Ignorieren ist nie eine gute Strategie. Die Börsen haben die Augen womöglich zu lange vor den vielen Problemen geschlossen, die auf die Kurse drücken können. Offenbar haben sie in dieser Woche die Augen jedoch geöffnet. Es geht bergab.
Da ist der Konflikt in Nahost, der sich auf die Ölpreise auszuwirken beginnt. Da ist die offene Frage, ob die zig Milliarden neuer Schulden der europäischen Staaten auch wirklich effektiv verwendet werden. Da ist noch immer das Thema Inflation, das noch längst nicht abgehakt ist. Und da ist natürlich Donald Trump und seine Strafzölle.
Seltsame Einigung
Und dann ist da noch jene angebliche Einigung mit China, die die halbe Welt rätseln lässt. Die Volksrepublik liefert wieder die höchstbegehrten Seltene Erden und Magnete in die USA, verbreitete der US-Präsident auf seinem Social-Media-Kanal. Die werden für praktisch alles benötigt, was unsere moderne Technologie ausmacht – ob Handy, Computerchip, E-Auto oder Windrad. Im Gegenzug stehen unter anderem US-Colleges und -Universitäten chinesischen Studenten wieder offen, der zweitgrößten Gruppe ausländischer Studenten in den USA nach den Indern übrigens. Importe aus China in die USA werden mit 55 Prozent Zoll belegt, in der anderen Richtung sind es zehn Prozent. Das klingt so, als wäre China komplett vor Trump eingeknickt, und das glauben wohl nur Trump-Anhänger. Es wäre schon ziemlich verwunderlich, wenn das Ganze nicht einen Pferdefuß hat, wie man so sagt.
Abgesehen davon ist deutlich geworden, welches mächtige Instrument Peking mit den Seltenen Erden in der Hand hat. Zwar kommen die auch in anderen Teilen der Welt vor, 5,7 Prozent der globalen Vorräte liegen zum Beispiel in Europa. Allein in Schweden findet sich so viel, um den Weltmarkt acht Jahre lang zu versorgen. Aber: 97 Prozent der Verarbeitung findet in China statt. Wird dort der Hahn zugedreht, stehen im Rest der Welt Fabriken still.
Es wird nochmal rumpeln
Kurzum, die Unsicherheit ist zurück an den Börsen. Raus aus Aktien, rein in sichere Staatsanleihen ist dann die Devise. Vor allem bei den stark gelaufenen deutschen Rüstungsaktien nahmen Anleger:innen Gewinne mit. Rheinmetall-Chef Armin Papperger und zwei Management-Kollegen nutzten das und kauften selbst Aktien des Unternehmens. Papperger ließ gut eine halbe Million springen, wohl auch um bei der Anlegerschar neues Vertrauen in weitere Kursgewinne zu schaffen.
„Es wird an der Börse 2025 nochmal richtig rumpeln“, prophezeit indes der Vermögensverwalter Michael Reuss von HRK Lunis. Da ist er sich mit anderen Top-Experten aus der Finanzbranche ziemlich einig. Ob das Rumpeln jetzt schon begonnen hat, vermag aber niemand zu sagen.
Die Gefühlswelt dürfte auch die kommenden Tage und Wochen an der Börse dominieren. Es kommen so gut wie keine nennenswerten neuen Zahlen aus den Unternehmen, auch die anstehenden Konjunkturdaten etwa aus China oder die Tagung der US-Notenbank, die zu 99,9 Prozent die Zinsen unverändert lassen wird, dürften nicht für große Impulse sorgen. Auf mittlere Sicht gibt es hingegen Grund zur Zuversicht. Die Wirtschaftsforscher vom Münchner Ifo-Institut und die vom IfW in Kiel haben positive Prognosen für Deutschland veröffentlicht. Demnach soll die Wirtschaft im kommenden Jahr ihre dreijährige Dauerkrise überwinden und wieder wachsen. Laut Ifo statt mit zuvor angenommenen 0,8 sogar mit 1,5 Prozent. Falls Trump nicht dazwischenfunkt.