promovierte sie in Betriebswirtschaftslehre, ebenfalls am Karlsruher Institut für Technologie. Danach war Petra Schmidt zwölf Jahre für die Firma Zeiss in verschiedenen Positionen tätig. Schwerpunkte waren unter anderem die Strategie und die Integration von akquirierten Unternehmen – auch im internationalen Umfeld. Ebenso war sie für den Bereich der industriellen Röntgentechnik im Bereich Industrial Quality Solutions verantwortlich. Seit Dezember 2023 ist die zweifache Mutter Mitglied der Geschäftsleitung der Schunk Group und verantwortet dort die Division Machinery & Equipment.