Liebe Leserin, lieber Leser,
es ist noch gar nicht lange her, da hatte ich an dieser Stelle über den Umgang mit Fehlern sinniert. Und schon holt mich das Thema wieder ein. Als Beobachterin: Ich frage mich, wie Promis wie beispielsweise Manuel Neuer damit umgehen, wenn sie vor einem Millionenpublikum schlicht danebengreifen. So ein Misserfolg und dann noch die hämischen Kommentare der Weltpresse kann Leben zerstören. Könnte – wenn es an Abwehrmechanismen fehlt. Wie aber macht man es, in solchen Momenten stabil zu bleiben?
Auch holt mich das Thema ein, weil ich über eine Pressemitteilung der AXA gestolpert bin. Der Versicherer hatte den Marktforscher YouGov Deutschland GmbH beauftragt, einmal genauer hinzusehen, wie wir uns nach Missgeschicken verhalten bzw. was Fehler in uns auslösen. Und siehe da: Ein schlechtes Gewissen und Versagensängste sind bei Frauen deutlich stärker ausgeprägt als bei Männern. Als hätten wir es nicht gewusst. Zwar plagen die Folgen von Missgeschicken oder Misserfolgen große Teile der Bevölkerung (49 Prozent). Guckt man auf die Aufteilung nach Geschlechtern, gibt es ein deutliches Gefälle. Nur 44 Prozent der Männer haben dann Versagensängste, bei Frauen liegt der Anteil bei 54 Prozent. Befragt nach dem „schlechten Gewissen“ als Folge eines Fehlverhaltens fällt die Geschlechter-Differenz noch größer aus: 50 Prozent der Männer und 63 Prozent der Frauen.
Und nein: Das Ergebnis ist kein Zufallsprodukt, die Ergebnisse der Studie sind repräsentativ. Und ich gestehe, dass ich mich ertappt gefühlt habe. Ich erinnere mich an Missgeschicke, die nun wirklich bedeutungslos waren, mich aber lange Zeit beschäftigt haben. Ein falscher Satz, ein bissiger Kommentar dazu – schon wälze ich mich nachts im Bett. Auch viele positive Kommentare können dann erst einmal nichts gegen das doofe Bauchgefühl ausrichten. Kommt dir das bekannt vor?
Ich denke an ein ähnliches Phänomen bei der Geldanlage. Einmal 1.000 Euro Gewinn und neun mal 100 Euro Verlust werden als Niederlage wahrgenommen. Hier kommt es am Ende auf die Anzahl der Treffer und nicht auf den Kontostand an. Bei Missgeschicken verhält es sich offenbar so, wie bei der Wahrnehmung von Gewinn und Verlust: Der Verlust wiegt immer doppelt schwer.
Das Gute ist: Wer diesen Mechanismus kennt, kann gegensteuern! Überhaupt kann man lernen, mit Niederlagen umzugehen. Wie das im Job geht und du nach einer Kündigung wieder erfolgreich durchstarten kannst, hat Sabine Hildebrandt-Woeckel für die aktuelle Ausgabe der Courage recherchiert. Und im Titelinterview spricht Laura Wontorra über den Unterschied zwischen Zweifeln und einem guten Umgang mit Fehlern und Kritik. Und sie erklärt ganz sportlich, warum der Hang zum Zweifeln bei ihr wenig ausgeprägt ist.
Ich wünsche eine spannende Lektüre und ein wunderschönes Wochenende!
Herzliche Grüße
Birgit Wetjen
Chefredakteurin Courage
PS: Nächste Woche, am 26. Juni um 18 Uhr ist wieder „Loungetalk“ angesagt. Zu Gast ist die unabhängige Honorarberaterin Saskia Drewicke. Ihr habt eine private Rentenversicherung oder eine kapitalbildende Lebensversicherung abgeschlossen und wollt wissen, ob die was taugt? Dann seid ihr am kommenden Mittwoch genau richtig, um Eure Fragen zu stellen. Ich freue mich auf Euch!
- Missgeschicke passieren immer und überall. Ich vertusche sie nicht, sondern mache es beim nächsten Mal einfach besser. 70%, 48 Stimmen48 Stimmen 70%48 Stimmen - 70% aller Stimmen
- Ich genüge meinen eigenen Ansprüchen. Mir ist egal, was andere von mir erwarten. 14%, 10 Stimmen10 Stimmen 14%10 Stimmen - 14% aller Stimmen
- Ich ertrage es nicht, Fehler zu machen. Weil sie von meiner Dummheit zeugen. 10%, 7 Stimmen7 Stimmen 10%7 Stimmen - 10% aller Stimmen
- Der Leistungsdruck steigt. Immer öfter vergleiche ich mich mit perfekt wirkenden Menschen auf Instagram & Co. 6%, 4 Stimmen4 Stimmen 6%4 Stimmen - 6% aller Stimmen