Nova Meierheinrich: „Ich wäre eine sehr gute Mutter geworden“

Foto: Katrin Schöning Nova Meierheinrich
Foto: Katrin Schöning

Nova Meierhenrich erzählt in ihrem Buch „Lebensschlenker“ erstmals über ihren verzweifelten Versuch, als alleinstehende Frau Mutter zu werden. Vier Jahre fokussierte sich die beliebte Schauspielerin und Moderatorin nur auf ihren Kinderwunsch und investierte – mit Verdienstausfällen – insgesamt 80.000 Euro in ihre Behandlungen. Ohne Erfolg. Was das Schlimmste für sie war in dieser emotionalen Zeit, wie sie es schließlich geschafft hat, ihren Kinderwunsch loszulassen und neuen Lebenssinn zu finden, verrät sie in diesem Interview.

von Sandra Berthaler

Ein unerfüllter Kinderwunsch ist ein sehr persönliches und schmerzhaftes Thema. Warum wolltest du ein Buch darüber schreiben?

Ich habe schon immer viel geschrieben. Schreiben ist für mich wie ein Ventil. Auch als ich meine damalige Reise angetreten bin, habe ich Tagebuch geführt, weil ich meinem zukünftigen Kind erzählen wollte, wie es entstanden ist. Ich wollte alle Momente und Erinnerungen festhalten. Als es dann anders kam, sollten es meine privaten Aufzeichnungen bleiben. Doch gerade, wenn man in der Öffentlichkeit steht, kommt das Thema Kinder immer wieder auf den Tisch. Der „Höhepunkt“ war ein Interview im Rahmen der Berlinale vor zwei Jahren, als mich eine Journalistin nach Kindern fragte und danach eine gefakte Geschichte veröffentlichte, in der ich angeblich zum ersten Mal über meinen unerfüllten Kinderwunsch sprach.

Ich war so sauer und enttäuscht! Diese Übergriffigkeit, glauben zu können, man darf sich in das Privatleben einer Frau einmischen oder beurteilen, ob ihr Weg der richtige ist. Und das passiert ja nicht nur mir auf dem Roten Teppich. Nach vielen tollen Gesprächen mit anderen betroffenen Frauen, dachte ich mir, das ist ein Thema, über das wir dringend reden sollten. So ist dieses Buch auf den Weg gekommen. Ich will damit zeigen, es gibt eine Million verschiedene Wege mit dem Thema Familie und Kinderwunsch umzugehen – und alle sind richtig. Also hört auf, Frauen nach ihrer Familienplanung zu fragen. Man weiß nicht, was sie gerade durchmachen. Auf meiner neuen Instagram-Seite „Lebensschlenker“ werde ich in Zukunft Geschichten anderer Frauen teilen und hoffe, dass dadurch wertvolle Diskussionen entstehen und wir in den Austausch gehen.

Wann war dir zum ersten Mal klar, dass du Mutter werden willst?

Für mich war immer schon klar, dass ich Mutter werde und ich glaube, ich wäre auch eine sehr, sehr gute Mutter geworden. Ich komme aus einer großen Familie mit drei Brüdern und habe fünf Neffen und Nichten. Mein Vater hätte am liebsten eine ganze Fußballmannschaft gehabt, meine Mutter war Erzieherin und an unserer Tür stand „Kinder willkommen“. Wir durften immer unsere Freunde mit nach Hause nehmen und waren beim Mittagessen nie unter zehn Personen. Deshalb stand es für mich nie zur Debatte, dass ich auch mal Kinder haben werde. Schon in meinen Zwanzigern habe ich zu meiner Mutter gesagt: „Du, wenn der Richtige zum passenden Zeitpunkt nicht da ist, mach ich es allein.“

Du hättest kein Problem damit, alleinerziehend zu sein?

Ich habe alleinerziehende Freundinnen und weiß, das ist verdammt schwer. Mir sind alle Herausforderungen bewusst. Aber für mich war einfach klar, wenn die Liebe nicht zur richtigen Zeit kommt, möchte ich trotzdem nicht auf ein Kind verzichten. Natürlich wäre es ein Sechser im Lotto gewesen, wenn ich auch noch den passenden Partner gehabt hätte. Aber ich wollte nie faule Kompromisse eingehen und mit einem One-Night-Stand oder einem Mann Kinder bekommen, von dem ich mich gleich wieder trenne. Ich bin heillose Romantikerin, also entweder: All in oder ich mache es allein.

Du bist deine Kinderwunschbehandlung mit 42 Jahren angegangen. Warum nicht eher?

Dafür gab es verschiedene Gründe. Zum einen hat man mir von medizinischer Seite versichert, dass alles wunderbar bei mir sei. Ich hatte hohe Fruchtbarkeitswerte, die ich ab Anfang 30 regelmäßig überprüfen ließ, war laut meinen Ärzten biologisch zehn Jahre jünger und sollte mir keinen Stress machen. Zum anderen hat die Vorbereitung auch eine Weile gedauert. Als Single-Frau übernehmen Krankenkassen in Deutschland die Kosten für eine Kinderwunschbehandlung nicht. Ich musste mir also ein finanzielles Polster ansparen.

Zudem steckte ich eine Zeit lang in festen Engagements, u.a. in der Hauptrolle einer Serie. Also habe ich den Zeitpunkt abgewartet, als alles gepasst hat. Und ganz ehrlich, hätte ich mit 30 angefangen, wäre das Ergebnis vielleicht dasselbe gewesen. Ich gehöre zu den zehn Prozent aller Frauen, die unter einer „ungeklärten Unfruchtbarkeit“ leiden. Ich werde also nie eine Antwort darauf bekommen, warum ich nicht schwanger geworden bin. Und das ist das Schwerste für mich daran. Hätte ich einen konkreten Grund, warum es bei mir nicht klappt, hätte ich eher meinen Frieden damit gefunden.

Alternative Wege wie Adoption, Leihmutterschaft oder ein Pflegekind kamen für dich nie infrage?

Leider kamen diese Wege für mich nicht infrage. Als Alleinstehende in Deutschland ein Kind zu adoptieren, ist nur unter ganz besonderen Umständen möglich und Leihmutterschaft ist in Deutschland verboten. Außerdem hätte ich ja dafür mein befruchtetes Ei geben müssen und wenn es an meinen Eiern liegt, dass ich nicht schwanger werden kann, bringt mir ja auch eine Leihmutter nichts. Pflegemütter werden händeringend gesucht und ich bewundere jeden, der das kann. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass ich es übers Herz gebracht hätte, ein Kind lieb zu gewinnen und es dann wieder gehen lassen zu müssen.

Du bist für deine Kinderwunschbehandlung nach Kopenhagen gegangen. Warum?

Es war damals einfach von der Gesetzeslage her in Deutschland für mich nicht möglich. Ärzte hätten sich auf sehr wackliges rechtliches Terrain begeben, wenn sie alleinstehenden Frauen eine Kinderwunschbehandlung ermöglicht hätten. Es standen nur wenige Länder zur Auswahl, darunter auch Dänemark, das ja seit meiner Kindheit meine zweite Heimat ist.

Das Thema wird dort so offen und entspannt behandelt und die geringe Distanz zu meiner Heimatstadt Hamburg hat natürlich auch eine Rolle gespielt. Die, oft kurzfristigen, Reisen dorthin waren aber trotzdem unfassbar stressig und ein zusätzlicher Kostenfaktor. Lieber wäre ich nach der Behandlung in meinem eigenen Bett gelegen und nicht drei Tage ganz allein in einem Airbnb. Zum Glück hat sich die Gesetzeslage geändert und Single-Frauen können heute ihre Kinderwunschbehandlung auch in Deutschland durchführen.

Weshalb bist du diesen Weg ganz allein gegangen?

Eine große Rolle spielte mein Beruf. Ich wollte nicht, dass Informationen durchrutschen und mein zukünftiges Kind in die Situation bringen, dass alle Welt weiß, wie es entstanden ist. Ich wollte meinem Kind selbst die Entscheidung überlassen, wie es damit umgeht und wem es davon erzählt. Deshalb habe ich am Anfang wirklich nur meine Mutter und meine Freundin Nina eingeweiht. Aber mitnehmen wollte ich niemanden zu meinen Behandlungen. Ich hatte einfach das Gefühl, das ist jetzt mein Weg und den gehe ich allein.

Du hast dich für eine offene Samenspende entschieden. Warum?

Ich bin der Überzeugung, ein Kind muss wissen, wo seine Wurzeln sind und mit 18 Jahren die Möglichkeit haben, mit seinem biologischen Vater in Kontakt zu treten. Diese Entscheidung trifft übrigens alleine das Kind, nicht die Erwachsenen. Darüber hinaus ist das auch bei einem medizinischen Notfall wichtig. Man stelle sich nur vor, das Kind braucht eine Organspende. Beide Eltern zu kennen, bedeutet doppelte Überlebenschancen.

Nach welchen Kriterien hast du den Vater deines Kindes ausgesucht?

Ich habe mich für die größte europäische Samenbank entschieden und die Auswahl war überwältigend. Ich habe mich einfach gefragt, welchen dieser Männer würde ich gerne daten? Dabei zählten für mich weniger die Optik, sondern eher seine Eigenschaften. Ich wollte jemanden, der wie ich die Natur liebt und das Meer und gerne liest. Seine Freunde sollten über ihn sagen, dass er ein warmes, sympathisches Wesen hat, hilfsbereit, loyal und abenteuerlustig ist. Darüber hinaus sollte mich seine Motivation, Spender zu werden, berühren. Da eine Auswahl zu treffen, fiel mir nicht leicht. Es war eine lange Nacht – nur ich, mein Laptop und ein Glas Rotwein. (lacht)

Welche Methoden der Kinderwunschbehandlung hast du in Anspruch genommen?

Ich hatte in meinen vier Jahren aktiver Behandlung drei Inseminationen und drei In-vitro-Fertilisationen.

Was war für dich das Schlimmste in dieser Zeit?

Die Inseminationszeit war noch von ganz viel Hoffnung geprägt und da gibt es ja auch keine Schmerzen. Nach der zweiten IVF war ich zum ersten Mal richtig am Ende. Ich lag da auf dieser Liege, alles tat mir weh von der Behandlung, meine Hoffnung schwand, das Geld reichte bald nicht mehr und ich fühlte mich so einsam. Das war rückblickend schlimmer als die Schmerzen. Vor dem letzten Versuch habe ich mir dann auch fast ein Jahr Auszeit genommen, weil ich am Ende meiner Kräfte war.

Wie hat die Behandlung deinen Alltag beeinflusst?

Extrem. Durch den engen Zeitplan der Behandlung hatte ich manchmal das Gefühl eine Art Parallelleben zu führen. Ich hatte meine Medikamente immer dabei. Und mein erster Schritt im Hotel war immer: Minibar ausräumen, Medikamente einräumen. Und nach außen hat es ja keiner mitkriegen dürfen. Ich kann mich noch an einen Moment erinnern, als ich auf dem Roten Teppich nach meiner Kinderplanung gefragt wurde, mit meinen Hormon-Medikamenten in der Handtasche und kurz darauf musste ich sie mir in der Toilette spritzen. Diese Hormone machen etwas mit dir, mit deinem Körper und deiner Psyche.

Aber ich konnte nicht darüber reden, warum ich gerade so dünnheutig und gereizt war oder warum ich diesen oder jenen Arbeitstermin wegen meinen Behandlungen nicht wahrnehmen konnte. Mein seltsames Verhalten hat natürlich zu Spannungen geführt mit der Arbeit und mit meinen Freunden. Heute tut mir das wahnsinnig leid und ich habe mich bei vielen Menschen entschuldigt. Aber damals ging es einfach nicht anders. Ich bereue diese Zeit auch nicht. Denn hätte ich es nicht versucht, wüsste ich heute nicht, ob es nicht vielleicht doch geklappt hätte.

Wer oder was hat dir durch diese schwere Zeit geholfen?

Am meisten hat mir meine Mutter geholfen als meine absolute Vertrauensperson. Ich konnte ihr immer alles erzählen und auch die Gespräche mit meiner Freundin haben mir enorm geholfen. Beide haben nie nachgefragt oder mich unter Druck gesetzt, aber wenn ich reden wollte, waren sie da. Meine Resilienz ist durch meine Vergangenheit, die Depressionen und den Suizid meines Vaters, extrem hoch und ich kann eine Menge ab. In den Jahren meiner Therapie habe ich viel über mich gelernt und weiß genau, wie ich und mein Körper funktionieren. Deshalb war es auch wichtig, an irgendeinem Punkt den Stecker zu ziehen, weil ich nicht mehr konnte.

Viele Frauen und Paare verlieren sich regelrecht in ihrem Kinderwunsch. Wie hast du es geschafft, einen Abschluss zu finden?

Ich dachte anfangs auch, ich gehe das alles entspannt an und lasse mich nicht stressen. Und irgendwann achtest du auf alles und greifst nach jedem Strohhalm. Ich habe mich perfekt ernährt, auf Alkohol verzichtet und sogar Nahrungsergänzungsmittel aus den USA bestellt und jeden Monat im Zoll ausgelöst, weil sie wahnsinnige Erfolge versprochen haben. Aber nachdem ich eine längere Pause gemacht habe und es nochmal mit einem anderen Arzt und einer neuen Methode versucht habe, stand für mich fest, das ist mein letzter Versuch. Das hatte auch finanzielle Gründe. Ich habe mit Verdienstausfällen insgesamt 80.000 Euro für meine Kinderwunschbehandlung ausgegeben und musste mir für die letzte Behandlung das Geld leihen, weil ich schon im Minus war. Ich hätte es aber auch psychisch nicht noch einmal geschafft. Ich habe mich vier Jahre nur auf das Thema Kinderwunsch fokussiert und alles andere vernachlässigt. Und dieses ständige Hoffen, Bangen und enttäuscht werden, das macht etwas mit dir.

Ich musste einen Abschluss finden und wollte wieder leben. Und als überraschend ein Platz frei wurde auf einer Schiffsreise zum Nordkap, ein Lebenstraum von mir, war das ein Zeichen für mich. Ich dachte, dieses Schiff fährt dich jetzt zum Nordkap, entweder als Mutter oder in ein neues Leben ohne Kind. Ich habe auf dieser Reise Briefe an mein Kind geschrieben und sie über Bord geworfen. Das war ein bewusster Abschiedsprozess und hat mir unheimlich geholfen, loszulassen. Und auf dem Rückweg habe ich alle Wünsche für meine Zukunft aufgeschrieben, alles, was ich mir von diesem Leben erhoffe.

Und wie sieht dein Leben heute aus?

Ich habe mich nach der Reise sofort in die Arbeit gestürzt und wieder Menschen in mein Leben gelassen. Ganz nach meinem Lebensmotto: „If life let’s you tumble, make it a somersault.“ Also, wenn dich das Leben ins Wanken bringt, mach einen Purzelbaum draus, nimm die Energie mit und mach‘ etwas Gutes draus. Heute habe ich mit Brian einen fantastischen Mann an meiner Seite. Wir haben uns noch vor dem ersten Kuss unsere Lebensgeschichten erzählt, alles, was wir durchgemacht haben, und er hat mir von vorneherein gesagt, dass er bereits zwei Kinder hat und das Thema Familienplanung für ihn abgeschlossen ist. Es gab keine Erwartungshaltung und das war toll. Das hat uns wirklich beiden die Türen zueinander geöffnet. Seit einem Jahr haben wir hier einen kleinen Welpen herumspringen, eine Französische Bulldogge namens Charly, und der hält uns ganz schön auf Trab.

Seit wann seid ihr ein Paar?

Wir kennen uns so lange, dass wir letzten Herbst bereit waren, mit unserer Beziehung an die Öffentlichkeit zu gehen. Ich habe ja noch nie in meinem Leben eine Beziehung öffentlich gemacht. Das war für mich also ein sehr großer Schritt, aber wir wollten das beide, weil wir auch zusammenarbeiten und keine Lust mehr hatten auf die vielen Gerüchte. Seitdem lebt es sich auch viel entspannter.

Was macht Brian für dich zum Mann fürs Leben?

Ich sage immer, wir passen wie Arsch auf Eimer. Wir sind beide extreme Natur- und Outdoor-Liebhaber. Ich kann mit ihm im 5-Sterne-Hotel genauso schlafen wie auf einer Luftmatratze im Kofferraum eines Autos auf den Lofoten bei Schneesturm und so jemanden musst du erstmal finden. Zudem ist er Däne und Dänemark ist meine zweite Heimat, mein Herzensland. Und er gibt mir jeden Tag das Gefühl, genug zu sein. So eine Basis ist ein Schatz.

Gibt es irgendwelche spannenden Projekte, von denen du uns erzählen willst?

Ich habe mich das letzte Jahr sehr aufs Schreiben konzentriert. Ich war aber auch vier Monate in Budapest und habe als Dialekt-Coach für Russell Crowe gearbeitet. Er spielt in seinem neuen Kinofilm einen Deutschen und ich habe ihn gecoacht, akzentfrei Deutsch zu sprechen und Englisch mit deutschem Akzent. Wir haben jeden Tag am Set zusammengearbeitet und das hat unfassbar viel Spaß gemacht. Das möchte ich in Zukunft öfter machen. Ich bin im letzten Sommer auch in das neue Restaurant meines Lebensgefährten quasi eingestiegen und kümmere mich so ziemlich um alles im Hintergrund von PR bis Guest Relation.

Dieses Jahr möchte ich wieder mehr drehen und moderieren. Mit Brian zusammen organisieren wir Touren für Gäste – im Winter nach Schwedisch Lappland und im Herbst zum Angeln nach Norwegen. Absolute Abenteuertage in der Natur. Im April geht’s auf die Malediven zum Kochen und wir wollen endlich unsere gemeinsamen TV-Format-Ideen angehen und planen dazu einige Reisen mit unserem Van. Es ist so schön, dass man solche Projekte zusammen machen kann.

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