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„Schlaflose Nächte gehören dazu“: Wenn die Jungen Verantwortung übernehmen

Foto: Alexandra Huber
Foto: Alexandra Huber
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Wer hat in jungen Jahren nicht davon geträumt, ein eigenes Baumhaus zu besitzen? Renate und Markus Huber haben sich diesen Traum erfüllt und eröffneten vor sechs Jahren nicht nur ein Haus, sondern gleich ein ganzes Hotel: Das „My Arbor“ – ein Baum-Refugium auf der Plose oberhalb von Brixen (Südtirol). Dort findet man Entspannung im 2.500m² großen Spa und in den „Baum-Nestern“, den Hotelsuiten. Zum Erholungsprogramm des Südtiroler 5-Sterne-Hotels gehört ein Farm-to-Table-Konzept: Exklusiv für das Hotel bewirtschaftet Familie Huber 20 Hektar Agrarland am Gardasee. Die Hotelgäste kommen so in den Genuss von selbstangebautem Obst, Gemüse, Kartoffeln, Kräutern und Olivenöl. Das Brot wird aus dem eigenen Getreide gebacken, und der Wein stammt aus den Rebbergen der Hubers.

Auch die beiden Kinder teilen die Leidenschaft ihrer Eltern. Tochter Alexandra arbeitet bereits im Management des Familienhotels, nachdem sie ihre Ausbildung abgeschlossen und internationale Erfahrung gesammelt hat. Sohn Armin ist nach abgeschlossenem Studium sowie Arbeitserfahrungen im In- und Ausland mittlerweile auch schon ins Unternehmen eingestiegen.

Obwohl viele Familienunternehmen als besonders erfolgsträchtig und überlebensfähig gelten, sind sie in einem Punkt äußerst krisenanfällig – nämlich bei der Übergabe an die nächste Generation. So belegen Studien, dass es von den 85% der Familienunternehmen weltweit nur 67% in die zweite, 32% in die dritte und 16% in die vierte Generation schaffen. In der DACH-Region stehen in den nächsten Jahren, bedingt durch die Demografie der Babyboomer, mehr als zwei Drittel der familiengeführten Hotels zur Übergabe an. Wenn man bedenkt, dass z. B. in Österreich gut 80 Prozent der Hotels Familienbetriebe sind und internationale Ketten nur einen vergleichsweise kleinen Teil ausmachen, ist das erheblich.

Um die Übergabe zu schaffen, sollte man frühzeitig mit der Nachfolgeplanung beginnen. Das hört sich einfach an, ist es aber ganz und gar nicht. Courage hat bei der Juniorchefin Alexandra Huber nachgefragt, wie ihre Familie mit den Themen Nachfolge und Übergabe umgeht.

Courage: Der Begriff der Work Life Balance gewinnt bei der jüngeren Generation an Bedeutung. Nun ist das Leben eines Hoteliers bekanntlich nicht von Müßiggang geprägt, sondern im Gegenteil eher ein 7-Tage-Job. Wie kam es dazu, dass Du Dich entschieden hast, ins Familienunternehmen einzusteigen? Gab es auch Bedenken, hattest Du schlaflose Nächte?

Alexandra Huber: Das ist eine sehr interessante Frage. Ein Hotel schläft tatsächlich nie, und das war für mich schon von klein auf selbstverständlich. Meine Eltern führten ein Restaurant mit über 300 Sitzplätzen, das das ganze Jahr über geöffnet war. Daher war es für uns Kinder normal, dass zu jeder Tageszeit gearbeitet werden muss. Wochenenden, Abende, Feiertage und selbst Weihnachten waren stets mit dem Betrieb verbunden. Von klein auf haben sie uns gelehrt, dass harte Arbeit wichtig ist, damit man es sich auch manchmal gut gehen lassen kann. Wir haben früh begonnen, im Familienbetrieb mitzuhelfen, was uns auf das vorbereitet hat, was auf uns zukommen würde.

Natürlich ist man dann in Realität nicht ganz so gut vorbereitet und schlaflose Nächte und Sorgen gehören dazu. Unser Leben ist von unserer Leidenschaft geprägt, und es gibt keinen Tag, an dem das Hotel nicht im Mittelpunkt unserer Gedanken und Gespräche steht. Trotz der Herausforderungen überwiegen für mich die positiven Aspekte klar, und ich könnte mir keine andere Lebensweise vorstellen.

Gab oder gibt es eine gewisse Erwartungshaltung der Eltern an Dich oder Deinen Bruder, irgendwann einmal das Hotel zu übernehmen? Wie bereitet ihr Euch als Familie darauf vor? Haben Deine Eltern Voraussetzungen für die Nachfolge festgelegt?

Meine Eltern haben uns nie in eine gewisse Bahn gedrängt und uns alle Möglichkeiten offengelassen. Ich selbst habe mein Studium sehr allgemein gehalten und habe eine Matura am Realgymnasium und dann einen Bachelor in Business Management gemacht. Erst im Master habe ich mich dann auf das Hotelgewerbe konzentriert. Nichtsdestotrotz glaube ich, dass wir unterbewusst immer mit dem Gedanken aufgewachsen sind, das Familienunternehmen eines Tages zu übernehmen. An diesem Punkt sind wir jetzt schon angelangt. Meine Eltern ziehen sich immer mehr zurück und übergeben uns Entscheidungen und Verantwortungen. Sie sind davon überzeugt, dass Fehler zur persönlichen Weiterentwicklung dazugehören. Sie stehen noch zu jederzeit mit Rat und Tat zur Seite, lassen uns dann aber selbst die Entscheidungen treffen und unseren Weg zu gehen.

Dein Bruder möchte auch ins Familienunternehmen einsteigen. Mitunter treibt eine derartige Konstellation tiefe Gräben zwischen Geschwistern. Kann ein Hotelbetrieb auch in einer Doppelspitze fortgeführt werden?

Das hört man tatsächlich häufig, wir sind aber überzeugt, dass wir zusammen stärker sind und es eher durch Aufteilungen zu Streitereien kommen kann. Der Plan ist, dass wir beide zusammen das Hotel übernehmen. Wir kommen super gut aus und ergänzen uns in den verschiedenen Feldern. Natürlich muss jeder akzeptiert und gehört werden und muss seine Spielwiese haben. Wir haben das bei uns so geregelt, dass jeder für einen anderen Bereich zuständig ist, in dem er Entscheidungskraft hat und sich ausleben kann. Bis jetzt gelingt uns dies ganz gut, und so kann jeder seine Stärken ausspielen. Außerdem sind wir nicht nur zu zweit, sondern mittlerweile sogar zu viert. Wir haben zwei tolle Partner, die uns helfen, das Hotel zu führen. Zusammen glauben wir, dass wir die Zukunft gut meistern können… zumindest geben wir dafür tagtäglich unser Bestes!

Wie gehen die Mitarbeiter bzw. Kollegen mit Deiner neuen Rolle um? Welches Feedback hast Du bekommen? Wie bist Du damit umgegangen?

Ich glaube, dass es in der Natur liegt, dass Menschen oft Schwierigkeiten haben, sich an Veränderungen anzupassen, und anfangs eher defensiv auf Wechsel reagieren. Dies gilt sicher auch besonders, wenn jemand Junges Verantwortung übernimmt. Trotzdem glaube ich, dass mein Übergang besser verlaufen ist, als ich es erwartet hatte. Für mich ist es wichtig, dass meine Leistung anerkannt wird, unabhängig von meiner Position. Deshalb habe ich von Anfang an mein Bestes gegeben. Seit ich vor 3,5 Jahren angefangen habe, im Unternehmen zu arbeiten, konnte ich im Laufe der Zeit meine Rolle weiterentwickeln und stärken, was mir persönlich viel bedeutet.

Hat sich das Unternehmen nach Deinem Eintritt als Juniorchefin verändert? Welche Visionen bzw. Ambitionen hast Du für Deine persönliche Zukunft? Wo möchtest Du Akzente setzen?

Ich glaube schon, dass ich einige neue Akzente habe setzen können und auch weiterhin zusammen mit den anderen versuche einzubringen. Was uns dabei besonders am Herzen liegt, ist die Internationalisierung der Gäste und die Integration fortschrittlicher technologischer Lösungen zur Unterstützung unserer Arbeitsabläufe. Unser Ziel ist es, in der heutigen dynamischen Zeit flexibel zu agieren und schnell auf Veränderungen zu reagieren, ohne dabei die Qualität aus den Augen zu verlieren.

Für unsere persönliche Zukunft haben wir klare Visionen und Ambitionen. Wir streben danach, das Unternehmen kontinuierlich weiterzuentwickeln und unsere Position zu stärken.

Viele inhabergeführte Hotels beschäftigen sich nur mit den rechtlichen, steuerlichen und betriebswirtschaftlichen Aspekten einer Unternehmensnachfolge und unterschätzen die emotionale Seite – zum Beispiel wenn die Seniorgeneration nicht bereit ist, loszulassen und die Verantwortung auf die Jungen zu übertragen. Hast Du Sorge, dass das auch bei Euch zum Thema werden könnte?

Das höre ich auch oft in meinem Umfeld. Bei uns ist jedoch genau das Gegenteil der Fall. Meine Eltern haben keinerlei Schwierigkeiten damit, Verantwortung abzugeben, und haben bereits viel delegiert. Mein Vater konzentriert sich derzeit auf sein neues Hobby, unsere Landwirtschaft, und baut Obst, Gemüse, Oliven und Getreide für unser Hotel an. Dadurch ist er ganz anders beschäftigt.

Südtirol hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zu einer der beliebtesten Reisedestinationen entwickelt. Im Jahr 2023 zählte Südtirol 36,1 Mio Nächtigungen. Das ist ein Plus von fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Hat das Land die Obergrenze an verkraftbaren Gästen erreicht? Ist das noch „nachhaltiger Urlaub“?

In Südtirol wird derzeit viel über das Thema Übertourismus diskutiert, und die öffentliche Meinung ist nicht immer positiv. Ich persönlich bin jedoch überzeugt, dass nur einige Hotspots an wenigen Tagen des Jahres dazugehören, wir aber generell noch lange nicht den Punkt des Übertourismus erreicht haben.

Der Tourismus ist eine der wertschöpfenden Säulen, die Südtirol zu dem gemacht haben, was es heute ist. Oft wird der Tourismus fälschlicherweise für viele Probleme verantwortlich gemacht, obwohl dies nicht gerechtfertigt ist. Zu den meisten Problemen tragen viel mehr Aspekte als nur der Tourismus bei.

Ich bin eher der umgekehrten Meinung: Wie sähe unser Land aus, wenn es den Tourismus nicht mehr gäbe? Wären unsere Dörfer und Städte genauso attraktiv? Ich denke, das Leben der Bevölkerung mit den vielen Freizeitaktivitäten und Einkehrmöglichkeiten geht Hand in Hand mit dem Tourismus.

Für alle Nicht-Lateiner: Was bedeutet der Name „Arbor“?

Der Name Arbor bedeutet Baum.

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