Internationale Studie zu Deutschlands Krisen: zu sehr auf Erfolg ausgeruht

Der Plan des einstigen EZB-Präsidenten Mario Draghi sieht hohe Investitionen vor.
Der Plan des einstigen EZB-Präsidenten Mario Draghi sieht hohe Investitionen vor. Foto: Wiktor Dabkowski/ZUMA Press Wire/dpa

Deutschland hat sich laut einer internationalen Studie zu lange auf früheren Erfolgen ausgeruht – und steckt deshalb nun in einer politischen und wirtschaftlichen Sackgasse.

Die Selbstzufriedenheit der Merkel-Ära hole das Land nun ein, heißt es im sogenannten Berggruen Governance Index. An der Untersuchung waren Forscher der University of California (UCLA), der Denkfabrik des Berggruen Institut und der Hertie School, einer Privatuniversität in Berlin, beteiligt.

Forscher: Nicht genug auf Schocks vorbereitet

“Am besorgniserregendsten ist die Art der strukturellen und tiefen Wurzeln vieler der Probleme”, sagte Studienautor Edward Knudsen der Deutschen Presse-Agentur. Für Lösungen brauche es Zeit und strukturelle Veränderungen. “Eine Regierungspartei gegen eine andere auszutauschen ist nicht unbedingt die Lösung”, mahnt Knudsen.

Maßgeblich für die verfahrene Situation sind laut der Analyse der Wissenschaftler die 2010er-Jahre. Damals habe Deutschland Ressourcen, Zeit und eine stabile politische Führung gehabt, betonte Knudsen. “Aber es hat sich entschieden, die Zeit abzuwarten, anstatt sich auf zukünftige Schocks vorzubereiten.” Deshalb fehle es Deutschland an Widerstandsfähigkeit, fügte er hinzu.

Vier Hauptprobleme in Deutschland

Der Bericht identifiziert vier Hauptursachen für die diagnostizierte politische und wirtschaftliche Krise. Zum einen hätten fehlende Investitionen das Wachstum gebremst und die Ungleichheit verschärft, schreiben die Autoren des Berichts. Daneben stelle die Migration ein ungelöstes und widersprüchliches Problem in Deutschland dar. Einerseits sei Zuwanderung in einer alternden Gesellschaft entscheidend für das Wirtschaftswachstum. “Andererseits hat sie sich zu einem zentralen politischen Konfliktherd entwickelt”, analysieren die Forschenden.

Zudem habe Deutschland in den vergangenen Jahren eine zu große Abhängigkeit von anderen Staaten entwickelt – etwa von Russland bei der Energieversorgung. Die zuletzt hinzugekommene wirtschaftliche Stagnation habe den politischen Konsens und sozialen Zusammenhalt zusätzlich geschwächt.

Kennzahlen auf Skala von 0 bis 100

Die Analyse stützt sich auf eine Vielzahl von Daten und Studien. Auf dieser Basis gibt sie verschiedene Kennzahlen an, die jeweils auf einer Skala von 0 bis 100 abgebildet werden. Der Index für die sogenannte demokratische Kontrolle fiel etwa von 100 im Jahr 2011 auf 93 im Jahr 2021. (dpa-AFX/wr) 

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