Marktausblick: 100 Tage Irrwitz 

Foto: SensorSpot/iStock
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Fallende Aktienkurse, eine schrumpfende Wirtschaft, sinkende Konsumausgaben, ein schwacher Dollar – die Bilanz der ersten 100 Tage von Donald Trump ist schlicht desaströs. Und genau das macht Hoffnung.  

Die Zahlen sprechen für sich: Der US-Leitindex S&P 500 ist seit seinem Amtsantritt rund 14 Prozent gefallen, das ist die schlechteste Bilanz aller US-Präsidenten jemals. „In der ewigen Tabelle der Präsidenten ist Trump 2.0 auf dem letzten Platz zu finden“, kommentiert der Marktexperte Christian Henke von der Handelsplattform IG Markets. Trump ist es in 100 Tagen gelungen, aus einem Wirtschaftswachstum von 2,4 Prozent ein Minus von 0,3 Prozent zu machen. Auch wenn vielleicht nicht der komplette Absturz auf sein Konto geht – er trägt auf jeden Fall einen gehörigen Anteil daran. Einen derartigen Abschwung hatten nicht einmal Pessimisten erwartet.  

Schuld daran ist seine Besessenheit von Zöllen. Vor Inkrafttreten importierten die US-Unternehmen noch auf Teufel komm raus. Das hat sich rapide geändert. Jetzt legen kaum mehr Containerschiffe aus China in den US-Häfen an. Große Handelsketten wie Walmart oder Target warnen, dass in wenigen Wochen die Regale in den US-Supermärkten leer sein werden. So kommen etwa 80 Prozent des Spielzeugs in den USA aus China. Dass das BIP schnell wieder auf den Wachstumskurs zurückfindet, darf bgetrost ezweifelt werden. Auch der prominente Hedgefondsmanager Bill Ackman ist inzwischen sauer: „This is not what we voted for“ – das ist nicht das, wofür wir ihn gewählt haben. 

Lösungen in Sicht 

„It’s the economy, stupid“ – das Erfolgsrezept Bill Clintons dürfte auch einem Donald Trump geläufig sein. Deswegen darf man hoffen, dass es Lösungen geben wird in Sachen Zölle. Trump wird sie „wegverhandeln“, für Zugeständnisse anderer Art, die wahrscheinlich kleiner ausfallen werden, als er sich das gewünscht hat. Dann könnten sich auch die Börsen wieder stabilisieren. Gelingt Trump das nicht, stehen die USA vor dem Worst Case Szenario, einer Stagflation, einer schrumpfenden Wirtschaft mit hoher Inflation. 

Das Ganze hat auch sein Gutes: „Die Marktvolatilität kann geduldigen, antizyklischen Anlegern langfristige Kaufgelegenheiten bieten“, sagt etwa Ben Ritchie, einer der Chefinvestoren beim Geldverwalter Aberdeen. Die Aktie der Google-Mutter Alphabet ist zum Beispiel derzeit so günstig wie schon lange nicht. Sie ist etwa 30 Prozent billiger als der Durchschnitt der Tech-Werte. 

Der DAX zeigt sich robust 

Die schwache US-Wirtschaft schlägt allen rund um den Globus auf den Magen. 82 Prozent der Fondsmanager erwarten eine schwächere Weltwirtschaft, besagt eine aktuelle Umfrage der Bank of America. In den 30 Jahren der Umfrage gab es noch nie einen derart hohen Wert. Immerhin, der DAX kann den miesen US-Daten widerstehen. Und auch den schlechten Quartalszahlen aus der Autoindustrie, konkret von VW und Mercedes. Vor dem Feiertag ist der Leitindex sieben Handelstage in Folge gestiegen. Das liegt auch an den anhaltenden massiven Umschichtungen internationaler Investoren, die geradezu fluchtartig den US-Markt verlassen.  

Auch kommende Woche werden – neben zu erwartenden Trumpschen Kapriolen – wieder Quartalsberichte im Rampenlicht stehen. Unter anderem legen BMW, die von einer Übernahme bedrohte Commerzbank, Chipbauer Infineon und Puma die Bücher offen. Dazu der Aktienüberflieger Rheinmetall und Siemens Energy. Man darf gespannt sein. 

Auch die US-Notenbank tagt. Trump hat sie wiederholt angegriffen und Zinssenkungen gefordert. Die Chancen, dass sie ihm dieses Mal folgt, liegen laut Fed Watch Tool bei unter zehn Prozent. Es gibt ihn noch, den Widerstand in den USA. Wenn auch nur vereinzelt. 

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