Die Wälder der Welt schwinden in atemberaubendem Tempo: In jeder Minute ist im vergangenen Jahr eine Fläche tropischen Regenwaldes so groß wie 18 Fußballfelder verloren gegangen. Das rechnet die Denkfabrik World Resources Institute (WRI) vor, die mit umfangreichen Daten der Universität Maryland eine «Global Forest Watch»-Plattform betreibt.
So wurden 6,7 Millionen Hektar tropische Urwälder zerstört, eine Fläche fast so groß wie Irland oder Bayern. Das ist der Analyse zufolge fast doppelt so viel wie im Jahr zuvor. In den Daten, die bis zum Anfang des Jahrtausends zurückgehen, ist der Waldverlust 2024 ein Rekord.
Ohne Wälder kein Überleben
«Das ist Alarmstufe Rot – ein Aufruf zum Handeln für jedes Land, jedes Unternehmen und jeden Menschen, dem ein lebenswerter Planet am Herzen liegt», sagt WRI-Wald-Expertin Elizabeth Goldman laut einer Mitteilung. «Unsere Volkswirtschaften, unsere Gemeinden, unsere Gesundheit – nichts davon kann ohne Wälder überleben.»
Erstmals war Feuer mit fast 50 Prozent der Hauptgrund für die Zerstörung der tropischen Wälder. Dieser Anteil lag zuvor nur bei rund einem Fünftel. Den Experten zufolge sind in den tropischen Urwäldern die meisten Brände durch Menschen verursacht, etwa um Flächen für die landwirtschaftliche Nutzung zu präparieren. Bislang war die Landwirtschaft insgesamt Haupttreiber der Waldzerstörung.
Brände sorgen für mehr Emissionen als der Luftverkehr
Fürs Weltklima sind das gleich doppelt schlechte Nachrichten: Je weniger Wälder, desto weniger Kohlenstoff können diese aufnehmen. Die Feuer setzen aber zusätzliche Emissionen frei: Nach Angaben des World Resources Institute waren dies im vergangenen Jahr 4,1 Gigatonnen Treibhausgase – das entspricht mehr als viermal den Emissionen des gesamten Luftverkehrs im Jahr 2023.
Was den Kampf gegen die Entwaldung angeht, ist die Welt fernab von ihrem angestrebten Kurs: Vor vier Jahren versprachen auf der damaligen Weltklimakonferenz mehr als 140 Länder, bis 2030 die Entwaldung zu stoppen und massiv aufzuforsten. Der WRI-Analyse zufolge haben heute von den 20 Ländern mit den größten Urwaldflächen 17 Länder größere Waldverluste als zu dem Zeitpunkt, an dem der Pakt gegen die Entwaldung unterzeichnet wurde.
Mehr als 40 Prozent der Entwaldung im vergangenen Jahr fand in Brasilien statt. Es habe zwar Fortschritte unter Staatspräsident Luiz Inácio Lula da Silva gegeben, aber die Bedrohung der Wälder bleibe bestehen, hält die Denkfabrik fest. Eine außergewöhnliche Dürre und hohe Temperaturen hätten dafür gesorgt, dass sich Feuer in ungekanntem Maße ausbreiten konnten.
Es gibt auch Lichtblicke
Fortschritte gibt es dagegen in Südostasien: So haben etwa Indonesien und Malaysia ihre Entwaldung deutlich reduziert.
Den WRI-Experten zufolge müsste die Welt die Entwaldung jedes Jahr um 20 Prozent verringern, um das 2030er-Ziel zu erreichen.