Hannover/Wolfsburg (dpa) – Rund zehn Jahre nach dem Auffliegen des Dieselskandals sieht Niedersachsens Ministerpräsident Olaf Lies einen deutlichen Kulturwandel bei Volkswagen. «Dort wird heute deutlich sensibler mit Verantwortung und Vertrauen umgegangen», sagte der SPD-Politiker, der dem VW-Aufsichtsrat damals wie heute angehört, der Deutschen Presse-Agentur.
Eines gelte jedoch nach wie vor: «Größe und Selbstbewusstsein bergen weiterhin das Risiko, zu spät auf externe Warnsignale zu reagieren.» Veränderung sei daher ein dauerhafter Prozess, «und nicht nur ein einmaliger Schritt», betonte Lies. Die Vorgänge selbst seien zwar weitgehend abgeschlossen. «Unbefriedigend bleibt, dass wir vermutlich nie genau erfahren werden, wer zu welchem Zeitpunkt was gewusst hat und ob dem Ganzen früher hätte Einhalt geboten werden können», sagte er.
Nachwirkungen der Affäre
Eine gewisse Hypothek bleibe für Volkswagen. Zugleich habe der Konzern «das Beste daraus gemacht», indem er seine Strukturen verbessert habe und sich seiner Verantwortung für Mensch und Umwelt stärker bewusst sei. Für Niedersachsen sei die Affäre einerseits eine Belastung gewesen, andererseits aber auch ein Anstoß, die Transformation entschiedener voranzutreiben.
Politik und E-Mobilität
Auch für das Verhältnis zwischen Politik und Konzern sieht Lies Veränderungen. Er habe den Eindruck, dass die Politiker im VW-Aufsichtsrat dem Konzern heute selbstbewusster gegenübertreten als ihre Vorgänger – und er begrüße das ausdrücklich. Die Zusammenarbeit bleibe eng, aber durchaus kritischer als vor dem Skandal.
Eine spürbare Folge sei zudem die frühere Weichenstellung in Richtung Elektromobilität. Lies sagte, der Dieselskandal habe immerhin eine positive Folge gehabt: Volkswagen habe den Wechsel zur E-Mobilität früher eingeleitet, «als das sonst passiert wäre». Das habe einen positiven Veränderungsdruck gebracht. «Die Wirkung solcher Faktoren auf Veränderungsprozesse gerade in so großen Systemen sollte man nicht unterschätzen.»