Frauen in Führung: Mirjam Mohr

Foto: Miriam Mohr © Interhyp/ Andreas Pohlmann
Foto: Miriam Mohr © Interhyp/ Andreas Pohlmann

Mirjam Mohr ist Vorständin der Interhyp AG. Sie verantwortet das Privat- und Partnergeschäft an über 100 Standorten – mit einem klaren Fokus auf Kundennähe, Effizienz und Transformation. Nach Stationen bei Goldman Sachs und Unicredit verbindet sie analytische Stärke mit Führungsqualität. Für sie ist sichtbare Führung kein Ziel, sondern Haltung – und beginnt mit einer klaren Positionierung.

Was bedeutet für Dich Female Empowerment in einer Führungsposition?

Ich war immer eine von wenigen Frauen – im Mathematikstudium, in der Investmentbank und auch einige Zeit als einzige weibliche Vorständin neben vier männlichen Kollegen bei der Interhyp Gruppe. Mittlerweile sind wir hier zu zweit und 50/50 im Vorstand – es tut sich etwas bei Frauen in Führungspositionen! Gleichzeitig gibt es in den meisten Unternehmen noch viel Luft nach oben.

Für mich persönlich bedeutet Empowerment, für mich und meine Themen einzustehen, meine Bedürfnisse zu erkennen und zu formulieren sowie selbstbestimmt und unabhängig zu leben. Meine persönlichen Erfahrungen in einer männerdominierten Branche spornen mich an, andere Frauen zu empowern, ihren eigenen Weg zu finden und auszuprobieren – mutig zu sein, Fehler zu machen und daraus zu lernen. Eine individuelle Passion zu finden. Deshalb engagiere ich mich leidenschaftlich für die Chancengleichheit der Geschlechter, insbesondere in der Führung und der Vermögensbildung. Regelmäßig spreche ich über diese Themen auf Veranstaltungen, in der Presse, auf LinkedIn, in internen Runden bei der Interhyp, im privaten Umfeld sowie in Frauenförder- und Mentoringprogrammen – denn Dialog schafft Bewusstsein. 

Female Empowerment bedeutet für mich auch, anderen Frauen durch das Sichtbarmachen positiver Vorbilder und durch kontinuierliche Kommunikation zu zeigen, dass sie genauso erfolgreich sein können wie ihre männlichen Kollegen. Das Thema „weibliche Führungskräfte“ muss endlich normal werden. Frauen bringen frische Denkansätze und Kreativität in die Führung von Menschen ein – davon können Unternehmen nur profitieren.

Wie hast Du Deine persönliche Positionierung als Führungspersönlichkeit entwickelt, und welche Strategien waren dabei entscheidend?

Ich habe viele wertvolle Erfahrungen gesammelt – in Deutschland und im Ausland. Im Mathematikstudium habe ich die unbestechliche analytische Denkweise erlernt, während meines Masterstudiums in Mailand und im Investmentbanking bei Goldman Sachs die Basics im Banking, bei der Hypovereinsbank/Unicredit die Arbeit in einer internationalen Konzernstruktur und seit einigen Jahren im Vorstand der Interhyp Gruppe die Führung und Entwicklung von dezentralen Vertriebsmodellen.

Ich mag es generell, mich ständig herauszufordern und mich in neue Themen einzuarbeiten. Dabei helfen mir die Methoden der Mathematik: Bei einem Problem schneide ich zunächst die bekannten und einfacheren Teile des Problems weg und löse dann den Kern des Problems, der zum Schluss übrig bleibt. Meine Erfahrungen, verbunden mit echtem Interesse für Menschen und deren Entwicklung, Entscheidungsfreude, Umsetzungskraft sowie Freude an klarer Kommunikation, machen mich als Führungspersönlichkeit aus. Ich versuche immer, authentisch zu sein und bei mir zu bleiben. Meinen Teams versuche ich, Konsistenz, Zuversicht und Klarheit vorzuleben. In einer sich schnell wandelnden Welt halte ich das für sehr wichtig.

Welcher Moment in Deiner Karriere hat Deine Sicht auf Leadership am stärksten geprägt?

Es war nicht ein bestimmter Moment, sondern eine Vielzahl inspirierender Führungskräfte, Begleiter und Schlüsselmomente, die mich geprägt haben – durch positive Beispiele, aber auch durch Führungsverhalten, das ich persönlich vermeiden möchte. 

Ich erinnere mich an ein Seminar, in dem eine Person auf dem Boden lag und die andere die Aufgabe hatte, die am Boden liegende Person zum Umdrehen zu bringen. Ohne zu sprechen und ohne sie zu berühren. Die Lösung war: sich hinzulegen und es vormachen. In diesem Schlüsselmoment habe ich die Bedeutung von Vorbild und Vorleben gelernt.

Da war zum Beispiel das Assessment Center, das meine persönliche Ergebnisorientierung und die Bedeutung davon in meiner Führungsarbeit sehr klar herausgearbeitet hat.

Dann habe ich durch die Begleitung eines tollen Coaches die Bedeutung individueller, persönlicher Motivatoren verstanden. Ich habe meine eigenen Motivatoren erkannt (mein wichtigster ist Unabhängigkeit) und versuche, mit diesem Konzept ein relevantes Führungsangebot für meine Teams zu entwickeln. Ich lerne täglich durch Feedback meiner Teams, durch die Arbeit mit Mentees und deren Rückkopplung sowie durch Networking mit interessanten Männern und Frauen. Eigentlich würde ich sagen, dass ich als Führungskraft noch nicht fertig bin – wahrscheinlich ist man das nie! 

Welche Impulse und Ratschläge möchtest Du Frauen geben, die sich in Führungspositionen etablieren oder diese anstreben?

Die Voraussetzung für Erfolg in der Führung: Man muss Menschen mögen. Klare Ziele, eine resiliente innere Haltung, eine gewisse Unabhängigkeit, Mut, Selbstreflexion und Kreativität helfen auf dem Weg in eine Führungsposition. Dabei kann eine gute Mentorin oder ein Mentor eine große Stütze und Inspiration sein. Mit ihnen lassen sich individuelle Karriereziele diskutieren und wertvolle Kontakte knüpfen, die im Berufsleben entscheidend sein können. Also einfach einmal auf interessante Vorbilder zugehen und fragen, ob sie oder er bereit ist, eine Mentoring-Begleitung zu übernehmen. Mut wird meistens belohnt. Dialog und Netzwerke übrigens auch.

Ich rate dazu, persönliche Ziele gegenüber Führungskräften und im Unternehmen klar und selbstbewusst zu formulieren. Sich hinstellen und sagen: „Das möchte ich erreichen – ich bin kompetent und ich kann das!“ #schnapptEuchdieVerantwortung 

Was treibt Dich persönlich an, optimistisch und offen für Neues zu bleiben – auch in Zeiten des Wandels?

Ich versuche immer, mir selbst treu zu bleiben und nach meinen inneren Werten zu handeln. Außerdem konzentriere ich mich stark auf die Dinge, die ich beeinflussen kann – meinen Circle of Influence. So fokussiere ich meine Energie. Energiebringern gebe ich Raum, Energieräuber versuche ich zu vermeiden. Auch aus stärkenden Netzwerken und menschlich wertvollen persönlichen Begegnungen ziehe ich mir neue Perspektiven und Herangehensweisen für herausfordernde Themen.

Generell bin ich eine „Macherin“, versuche Probleme schnell zu lösen und Entscheidungen zu treffen. Das hilft mir, mutig auch schwierige Projekte anzupacken. Dieses Jahr habe ich mir außerdem zum Motto gesetzt: „Put more life into life.“ Kleine Auszeiten noch bewusster genießen, einen Gang runterschalten. Das gelingt z. B. ganz wunderbar mit meinen Lieblingsmenschen beim Wandern in den Bergen.

Quick-Fire-Round – Leadership & Finanzen 

Zum Abschluss jedes Gesprächs gibt es einen kurzen, spielerischen Austausch, um persönliche Einblicke in die Führungs- und Finanzperspektive zu ermöglichen: 

Eine Finanz-App oder ein Tool, auf das Du nie verzichten würdest?

Ich bin ein großer Fan von Finanztip. Vor allem die ausführlichen Vergleiche zu allen relevanten Finanzprodukten finde ich sehr hilfreich. 

Welche Investition hat sich für Deine Karriere am meisten gelohnt?

Mein Masterstudium in Mailand an der Bocconi war inhaltlich die Grundlage für meine Karriere in der Finanzbranche. Menschlich war es ein wertvolles Jahr mit tollen Kommilitonen aus der ganzen Welt – Freundschaften, die bis heute halten.

Ein Buch, das Du jeder Frau ans Herz legen würdest? 

Da hätte ich mehrere: How to Own the Room: Women and the Art of Brilliant Speaking von Viv Groskop. Oder Dare to Lead von Brene Brown. Auch Lean In von Sheryl Sandberg. Und mit einem Augenzwinkern: How to Be Successful Without Hurting Men’s Feelings von Sarah Cooper.  

Ein Motto, das Dich durch den Tag trägt?

Packen wir’s an – es könnte auch richtig gut werden! 

 

 

© Mica Wintermayr

Zur Person: Christiane Wolff ist eine der profiliertesten Expertinnen für strategische Kommunikation und CxO-Positionierung im deutschsprachigen Raum. Seit über zwei Jahrzehnten begleitet sie Persönlichkeiten aus Vorstand, Geschäftsführung und Aufsichtsrat dabei, ihre Führungsrolle auch kommunikativ sichtbar und wirksam zu machen. Ihre Spezialität: Klarheit schaffen – in Botschaften, Rollen und Haltung. Mit ihrem feinen Gespür für Menschen, Markt und Medien stellt sie die entscheidenden Fragen und sorgt dafür, dass Führungspersönlichkeiten mit Substanz, Relevanz und Haltung überzeugen – intern wie extern. Für sie ist Positionierung kein Buzzword, sondern Führungswerkzeug im Zeitalter von Transformation und Haltung. In ihrer Interviewreihe für Courage rückt sie von nun an Frauen in Führungspositionen ins Rampenlicht. 

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