BERLIN (dpa-AFX) – In der Debatte über Reformen des Sozialstaats und Anreize für mehr Wachstum hat Vizekanzler Lars Klingbeil entschlossene Schritte der Regierungskoalition angekündigt.
“Diese Regierung muss mutig vorangehen, und das werden wir auch. Der Reformwille auf unserer Seite ist da”, sagte der SPD-Chef dem “Handelsblatt”. Die Vorsitzenden der Regierungsparteien CDU, CSU und SPD werden nach seinen Worten vorschlagen, wie alle Stränge zusammenlaufen.
“Das wird ein gerechtes Gesamtkonzept”, versicherte er. Die Strukturreformen würden auch helfen, die Lücke von 34 Milliarden Euro im Haushalt 2027 zu verkleinern.
Ein Thema werden nach Klingbeils Worten “deutliche Veränderungen” beim Bürgergeld. Zudem werde man in der Koalition auch über den Abbau von Subventionen reden. Und auch über eine Reform der Erbschaftsteuer wolle seine Partei sprechen. “Ich habe registriert, dass die Union über die Erbschaftsteuer diskutiert. Da sehe ich ein großes Möglichkeitsfenster.”
Debatte über reiche Erben und Bürgergeldbezieher
Kürzlich hatte der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Jens Spahn die ungleiche Vermögensverteilung in Deutschland als Problem bezeichnet und damit eine Debatte zur Erbschaftssteuer losgetreten. Und über die geplante Reform des Bürgergelds gab es Anfang September ebenfalls einen öffentlichen Schlagabtausch in der Koalition. Kanzler Friedrich Merz hatte mehrfach gesagt, man könne sich den Sozialstaat so wie heute nicht mehr leisten.
Klingbeil sagte nun, man werde den Menschen mit dem Haushalt 2027 einiges abverlangen. Die Bürger seien aber bereit, den Weg mitzugehen – “wenn alle ihren Beitrag leisten, auch diejenigen, die sehr viel Geld haben”.
“Länger reformieren als nur einen Herbst lang”
Weiter sagte Klingbeil: “Es ist wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger sehen, dass es jetzt einen großen Schritt nach vorn gibt und nicht nur ein Sammelsurium von einzelnen Maßnahmen.” Angesprochen auf den sogenannten Herbst der Reformen, sagte Klingbeil: “Wir müssen viel länger reformieren als nur einen Herbst lang. Aber ich will, dass dieses Jahr noch richtig was passiert.”
Der Finanzminister will mit Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) nach eigenen Worten schnell einen sogenannten Deutschlandfonds auflegen, um internationale Investoren anzulocken. In diesem Jahr solle die erste Stufe starten. Damit schaffe man eine Andockstelle für privates Kapital. Der Bund werde mindestens zehn Milliarden Euro bereitstellen. “Durch die Mobilisierung privaten Kapitals können wir die Mittel auf bis zu 100 Milliarden Euro hebeln.” Laut Klingbeil gibt es ein großes Interesse internationaler Investoren: “Die stehen Schlange.”