Gründerin Amelie Sperber: Alles auf die Nuss gesetzt

Foto: Popovaphoto/iStock; Supernutural
Foto: Popovaphoto/iStock; Supernutural

Amelie Sperber hat mit ihrem Mann Timo das Nusscreme-Start-Up Supernutural gegründet. Wie sie es geschafft haben, Edeka, die Hotelkette Hilton und den FC Bayern zu begeistern und warum ihre frisch gezapfte Nusscreme in Afrika sogar Leben rettet

Courage: Nusscreme gibt es in jedem Supermarkt. Was macht Supernutural so besonders?

Amelie Sperber: Unser besonderes Qualitätsmerkmal ist, dass die Nusscreme ganz frisch gemahlen aus unserer Maschine kommt und keine Inhaltsstoffe wie Zucker oder Palmfett enthält. Wie bei einem frisch gepressten Saft schmeckt man den Unterschied sofort – und man spürt ihn auch, weil noch sämtliche Vitamine und Mineralstoffe aktiv sind. Außerdem bieten wir viel mehr Geschmacksvarianten an als die klassische Nuss-Nougat-Creme uns können unser Nussmus mit Gewürzen oder gefriergetrockneten Himbeeren pimpen. Die meisten unserer Kunden löffeln die Creme am liebsten pur, man kann sie aber auch als Zutat zum Kochen, Backen oder für Eis verwenden.

Wo bekommt man euer Nussmus?

Wir sind B2B, unsere Maschinen stehen in Bio-oder Supermärkten wie Edeka oder Rewe, aber auch in Kantinen. Unseren größten Erfolg haben wir in der Hotelerie. Namhafte Hotels wie Hilton, Marriott oder das neue Motel One in New York bieten unsere Creme am Frühstücksbuffet an und werben auch damit. Außerdem vertrauen viele bekannte Profisportvereine und Ernährungsexperten auf den körperlichen Effekt der frischen Nusscreme, drauf sind wir sehr stolz. sogar der FC-Bayern hat mehrere Maschinen von uns, auch im Leistungszentrum für die FC-Bayern-Damen. Für den Hausgebrauch ist die Maschine zu groß und speziell.

Du hast Supernutural 2015 mit deinem Mann Timo gegründet. Wie kamt ihr auf die Idee?

Inspiriert wurden wir 2014 im Urlaub in Kalifornien. Da gab’s an jeder Ecke frisch gepresstes Erdnussmus, von dem wir uns quasi ernährt haben. Zurück in München dachten wir, wie können wir jemals wieder ohne leben, und haben versucht, an diese amerikanischen Maschinen zu kommen. Aber man hat uns abgeraten, weil wir die riesigen Plastikungetüme gar nicht selbst reinigen können. Der Hersteller verkauft dazu teure Reinigungs- und Wartungsverträge. Zum Glück ist Timo Ingenieur.

Wie seid ihr an das Projekt rangegangen?

Als der Businessplan fertig war und feststand, dass wir ein Gründerdarlehen von der Allgäuer Volksbank bekommen, habe ich gekündigt, obwohl ich schwanger war. Wir haben nachts und am Wochenende viel getüftelt mit 3-D-Druckteilen und 25 Prototypen gebaut, die wir an befreundete Gastronomen und Bäcker zum Testen gegeben haben. Timo arbeitete bis 2018 noch in seinem Vollzeitjob, um das Risiko zu minimieren, falls das Produkt nicht gut ankommt. Doch alle waren begeistert und wir haben entschieden, in Serie zu produzieren.

Wart ihr in Europa Pioniere mit der Idee?

Ja. Dabei haben alle gesagt: „Lasst es! Ihr werdet keinen Markt bereiten.“ Aber wir waren absolut überzeugt, und unsere Intuition war richtig. In Wien gehören wir heute im Billa Pflanzilla, dem ersten pflanzlichen Supermarkt Österreichs, bei über 10.000 Produkten zu den Top 5 im Abverkauf. Unsere Produkte sind mittlerweile in über 30 Ländern erhältlich, sogar in der Supermarktkette Panda in Saudi-Arabien. In Äthiopien leisten wir sogar einen Beitrag zur Entwicklungshilfe. Dort stehen unsere Maschinen in Kliniken, weil die Nusscreme alles enthält, was man zum Überleben braucht.

Was war rückblickend die größte Schwierigkeit beim Gründen?

Die bitterste Erkenntnis war, dass die Supermärkte einfach irgendwelche Nüsse in unsere Maschinen geworfen haben – im Zweifelsfall die günstigsten -, und die schmecken natürlich nicht. Das war für uns eine Katastrophe. Also mussten wir nochmal die Ärmel hochkrempeln und uns ohne Vorwissen noch um die Nüsse kümmern. Rückblickend sind wir froh, dass es so gekommen ist. Denn unsere Maschinen verkaufen wir nur einmal, aber der Nusshandel sichert uns ein kontinuierliches Einkommen.

Wie und wo produziert ihr?

Wir haben den deutschen Nachhaltigkeitspreis bekommen, weil wir alles anders machen, als man es eigentlich macht. Normalerweise würde man eine Halle bauen und Menschen anstellen, um in dieser Halle Produkte herzustellen. Das kann sich unsere Generation aber nicht mehr leisten, also haben wir nach Handwerksbetrieben aus der Region gesucht. Sie stammen alle aus der Allgäuer und Münchner Region.

Schreibt ihr schwarze Zahlen?

Große Gewinne können wir noch nicht machen. Das Geld, das reinkommt, wird sofort wieder in Wachstum investiert. Aber unser Umsatz liegt schon im siebenstelligen Bereich.

Wie viele Mitarbeiter beschäftigt ihr?

Mittlerweile 15, darunter viele High-Professional-Mütter, die nach der Elternzeit nur in Vollzeit in ihre alten Jobs hätten zurückkehren können. Wir bieten ihnen Teilzeit und Homeoffice oder dass sie ihre Kinder mit ins Büro mitnehmen können. Wir hatten bis vor Kurzem auch einen 75-jährigen im Vertrieb. Bei uns zählt nicht das Alter, sondern die Passion für das Produkt.

Wie war es für dich, ein Business mit deinem Lebenspartner zu gründen?

Das war die beste Entscheidung. Wem kann man mehr vertrauen, als dem eigenen Ehepartner? Timo ist für den Food-Tech-Bereich mit Schwerpunkt Maschinenbau zuständig, der Nusshandel liegt bei mir. Wir lieben es, Zeit miteinander zu verbringen und das Abenteuer Start-Up gemeinsam zu erleben. Natürlich schauen wir, dass es beim Abendessen mit den Kindern nicht um die Firma geht. Aber unsere Kinder sind bei Gesprächen mit Banken oder Geschäftspartnern auch mal auf dem Konferenztisch gewickelt worden. Wir zelebrieren es, ein Familienunternehmen zu sein.

Was plant ihr künftig für Supernutural?

Unsere Vision ist es, dass wir zum Must-Have beim Hotelfrühstück und als Snack werden. Dass unsere frisch gepresste Nusscreme so selbstverständlich wird wie frisch gepresster Saft. Wir sind kein Trend, der wieder verschwindet. Wir sind gekommen, um zu bleiben. (ag)

Den ganzen Artikel zum Thema „Alles auf die Nuss gesetzt“ findet ihr in der Courage 04/23.

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