Generationen und Finanzen

Jüngere Generationen haben mehr: Rund jeder sechste der 30- bis 39-Jährigen haben auch mal mehr als 10.000 Euro auf dem Girokonto.
Foto: Zacharie Scheurer/dpa-tmn

Gut versichert und in Finanzgeschäften auch gut beraten zu sein: Beides ist den Deutschen generationenübergreifend wichtig. Dennoch sind jüngere Menschen weniger zufrieden mit ihrer privaten Absicherung, dafür aber risikobereiter. Das zeigt sich insbesondere bei Finanzanlagen, wie aus einem aktuellen Bericht des Markt- und Sozialforschungsinstituts Ipsos zum Finanzverhalten der verschiedenen Generationen mit Daten aus dem Ipsos Finanzmarktpanel hervorgeht.

Unter den jüngeren Generationen ist die Risikobereitschaft etwa doppelt so hoch wie bei den älteren. Mit je 20 Prozent findet sich der höchste Anteil risikofreudiger Anleger unter den Befragten der Gen Z und der Millennials. Bei den Babyboomern hingegen geht nur knapp jeder Zehnte finanziell ins Risiko (9 %). Die Gen X bewegt sich im Mittelfeld: Sie ist sicherheitsbewusster als die Jüngeren, aber risikobereiter als die Babyboomer.
 

Insbesondere Jüngere unzufrieden mit privater Absicherung

Im Gegensatz zur Risikobereitschaft ist die Zufriedenheit mit der eigenen finanziellen Lage über alle Generationen hinweg ähnlich hoch. Sie liegt zwischen 43 Prozent bei der Gen Z und 48 Prozent bei den Babyboomern. Auch der Anteil der weniger oder gar nicht Zufriedenen ist in allen Altersgruppen vergleichbar groß.

Bei der privaten Absicherung gegen Unfälle, Krankheiten oder Berufsunfähigkeit sieht es anders aus: Unter den Befragten der Gen X, der Millennials und der Gen Z ist die Zufriedenheit insgesamt geringer als bei den älteren Befragten. Jeweils rund ein Viertel der jüngeren Generationen ist sogar ausdrücklich unzufrieden mit der eigenen Absicherung. Unter den Babyboomern äußert sich nur jeder Fünfte unzufrieden.

Vertragsabschlüsse: Persönlicher Kontakt bleibt wichtig

Ein möglicher Erklärungsansatz ist die mit zunehmendem Alter steigende Ausstattung mit Versicherungsprodukten: Während die Gen Z im Durchschnitt nur über vier verschiedene Versicherungsverträge verfügt, sind es bei den Babyboomern (∅ 7,4) deutlich mehr. In allen Altersgruppen werden Neuabschlüsse von Versicherungen bevorzugt über einen persönlichen Ansprechpartner, insbesondere einen Versicherungsvertreter, getätigt.

Betrachtet man die Anzahl der Bankprodukte, zeigt sich, dass ältere Generationen im Durchschnitt etwa vier Verträge haben, während die Gen Z im Durchschnitt nur 2,7 Verträge besitzt. Die meisten Bankabschlüsse werden von Babyboomern und der Gen X über die Websites der Banken getätigt. Bei den Millennials und der Gen Z verliert dieser Vertriebskanal an Bedeutung – hier stehen Banking-Apps der Anbieter im Vordergrund. Persönliche Beratung spielt bei Bankprodukten vor allem für die jüngsten und ältesten Befragten eine große Rolle: Ein großer Teil der Babyboomer (30 %), aber auch jeder vierte Vertreter der Gen Z (23 %) greift bei Bankabschlüssen gern auf die Unterstützung von Bankberatern zurück.
 

Digitale Bezahlsysteme und Versicherungs-Apps vor allem bei Jüngeren beliebt

Digitale Bezahldienste setzen sich bei allen Generationen durch. Je jünger die Zielgruppe ist, desto verbreiteter ist die Nutzung. PayPal hat die höchste Reichweite, zeigt aber auch den größten Generationensplit: Während nur 64 Prozent der Babyboomer PayPal nutzen, sind es bei der Gen Z bereits 91 Prozent. Andere Dienste wie Apple Pay, Google Wallet oder Amazon Pay sind dagegen in allen Altersgruppen weniger stark verbreitet.

Auch in der Versicherungsbranche greift die Digitalisierung um sich, wenn auch in geringerem Maße als beim Banking. Versicherungseigene Apps werden am häufigsten von Millennials (42 %) genutzt, am seltensten von Babyboomern (21 %).

Heike Hüßmann, Director Market Strategy & Understanding bei Ipsos in Deutschland, erklärt: „Der Versicherungsbesitz und damit auch die Zufriedenheit mit der privaten Absicherung bei Unfällen, Krankheiten oder Berufsunfähigkeit ist bei den Jüngeren geringer ausgeprägt. Junge Menschen sind aber generell risikobereiter und haben eine stärkere digitale Affinität. Versicherungsunternehmen sollten dies als Chance begreifen und gezielte, maßgeschneiderte Produkte und Dienstleistungen entwickeln, die die digitalen Präferenzen und spezifischen Bedürfnisse der jüngeren Generationen ansprechen. Diese Anpassung an die digitalen Erwartungen junger Zielgruppen könnte der Schlüssel sein, um die Abschlussrate zu optimieren, ihre Zufriedenheit mit Versicherungsprodukten zu verbessern und gleichzeitig langfristiges Vertrauen und Kundentreue zu fördern.“


Methode: Die Ergebnisse stammen aus einem aktuellen Bericht zum Finanzverhalten der verschiedenen Generationen, der auf Daten aus dem Ipsos Finanzmarktpanel basiert. Das Ipsos Finanzmarktpanel ist seit 30 Jahren eine fest etablierte Währung im Benchmarking von Unternehmen aus dem Finanzbereich. Pro Halbjahr werden 20.000 private Haushalte zu ihren Aktivitäten im Finanzmarkt befragt. Dabei werden Bestände und Informationen rund um Neuabschlüsse und Kündigungen von Finanzprodukten erfasst. Durch den Panelansatz können aktuelle Marktdaten aber auch retrospektive Veränderungen über die letzten Jahre nachvollzogen und ausgewertet werden. Das Panel bietet die Möglichkeiten von Markt-, Langzeit- und Zielgruppenanalysen sowie Positionierungen, Benchmarking, Cross-Selling, SWOT- und Potenzialanalysen.

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