Jährlich werden laut Schätzungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hierzulande rund 400 Milliarden Euro vererbt – das entspricht etwa 9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Gerade bei Immobilien rücken neben der Debatte um die Erbschaftssteuer auch Fragen zu Freibeträgen, Verkauf, Vermietung oder Selbstnutzung in den Fokus. Wer seinen Nachkommen etwas hinterlassen möchte, sollte sich deshalb frühzeitig mit den rechtlichen und steuerlichen Aspekten befassen. Sandra Leifeld, Rechtsexpertin der Bausparkasse Schwäbisch Hall, erklärt, worauf es dabei ankommt.
Tipp 1: Freibeträge und Steuerfreiheit nutzen
Wer Immobilien erbt, muss sich mit der Erbschaftssteuer auseinandersetzen. Diese wird auf das gesamte geerbte Vermögen erhoben und richtet sich nach dem Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG). „Als Grundlage für die Besteuerung dient der Verkehrswert der Immobilie. Erben profitieren jedoch von Freibeträgen, deren Höhe vom Verwandtschaftsgrad abhängt – je enger das familiäre Verhältnis, desto höher der Freibetrag“, erklärt Sandra Leifeld. So haben Ehepartner einen Freibetrag von 500.000 Euro, Kinder 400.000 Euro und Enkelkinder 200.000 Euro, sofern deren Eltern noch leben. Für Geschwister und entferntere Verwandte wie Nichten oder Neffen liegt der Freibetrag bei 20.000 Euro. Aufpassen müssen hier vor allem unverheiratete Paare: Auch bei langjährigen Lebensgefährten liegt der Freibetrag nur bei 20.000 Euro.
Übersteigt der Wert der Erbschaft den Freibetrag, wird der verbleibende Betrag besteuert. Ein Beispiel: Erbt ein Enkel das Haus der Großeltern im Wert von 375.000 Euro, bleiben 200.000 Euro steuerfrei. Die restlichen 175.000 Euro werden mit 11 Prozent (Steuerklasse I) und damit 19.250 Euro besteuert. Würde hingegen ein Kind erben, fiele keine Erbschaftssteuer an – der Freibetrag von 400.000 Euro reicht aus.
Ein Sonderfall gilt für selbst genutzte Immobilien: Wenn Ehepartner und Kinder die Immobilie für mindestens zehn Jahre selbst bewohnen, bleibt das Erbe steuerfrei – vorausgesetzt auch der Erblasser hat dort gewohnt. Wird die 10-Jahres-Frist nicht eingehalten, fällt die Erbschaftssteuer rückwirkend an. (Mehr zu Selbstnutzung und Verkauf im Erbfall: Presseinformation.)
Ein Hinweis der Rechtsexpertin: „Unabhängig von Freibeträgen und Steuerklassen besteht für jeden Erben die Pflicht, das zuständige Finanzamt innerhalb von drei Monaten über den Anfall der Erbschaft zu informieren. Dieses entscheidet dann, ob eine Erbschaftssteuererklärung abzugeben ist.“
Tipp 2: Nach dem Erbfall Steuern senken
Auch nach dem Erbfall bestehen Möglichkeiten, die Steuerlast zu mindern.
Häufig setzt das Finanzamt den Immobilienwert zu hoch an. Ein unabhängiges Verkehrswertgutachten kann den tatsächlichen Marktwert ermitteln. Fällt dieser niedriger aus, reduziert sich die Bemessungsgrundlage – und damit die Steuer. „Ein eher strategischer Ansatz ist die sogenannte Erbschaft auf Umwegen. Dabei wird die Immobilie zunächst an ein Familienmitglied mit einem höheren Freibetrag vererbt, das sie später weitergibt: „Vererbt beispielsweise der Bruder sein Haus an die Eltern, können diese es später an die Tochter weitergeben. So lassen sich zusätzliche Freibeträge nutzen. Wichtig ist hierbei jedoch, steuerliche und rechtliche Beratung, um Fallstricke zu vermeiden. Hierfür sollte anwaltliche Beratung nicht gescheut werden“, betont Leifeld.
Tipp 3: Zu Lebzeiten schenken und Freibeträge mehrfach nutzen
Wer Immobilien bereits zu Lebzeiten überträgt, kann erhebliche Steuerbeträge sparen. Für die Schenkungssteuer gelten dieselben Freibeträge wie bei der Erbschaftssteuer: 500.000 Euro für Ehepartner, 400.000 Euro pro Kind und 200.000 Euro pro Enkelkind. Eine Ausnahme gilt für Schenkungen an Eltern oder Großeltern – hier liegt der Freibetrag bei nur 20.000 Euro.
Eine weitere Möglichkeit ist die Bestellung eines Nießbrauchrechts zu Lebzeiten zu Gunsten einer anderen Person. „Dieses Recht erlaubt es, eine Immobilie zu bewohnen oder zu vermieten und die Einnahmen daraus zu beziehen, ohne selbst Eigentümer zu sein“, erklärt Sandra Leifeld. Da das Nießbrauchrecht den wirtschaftlichen Wert des Eigentums mindert, kann es dazu führen, dass das Erbe unter den Freibetrag fällt – und somit steuerfrei bleibt. Hierbei gibt es viel zu beachten, weswegen eine Beratung durch einen Steuerberater oder Anwalt empfohlen wird.
„Der große Vorteil der Schenkung: Freibeträge können alle zehn Jahre erneut genutzt werden. So können Eltern ihrem Kind beispielsweise alle zehn Jahre 400.000 Euro steuerfrei übertragen und eine Immobilie schrittweise weitergeben“, klärt die Schwäbisch Hall-Expertin auf. Das zeigt: Wer frühzeitig handelt, kann das Erbe aktiv gestalten und Steuern vermeiden.