Im August und September startet das neue Ausbildungsjahr – und noch immer sind hunderttausende Lehrstellen in Deutschland unbesetzt. Allein auf dem Jobportal von Indeed waren im Juni mehr als 120.000 Stellenanzeigen für Ausbildungsplätze geschaltet, wie eine aktuelle Auswertung der Plattform-Daten zeigt.
„Dass es kurz vor Beginn des Ausbildungsjahres noch viele offene Lehrstellen gibt, ist nichts Neues und wird von der Politik gefühlt achselzuckend hingenommen – genau darin liegt das Problem“, sagt Frank Hensgens, Geschäftsführer DACH bei Indeed. „Die duale Berufsausbildung ist der wesentliche Erfolgsfaktor für die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Dass die Zahl unbesetzter Ausbildungsplätze von Jahr zu Jahr derart hoch ausfällt, ist frappierend. Hier muss schleunigst gegengesteuert werden.“
Gute Chancen auf eine Last-Minute-Lehrstelle
Besonders groß ist die Vakanz im Einzelhandel, in der Pflege und in der Logistik. Mit 15.000 Anzeigen waren Einzelhandelskaufmänner und -frauen in den vergangenen drei Monaten die meistgesuchten Auszubildenden auf Indeed. Gefolgt von 11.000 Verkäufern und Verkäuferinnen, 5.500 Pflegekräften, 5.200 Kaufmännern und -frauen für Bürokommunikation sowie 5.000 Fachkräften für Lagerlogistik. Allesamt Branchen, denen der Fachkräftemangel schon heute erheblich zusetzt. Fehlende Azubis lassen hier für die Zukunft nichts Gutes vermuten.
Dazu passt, dass Lehrstellenanzeigen aus dem Einzelhandel eben jene sind, die am längsten auf Indeed geschaltet werden. 98 Prozent und damit fast alle Gesuche nach Einzelhandelskaufmännern oder -frauen sind mindestens 60 Tage und damit überdurchschnittlich lange online. Gleiches gilt für 93 Prozent aller Inserate aus dem Bereich Kurier-, Express- oder Postdienstleistung sowie dem Fleischerhandwerk oder für 85 Prozent aller Anzeigen, die nach Augenoptik-Auszubildenden suchen. „Lehrstellen in diesen Bereichen sind besonders schwer zu besetzen. Gleichzeitig bieten sie Bewerbenden, die aktuell noch eine Lehrstelle suchen, die Chance, kurzfristig doch noch fündig zu werden“, sagt Hensgens.
Ausbildungsvakanzen: Politik, Wirtschaft und Verbände gleichermaßen gefordert
Laut Bundesagentur für Arbeit lag die Zahl junger Menschen ohne Ausbildungsplatz im Juni bei 154.000. Ihnen gegenüber standen aber 235.000 unbesetzte Lehrstellen. Umgerechnet hieße das: Für 100 unbesetzte Stellen gab es lediglich 65 Kandidat*innen. Wenn sich daran nichts ändert, bleibt jeder dritte Ausbildungsplatz zum Start ins neue Lehrjahr frei.
Hensgens Forderung: „Es liegt an allen Beteiligten, Ausbildungsberufe für junge Menschen attraktiver zu machen. Also sind Politik, Wirtschaft und Verbände gleichermaßen gefordert, an den extrem hohen jährlichen Ausbildungsvakanzen etwas zu ändern. Dazu gehört zum Beispiel Arbeitsbedingungen zu schaffen, die denen ausgelernter Mitarbeitender in nichts nachstehen. Aber auch Zusatzleistungen wie Jobtickets, flexible Arbeitszeiten und eine faire Bezahlung, die es jungen Menschen ermöglicht, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten.“
Bis Juni waren bei der Bundesagentur für Arbeit für das aktuelle Ausbildungsjahr insgesamt fast eine halbe Million Lehrstellen gemeldet worden. Auch dadurch erklärt sich die hohe Nachfrage nach Auszubildenden auf Indeed. „Der Trend ist klar erkennbar“, sagt Hensgens: „Es wird deutlich mehr gesucht und der Wille auszubilden ist offenbar deutlich stärker als vor fünf Jahren.“ Zum Vergleich: Im Juni 2019 wurden gerade mal 72.000 Stellenanzeigen für Ausbildungsplätze auf Indeed geschaltet. In diesem Jahr sind es 61 Prozent mehr. Durch das Matching haben Unternehmen auch gute Chancen, auf Indeed noch Azubis zu finden – und junge Menschen eine Lehrstelle. (Quelle: Indeed/ml)