Berlin/Münster (dpa/tmn) – Jeden Monat mehr Netto vom Brutto haben? Genau das können steuerpflichtige Beschäftigte erreichen – vorausgesetzt, sie haben absehbar hohe steuerrelevante Ausgaben wie Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen, die sie schon vor Abgabe einer Steuererklärung berücksichtigt wissen wollen.
Ist das der Fall, können sie sich vom zuständigen Finanzamt Freibeträge in den elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmalen (ELStAM) hinterlegen lassen. Das senkt die monatliche Steuerbelastung. Wir beantworten die wichtigsten Fragen dazu.
Was sind elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale?
Zu den elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmalen einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers gehören grundsätzlich die jeweilige Steuerklasse, die Anzahl der Kinder und die Konfessionszugehörigkeit. Diese Daten stellt das Finanzamt dem Arbeitgeber bereit, damit dieser weiß, wie hoch die Lohnsteuer ist, die er einbehalten muss, teilt Gianluca Fischer von der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen mit.
Wer schon während eines Jahres weiß, dass er etwa einen weiten Arbeitsweg oder hohe Krankenkosten haben wird, die steuerlich relevant werden, kann sich dafür weitere Freibeträge bei den elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmalen vom Finanzamt hinterlegen lassen. Menschen mit Behinderung oder jene, die Angehörige pflegen, können zudem entsprechend geltende Pauschbeträge berücksichtigen lassen.
Ein Arbeitgeber, der diese weiteren Informationen vom Finanzamt erhält, behält schon unter dem Jahr weniger Lohnsteuer ein und überweist Beschäftigten mehr von ihrem Bruttogehalt tatsächlich aufs Konto. So holen sich Steuerzahlerinnen und Steuerzahler nicht etwa erst im Rahmen der Steuererklärung eine mögliche Erstattung zurück, sondern profitieren bereits Monat für Monat von der Lohnsteuer-Ermäßigung.
Wie kommen Beschäftigte zu der Lohnsteuer-Ermäßigung?
Die Eintragung zusätzlicher Freibeträge bei den Lohnsteuerabzugsmerkmalen müssen Beschäftigte bei ihrem zuständigen Finanzamt beantragen. «Ein entsprechender Antrag lässt sich bequem im Elster-Programm ausfüllen und elektronisch einreichen», sagt Jana Bauer vom Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine (BVL).
Alternativ ist das auch mit dem Formular «Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung und zu den Lohnsteuerabzugsmerkmalen» mit den entsprechenden Anlagen möglich. Den Antrag können Interessierte online über das Formular-Management-System des Bundesfinanzministeriums abrufen.
Die von Arbeitnehmenden beantragten und vom Finanzamt bewilligten Freibeträge ruft der Arbeitgeber bei der nächsten Lohn- oder Gehaltsabrechnung ab und berücksichtigt sie entsprechend bei der Berechnung der Lohnsteuer.
Für welche Aufwendungen lassen sich Freibeträge in den ELStAM hinterlegen?
Das geht für folgende Aufwendungen:
- Werbungskosten: Darunter fallen zum Beispiel beruflich bedingte Fahrt- und Reisekosten, soweit der Arbeitgeber sie nicht erstattet, außerdem etwa Fortbildungskosten oder Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer.
- Außergewöhnliche Belastungen: Dazu zählen etwa Krankheitskosten, geleistete Unterhaltszahlungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen oder Aufwendungen für Pflegeleistungen.
- Sonderausgaben: Das können beispielsweise Kinderbetreuungskosten, Ausbildungskosten, Spenden oder gezahlte Kirchensteuer sein.
- Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen, eine Haushaltshilfe oder für Handwerkerleistungen
Doch nicht jeder Euro an Ausgaben kann unmittelbar als Freibetrag in den elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmalen hinterlegt werden. «Erst wenn die Ausgaben insgesamt den Betrag von 600 Euro übersteigen, können Arbeitnehmende einen Freibetrag auf ihrer elektronischen Lohnsteuerkarte eintragen lassen», sagt Jana Bauer.
Bei den Werbungskosten gilt sogar noch eine Besonderheit: Weil das Finanzamt hier ohnehin bei allen steuerpflichtigen Beschäftigten bereits den Arbeitnehmerpauschbetrag von 1.230 Euro berücksichtigt, zählen diese Beträge erst oberhalb dieser Grenze zu den notwendigen 600 Euro, die es für einen erfolgreichen Antrag braucht.
Bauer rät, dem Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung gleich Belege beizufügen. Das beuge Nachfragen des Finanzamts vor.
Welche Fristen gelten für die Beantragung?
Die Möglichkeit, einen Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung zu stellen, haben Beschäftigte ab dem 1. November des Vorjahres, für das das der Freibetrag gelten soll. Fristende ist am 30. November desselben Jahres, für das die Freibeträge gelten sollen. Nur so haben die Finanzämter ausreichend Zeit, den Antrag zu bearbeiten, und Arbeitgeber, die neuen ELStAM noch in der Dezember-Abrechnung zu berücksichtigen.
Der beantragte Freibetrag wird anteilig auf die einzelnen Monate verteilt -sofern im Abrechnungszeitraum noch mehrere verbleiben. Für im Januar gestellte Anträge auf Lohnsteuer-Ermäßigung erfolgt eine Änderung ausnahmsweise ab dem 1. Januar. Wird ein Antrag später gestellt, wird der Freibetrag erst ab dem Folgemonat der Antragstellung berücksichtigt.
Arbeitnehmende können Freibeträge für ein, längstens für einen Zeitraum von zwei Kalenderjahren ab Beginn des Kalenderjahres, für das der Freibetrag erstmals gelten soll, beantragen. «Davon ausgenommen sind beantragte Pauschbeträge für Menschen mit Behinderung und Hinterbliebene», sagt Fischer. Diese Freibeträge berücksichtigt die Finanzverwaltung mehrjährig – in der Regel entsprechend der Gültigkeit der Ausweise.