Toyah Diebel sprüht vor Kreativität. Sie gründete mehrere Firmen und Podcasts, schrieb ein Buch und unterhält über 100.000 Follower auf Instagram. Ihr größter Geniestreich ist Buttz, eine Firma, die stylishe und bequeme Unterhosen herstellt, die jeder Frau passen.
von Sandra Berthaler
Courage: Wie bist du auf die Idee gekommen, Buttz zu gründen?
Toyah Diebel: Für mich lautet die Frage eher: Wer kommt nicht auf die Idee, Buttz zu gründen? Ich habe mich lange gefragt: Warum gibt es keine Unterhosen, die bequem sind und gut aussehen? Warum sind nervige Zettel in Unterhosen? Warum kann ich mich mit Unterwäschewerbung in Deutschland nicht identifizieren und fühle mich schlecht, wenn ich mir diese perfekten Frauenkörper ansehe? Kann man das nicht mal anders machen? Und aus diesem „man“ bin dann eben ich geworden. Ich wollte Unterwäsche, in der man sich schön, attraktiv und wohl fühlt, und dafür muss dir die Unterhose wirklich wie Arsch auf Eimer passen. Denn sonst fühlst du dich nicht gut, egal welche Figur du hast.
Und wie kommen deine Unterhosen an?
Ich hatte sofort ein gutes Bauchgefühl mit dieser Idee, aber dass unsere Kundinnen so zufrieden sind, macht mich wirklich stolz. Eine Frau hat uns letzte Woche geschrieben: „Ich musste 60 Jahre alt werden, um endlich bequeme und schöne Unterwäsche zu finden.“ Viele unserer Kundinnen fühlen sich in unseren High Elastics endlich richtig wohl. Das zeigen auch die Umsätze. Ich habe Buttz im April 2023 gegründet, und wir sind jetzt schon über eine Million raus. Fast zwei Drittel unseres Umsatzes stammen von wiederkehrenden Kundinnen. Ein größeres Kompliment kann man uns gar nicht machen.
Eines eurer Erfolgsgeheimnisse ist eure ehrliche und teils auch recht provokante Werbung. Warum seid ihr diesen Weg gegangen?
Ich finde Unterwäschewerbung total verstaubt. Frauen werden darin verniedlicht, sexualisiert, und sie haben in den meisten Fällen unbequeme Reizwäsche an, die sie nicht für sich anziehen, sondern für den Mann. Wir wollen mit Buttz die Welt der Unterwäsche nicht nur visuell, sondern auch sprachlich revolutionieren und eine Ästhetik schaffen, die Frauen jeder Körperform ermutigt, sich gut und wohlzufühlen in ihrer Unterwäsche. We are made for everybooty.
Das stellt euch aber auch vor Herausforderungen, was Werbung in den sozialen Medien angeht …
Gerade auf Instagram leiden wir sehr unter den strengen Restriktionen durch Meta. Eine Frau in Unterwäsche ist für einen amerikanischen Konzern immer noch ein No-Go, außer sie entspricht bestimmten Kriterien. Beispiel: Es wurde ein Foto eines schwarzen Models jenseits der Größe 44 sofort abgemahnt. Bei dem dünnen weißen Model im gleichen Outfit und in der gleichen Pose ist uns das nicht passiert. Ein großer Po darf ebenfalls nicht gezeigt werden. Denn Meta rechnet mit Algorithmen aus, wie viel Haut auf einem Bild prozentual zu sehen ist. Wenn du also ein Close-up von einem Hintern postest, wird das Bild automatisch beseitigt. Es ist für uns ein Kampf gegen Windmühlen, aber auch gesellschaftlich ein tiefgreifendes Problem. Denn was macht es mit uns, wenn wir immer nur Werbung mit dünnen, lächelnden Frauen sehen?
Wie bist du finanziell gestartet?
Ich hatte nach jahrelangem Dispo auf dem Konto durch einen Job 24.000 Euro erwirtschaftet. Für das Stammkapital einer GmbH braucht man 12.500 Euro. Was für andere Peanuts sind, war für mich eine Riesenstange Geld. Mit dem Rest habe ich die ersten Produkte gekauft und alles verdiente Geld reinvestiert. Viele Leute sagen: Ich kann nicht gründen, ich habe kein Geld. Ich hatte damals auch kein Geld, aber ich gaubte an meine Idee und habe deswegen Tag und Nacht gearbeitet. Wenn du keine Kohle hast, dauert es einfach länger, erfolgreich zu werden. Und dieses Durchhaltevermögen muss man aufbringen. Bei Buttz haben wir vor der ersten Produktion einen Investor mit ins Boot geholt, um die hohen Produktionsmengen stemmen zu können. Ich bin nach wie vor sehr glücklich über diese Entscheidung.
Was war bis jetzt dein größter Fehler bei Buttz?
Ich war kaufmännisch nicht die Beste und habe am Anfang viele Entscheidungen sehr impulsiv getroffen. Aber gerade bei Bestellmengen, etwa von Verpackungen, darf man sich nicht auf sein Bauchgefühl verlassen. Bei der ersten Charge habe ich die Unterhosen nicht direkt in der Produktion verpacken lassen, sondern die Verpackungen woanders bestellt – weil ich gedacht habe, wir können das besser. Aber jetzt verpacke mal 40.000 Unterhosen. Wir saßen wirklich ein Jahr da und haben Unterhose für Unterhose in die Verpackung gesteckt. Meine Mutter, meine Oma – alle mussten helfen. Es war eine schmerzhafte Erkenntnis, dass ich komplett falschlag. Aber ich habe daraus gelernt.
Neben Buttz bist du als „toyahgurl“ auf Instagram erfolgreich, hast den Roman „Weiber“ geschrieben und mehrere Podcasts rausgebracht. Was treibt dich an?
Ich war immer kreativ, hatte aber keine Berufung – eher ein kleines Zirkuspferd mit großem Mitteilungsdrang. Dafür haben sich Plattformen wie Instagram, Podcasts oder TV und Radio ideal angeboten. Jetzt bin ich 35, habe mich weiterentwickelt und brauche diese hohe Form der Aufmerksamkeit nicht mehr. Durch Buttz habe ich endlich meine Berufung gefunden. Ich hatte aus beruflicher Sicht noch nie so viel Spaß, weil ich mich kreativ so ausleben und frei sein kann.
Deine Kinder sind jetzt drei und fünf Jahre alt. Was ist für dich persönlich die größte Herausforderung bei der Doppelbelastung Mama und Unternehmerin?
Man muss akzeptieren, dass man nicht alles haben kann. Man kann nicht Vollzeit Unternehmerin sein und Vollzeit Mutter sein. Es funktioniert nur mit Kompromissen und Zurückstecken, das ist frustrierend. Trotzdem stelle ich bei Buttz sehr gerne Mütter ein, weil ich weiß, was für ein Organisationstalent sie an den Tag legen und wie gut sie mit Stress umgehen können. Mütter sind großartige Arbeitnehmerinnen.
Dein Partner ist Creative Director bei Buttz. Wie regelt ihr euren Alltag mit Kindern?
Wenn die Kinder aus der Kita nach Hause kommen, arbeitet einer von uns und der andere ist für die Kinder zuständig. Wenn das nicht geht, kommt die Oma oder ein Babysitter. Natürlich gibt es trotzdem Situationen, in denen ich in einem megawichtigen Call sitze und ein Kind reinkommt und etwas von mir braucht. Ich bin eben Mutter. Situationen wie diese sind immer auch ein guter Test für meine Mitarbeiter und Geschäftspartner, wie sie damit umgehen.
Was ist deine Zukunftsvision für Buttz?
Ich würde mich wahnsinnig freuen, wenn es einfach so weiterläuft wie bisher. Es ist ein Privileg, dass Buttz nach etwas über einem Jahr so ein Interesse geschenkt bekommt und wir solche Umsätze generieren können. Das ist ein großes Kompliment, denn Buttz ist nicht geplant als Cashcow für den schnellen Exit. Ich will ein Unternehmen aufbauen, das step by step größer wird und mit den großen Unterwäscheherstellern konkurriert.
Was rätst du jungen Gründerinnen?
Habt keine Angst vorm Scheitern. Ich glaube, das ist der meistgenannte Grund, warum Menschen – und vor allem Frauen – nicht gründen oder Ideen umsetzen. Sie haben Angst, dass es sowieso nicht funktioniert oder dass sie Fehler machen. Aber wer gründet, wird ganz sicher Fehler machen, das gehört einfach dazu. Ich lebe auf einem Friedhof von Ideen und Projekten, die es nicht geschafft haben. Aber dann ist eine Idee dabei, die richtig gut ist, und mit der machst du weiter.