Der EU-Neuwagenmarkt legte im vergangenen Jahr um knapp ein Prozent zu, blieb damit aber erneut deutlich – um 17 Prozent bzw. fast 2,2 Millionen Fahrzeuge – unter dem Niveau des Vorkrisenjahres 2019. Immerhin: Der Dezember war mit einem Plus von 5,1 Prozent stärker als die Vormonate.
Constantin M. Gall, Managing Partner und Leiter Mobility bei EY für die Region Europe West, sieht derzeit keine positiven Impulse für den europäischen Neuwagenmarkt, der im Krisenmodus verharre: „Die Nachfrage nach Neuwagen ist schwach – in Deutschland wie in den meisten anderen EU-Ländern. Der Absatz bleibt weit unter dem Vorkrisenniveau – was zu einer dauerhaften Unterauslastung der Autofabriken führt. Die Gründe für die gebremste Nachfrage sind die Konjunkturflaute, politische Unsicherheiten, die hohen Neuwagenpreise und die weiterhin ungeklärte Frage nach dem ‚Antriebskonzept der Zukunft‘. Diese Faktoren werden auch im Jahr 2025 dafür sorgen, dass insbesondere private Kunden sehr zurückhaltend sein werden.“ Bei gewerblichen Kunden sieht die Situation etwas anders aus, da einige Unternehmen noch im Prozess des Flottenumbaus sind, also weg vom Verbrenner hin zu alternativen Antrieben.“
Sollte zudem die neue US-Regierung neue Handelshemmnisse aufbauen, werde das die Konjunkturentwicklung und damit auch den Neuwagenabsatz in Europa zusätzlich belasten, so Gall. „Es spricht derzeit kaum etwas dafür, dass 2025 ein besseres Autojahr wird als 2024.“
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Absatz von Elektroautos sinkt EU-weit
Die Neuzulassungen von E-Autos sind sowohl im Dezember – um zehn Prozent – als auch im Gesamtjahr 2024 – um sechs Prozent – gefallen. Hauptgrund für die schlechte Absatzentwicklung von E-Autos war der starke Rückgang im größten EU-Markt Deutschland, wo die Zahl der Neuzulassungen von Elektroautos im vergangenen Jahr um 27 Prozent sanken, was wiederum auf das Auslaufen der Umweltprämie im Dezember 2023 zurückzuführen ist. Aber auch auf wichtigen anderen Absatzmärkten zeigte der Trend im Elektro-Segment im vergangenen Jahr nach unten, so sanken die Elektro-Neuzulassungen in Frankreich, dem zweitgrößten Markt, um drei Prozent. Insgesamt schrumpfte der Absatz von Elektroautos in 15 von 27 Ländern, also mehr als der Hälfte. Der Anteil von E-Autos am gesamten Neuwagenmarkt ging 2024 im Vergleich zum Vorjahr von 14,6 auf 13,6 Prozent zurück. Auch Plug-in-Hybride verkauften sich schlechter als im Vorjahr: Ihr Absatz sank EU-weit um knapp sieben Prozent, der Marktanteil schrumpfte von 7,7 auf 7,1 Prozent.
„Der erhoffte Hochlauf der Elektromobilität stockt – nicht nur in Deutschland, sondern EU-weit. Einige Länder verzeichnen zwar weiterhin hohe Wachstumszahlen. Das ist allerdings auf entsprechend attraktive staatliche Fördermaßnahmen zurückzuführen“, sagt Gall. „Ohne Förderung kommt die Elektromobilität derzeit nicht vom Fleck“.
Gall begründet die schwache Entwicklung im Elektrosegment damit, dass es in weiten Teilen der Bevölkerung nach wie vor große Vorbehalte bzw. Vorurteile gegenüber Elektroautos gebe. „Da spielen die Ladeinfrastruktur, Ladekosten und -dauer sowie die vermeintlich zu geringe Reichweite der Elektroautos eine Rolle. Zudem ist Elektromobilität bislang noch eine Mobilität für Besserverdiener – für weite Teile der Bevölkerung sind Elektroautos schlicht noch zu teuer.“
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Preissenkungen im kommenden Jahr werden E-Absatz stärken
Immerhin zeigt sich an dieser Stelle Bewegung, so Gall: „Zum einen kommen immer mehr Elektroautos im niedrigeren Preissegment auf den Markt. Vor allem wird es in den kommenden Monaten in größerem Umfang Preissenkungen bei Elektroautos geben, so dass der Abstand zwischen E-Autos und vergleichbaren Verbrennern deutlich schrumpfen wird.“ Der Grund für diese Preisoffensive sind die ab 2025 geltenden, verschärften Emissionsvorgaben der EU: „Um Strafzahlungen wegen zu hoher Flottenemissionen zu vermeiden, sind viele Hersteller da-zu gezwungen, den Absatz von Elektroautos mit Preissenkungen anzukurbeln. Einige signifikante Preissenkungen gab es bereits, weitere werden in den kommenden Monaten folgen. Wir werden erhebliche Vertriebsanstrengungen im Elektro-Segment sehen – gleichzeitig dürften Verbrenner weiter im Preis steigen.“
Gall rechnet aus diesen Gründen mit einem Anstieg des Absatzes von Elektroautos im kommenden Jahr in der EU, aber auch in Deutschland. Für die Hersteller bedeuten der Preisrutsch bzw. das von einigen Herstellern bereits angekündigte CO2-Pooling allerdings zusätzliche finanzielle Belastungen: „Die Margen der Hersteller sind bereits im vergangenen Jahr deutlich gesunken, viele stehen finanziell massiv unter Druck. Wenn E-Autos nun mit hohen Rabatten verkauft werden, oder durch Pooling Strafzahlungen vermieden werden, drohen weitere Belastungen. Der Anstieg der Elektroneuzulassungen wird teuer erkauft sein.“
Für Verunsicherung aufseiten der Kunden könnten ein Aufweichen des EU-Ziels, ab 2035 keine Verbrenner mehr zuzulassen und ebenso die Politik der neuen US-Regierung unter Trump sorgen, so Gall: „Wenn zunehmend in Frage gestellt wird, ob der Elektroantrieb tatsächlich die Antriebstechnologie der Zukunft ist, werden sich mehr potenzielle Käufer doch wieder für einen Verbrenner entscheiden. Aufgrund dieser Unsicherheit haben sich einige Hersteller von allzu optimistischen Elektro-Strategien verabschiedet und setzen nun auf ein längeres Nebeneinander von Verbrennern und Elektroautos – was viel Geld kostet.“
Elektro-Marktanteil bleibt im Osten Europas weiterhin sehr niedrig
Einen hohen Anteil am Neuwagenmarkt haben E-Autos vor allem in Nordeuropa und den Benelux-Ländern – auch dank großzügiger staatlicher Fördermaßnahmen. In den meisten anderen EU-Ländern sind Elektroautos hingegen nach wie vor ein Nischenprodukt: In immerhin 15 EU-Ländern lag der Elektro-Marktanteil im vergangenen Jahr unter zehn Prozent.
Besonders niedrig ist der Marktanteil von Elektroautos in den ost- und südosteuropäischen Ländern: In der Slowakei lag er z.B. bei gerade einmal zwei Prozent, in Kroatien und Polen bei drei Prozent.
In den skandinavischen Ländern hingegen erfreuen sich Elektroautos großer Beliebtheit: Dänemark wies 2024 mit 52 Prozent den EU-weit höchsten Marktanteil von Elektroautos auf – vor Malte (38 Prozent), Schweden (35 Prozent), den Niederlanden (35 Prozent) und Finnland (30 Prozent). Deutschland lag mit einem Elektro-Marktanteil von 14 Prozent im EU-Vergleich im Mittelfeld. (Quelle: EY)