Unternehmen setzen auf flache Hierarchien, es zählen Teamarbeit und demokratische Denkansätze – Werte, die oft mit FEMALE LEADERSHIP in Verbindung gebracht werden.
In den vergangenen Jahren hat sich der Stil in Wirtschaft und Politik grundlegend verändert. Während frühere Führungspersönlichkeiten oft Distanz zu ihren Mitarbeiterinnen hielten, stehen heute Empathie, soziale Kompetenz und Feingefühl im Mittelpunkt. Besonders weibliche Führungskräfte überzeugen durch ihre Fähigkeit, auf die Bedürfnisse ihres Teams einzugehen und eine respektvolle, offene Arbeitsatmosphäre zu schaffen. Moderne Entscheiderinnen begegnen ihren Teams mit Wertschätzung und reagieren flexibel auf neue Herausforderungen. Dieser Wandel ist nicht nur in der Wirtschaft sichtbar, sondern prägt zunehmend auch die politische Landschaft und gesellschaftliche Strukturen.
Frauen in Führungspositionen integrieren demokratische Prinzipien in Unternehmen, indem sie bewusst auf kooperative, beziehungsorientierte und partizipative Führungsstile setzen. Studien belegen, dass weibliche Führungskräfte verstärkt Konsens anstreben, Mitbestimmung fördern und dezentrale Entscheidungsstrukturen bevorzugen. Sie beziehen ihre Angestellten aktiv in Entscheidungen ein, schaffen einen Ausgleich von Interessen und legen besonderen Wert auf Transparenz sowie Empathie im Umgang mit ihren Teams.
Darüber hinaus zeigen weibliche Leader eine höhere Bereitschaft zu emotionaler Agilität, Selbstorganisation und transformationeller Führung. Diese Eigenschaften ermöglichen es ihnen, traditionell „weibliche“ und „männliche“ Qualitäten flexibel zu kombinieren und situationsabhängig einzusetzen – und sie tragen zu einer offenen Unternehmenskultur bei, in der Vielfalt und Innovation nachhaltig gefördert werden. Ein weiterer Faktor: Frauen lösen Konflikte oft durch Interessenausgleich und Dialog, statt auf autoritäre oder direktive Maßnahmen zurückzugreifen. In frauendominierten Teams werden Macht und Führung häufig dezentral organisiert, was demokratische Strukturen zusätzlich stärkt.
Durch diese vielfältigen Ansätze gelingt es Frauen, demokratische Prinzipien langfristig in Unternehmen zu verankern und so sowohl das Betriebsklima als auch die Gesamtleistung der Organisation zu fördern. Mit Erfolg: Laut der McKinsey-Studie „Diversity Wins: How Inclusion Matters“ aus dem Jahr 2020 sind Unternehmen, in deren Führungsteams der Frauenanteil bei über 30 Prozent liegt, um 21 Prozent profitabler als Firmen mit geringerer Diversität. Zusätzlich offenbart die Analyse, dass solche Unternehmen oft auch bessere Ergebnisse im Bereich Nachhaltigkeit und Klimabilanz erzielen.
Hierzulande sind Frauen in Führungspositionen nach wie vor unterrepräsentiert – doch es zeichnen sich zumindest positive Tendenzen ab. Laut einer Studie der Wirtschafts- und Unternehmensberatung EY saßen im Januar dieses Jahres 136 Frauen in den leitenden Gremien der 160 Dax-, MDax- und SDax-Konzerne, 14 mehr als vor einem Jahr. Damit ist fast jedes fünfte Vorstandsmitglied eine Frau. 35 Prozent der im Jahr 2024 neu bestellten Vorstände waren Frauen. Allerdings ist der Anteil der Frauen von 28,5 Prozent in den obersten Dax-Führungsetagen immer noch niedriger als in der Gesamtbelegschaft (durchschnittlich 33,1 Prozent
„Wir sehen seit vielen Jahren oft sehr intensive Bestrebungen der Unternehmen, den Frauenanteil im Vorstand und im oberen Management zu steigern“, sagt Janine Bartsch, Senior Managerin bei EY-Parthenon. Aus vielerlei Gründen seien diese Bemühungen aber oft nur begrenzt erfolgreich – was nicht zuletzt mit Themen wie Kinderbetreuung, traditionellen Rollenbildern und entsprechenden individuellen Karriereentscheidungen zusammenhängen könne.
Zugleich registriert Bartsch, dass die Strukturen in vielen Dax-Konzernen offenbar nicht ausreichend darauf ausgerichtet sind, Frauen den Weg in eine Führungsposition zu erleichtern. Dazu gehöre oft auch das Fehlen entsprechender Netzwerke und starker Vorbilder. „Auch Vorurteile gegenüber der Leistungsfähigkeit und Kompetenz von Frauen können eine Rolle spielen, ebenso wie eine entsprechende Unternehmenskultur, die nicht fördert“, ergänzt die Social-Sustainability-Expertin.
Weiblicher Führungsstil übt inzwischen einen spürbaren Einfluss auf die Wirtschaft aus und prägt zunehmend auch die Politik. „Frauen bringen nicht nur neue Perspektiven ein, sie stellen auch eingefahrene Machtmuster infrage“, bemerkt Franziska Brantner, Co-Vorsitzende der Grünen. „Oft setzen sie stärker auf Zusammenarbeit als auf Konkurrenz. Das verändert Entscheidungswege, öffnet Strukturen und macht politische Institutionen zugänglicher und vielfältiger.“
Doch es gebe nicht „den einen weiblichen Führungsstil“, stellt Brantner fest. „Frauen führen auch nicht per se ‚besser‘, sondern sie bringen andere Erfahrungen ein und gehen neue Wege, wenn sie dafür den Raum bekommen.“ Man könne aber beobachten, dass Frauen häufiger auf Kooperation, Verlässlichkeit und Beteiligung setzen. „Auf jeden Fall wird der Vereinbarkeit von Familie und Amt mehr Beachtung geschenkt“, resümiert die Bundestagsabgeordnete aus der Region Heidelberg-Neckar-Bergstraße.
„Frauen verändern politische Institutionen, indem sie ganz natürlich ihre Perspektiven und Lebenserfahrungen einbringen“, sagt Franziska Giffey, Berliner Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe. „Sie setzen dadurch auch Themen auf die Agenda, die ansonsten eher unbeachtet bleiben, wie Lohngleichheit, Diversität in Teams oder Vereinbarkeit von Beruf und Familie.“ Vielfalt und Diversität seien immer eine Bereicherung, egal ob in der Politik, in Unternehmen oder Vereinen. „Und natürlich muss unser demokratischer Anspruch sein, dass die Politik auch die Gesellschaft abbildet, und da gehören Frauen zur Hälfte dazu“, so die SPD-Politikerin.
Aus ihrer bisherigen Arbeit wisse sie: „Je mehr Frauen Verantwortung übernehmen, desto vielfältiger werden die Perspektiven und desto tragfähiger die Entscheidungen. Heute denken wir zum Beispiel ganz anders über die Vereinbarkeit von politischen Ämtern mit dem Familienleben.“ Es gebe viel mehr junge Frauen als früher, die als Bundestagsabgeordnete eine Familie gründeten. „Sie alle sind auch Vorbilder und zeigen, dass gemischte Teams und die Arbeit im Partnerschaftsprinzip erfolgreicher sind“, so Giffey.
Für die ehemalige Regierende Bürgermeisterin von Berlin ist ein weiblicher Führungsstil nicht automatisch „sanfter“ – aber er sei oft dialogorientiert, verbindlicher und manchmal vielleicht auch strukturierter und pragmatischer. „Für mich geht es aber hier gar nicht so sehr um den Gegensatz von weiblich und männlich, sondern darum, welche Haltung und welches Verantwortungsbewusstsein moderne Führung ausmacht“, sagt Giffey. „Auch Männer führen heute anders als früher, und ich denke, das liegt auch daran, dass es eben mehr Frauen in Führungspositionen – also mit Männern auf Augenhöhe oder ihnen vorgesetzt – gibt.“ Daher hält die 47 Jahre alte Diplom-Verwaltungswirtin es für besonders wichtig, dass Frauen in diesen Bereichen keine Ausnahmeerscheinung, sondern Role Models für die nächste Generation sind.
Fazit: Die Fortschritte auf dem Weg zu Gleichstellung und einem inklusiveren Ansatz sind unverkennbar – und bieten einen klaren Hinweis auf das Potenzial durch mehr Frauen in Führungspositionen.
(Quelle: VdU) (Dieser Artikel wurde erstmals in der UNTERNEHMERIN 01/25 veröffentlicht. https://vdu.de/aktuelles/news/fuehrung-neu-denken/)




