Was, wenn er doch Recht hat? Wenn Donald Trump die Staatskasse mit Zöllen füllt, neue Industriearbeitsplätze schafft und das Wirtschaftswachstum mit Steuersenkungen und niedrigen Zinsen beflügelt?
Man könnte auf die Idee kommen. Denn die US-Wirtschaft ist im zweiten Quartal um drei Prozent gewachsen. In jenem Quartal, in dem die Unsicherheit um die Handelspolitik des Präsidenten am größten war. Bei näherem Hinsehen ist das Wachstum aber vor allem auf einen Rückgang der Importe zurückzuführen. Die Binnennachfrage wuchs so langsam wie seit zweieinhalb Jahren nicht mehr. Es bleibt dabei: Trumps Politik steht im Widerspruch zu den Erkenntnissen der Ökonomie. Die Prophezeiung lautet daher: Das dicke Ende kommt noch.
Zumindest die Sache mit den niedrigen Zinsen läuft erst mal nicht. Diese Woche hat Notenbankchef Jerome Powell wieder nicht den Forderungen aus dem Weißen Haus nachgegeben, die Zinsen zu senken. Vermutlich, weil er als Ökonom mit dem dicken Ende rechnet. Trumps Entourage tobte in erwartetem Ausmaß. Bemerkenswert dabei ist, dass sich sogar zwei regionale Notenbank-Präsidenten öffentlich gegen den Beschluss aussprachen. Was wiederum nachvollziehbar ist, wenn man weiß, dass sie von Donald Trump ernannt wurden.
Die Inflation wird kommen
Zurück zum dicken Ende. Was sollen wir darunter verstehen? Zunächst mal Inflation. Mit 3,4 Prozent rechnen Wissenschaftler zum Ende des Jahres in den USA. Es liegt auf der Hand, dass ein Zoll von 50 Prozent auf brasilianische Waren sich nicht zuletzt in den Preisen von amerikanischen Kaffeebechern niederschlagen wird. Ob das mit den neuen Arbeitsplätzen was wird, steht in den Sternen. Bislang zeigen europäische Firmen wenig Neigung, in den USA zu investieren. Und auch wenn die Zölle Milliarden in die Staatskasse spülen, dürften die geplanten Steuersenkungen das Defizit der USA noch kräftig ausweiten. Heißt: Die Zinszahlungen werden steigen.
Der Zoll-Deal mit Europa wirft auch noch etliche Fragen auf – und löste Sorgenfalten bei vielen Wirtschaftsbossen aus. So sind deutsche Autoaktien gerade im Sonderangebot, trotzdem will sie – nachvollziehbar – niemand haben. Auf der Gegenseite haben die amerikanischen Tech-Konzerne mit ihren Quartalsergebnissen gepunktet. Microsoft und Meta stiegen zweistellig und zogen SAP mit nach oben.
Die Bilanzsaison läuft weiter
Bei allen tagtäglichen Trump’schen Kapriolen sollten wir nicht übersehen, dass wir mitten in der Bilanzsaison zum zweiten Quartal stecken, der wichtigsten Zeit für die Börse. Die läuft bislang erwartbar – Technologie und künstliche Intelligenz sind noch immer ein Trend-Thema, das die amerikanischen Indizes steigen lässt. Aber auch Rüstung. Kommenden Donnerstag legt Rheinmetall die Bücher vor. Analysten erwarten 16 Prozent mehr Umsatz und deutlich mehr Gewinn.
Aber auch abseits dieser Sparten läuft das Geschäft bei soliden Unternehmen. Bei der Allianz etwa erwarten Fachleute ebenfalls einen steigenden Gewinn, auch bei Siemens Energy. Beim Mutterkonzern Siemens hingegen soll der gesunken sein. Kommende Woche kommen auch Zahlen von Infineon, Fraport, Fresenius Medical Care, Hugo Boss, Commerzbank oder Bayer – auch beim notorischen Krisenkonzern wird mit Gewinn gerechnet. Ob die Prognosen alle so aufgehen werden, sehen wir kommende Woche.
Verborgener Überflieger
Aber es gibt auch noch deutsche Aktien, die so ziemlich im Verborgenen blühen. Die Firma Friedrich Vorwerk etwa verlegt Leitungen und Pipelines für Strom oder Gas. Die werden gerade dringend wegen der LNG-Terminals benötigt. Die Aktie hat sich binnen eines Jahres mehr als vervierfacht. Da können selbst die amerikanischen Tech-Überflieger nicht mithalten. Es ist nicht alles schlecht hier, wie manche Kritiker glauben, man muss nur richtig hinsehen.