Keine Woche ohne Trump-Schocker. Nachdem er unlängst „blaue Briefe“ mit neuen Zollandrohungen verschickte, auch an die EU, hat er in der auslaufenden Woche den Chef der US-Notenbank ins Visier genommen.
Der ist ihm schon lange ein Dorn im Auge, weil Jerome Powell sich beharrlich weigert, den Leitzins zu senken. Dessen Hauptargument dabei: Die Inflation in den USA sei dafür nach wie vor zu hoch. Tatsächlich ist sie zuletzt wieder angestiegen. Trump nannte Powell, den er einst selbst ernannt hatte, schon mal einen „Blödmann“, der die USA „hunderte Milliarden Dollar“ koste. Damit sind die Zinsen gemeint, die auf Staatsanleihen fällig werden. Sinken sie, müssen die Vereinigten Staaten weniger zahlen.
Mitte der Woche drehten die Börsen und auch der Dollar abrupt ins Minus, weil es hieß, eine Entlassung Powells stehe kurz bevor. Das wäre ein absolutes Novum – und juristisch höchst umstritten. Zudem gilt eine unabhängige Notenbank als „ein Grundpfeiler der westlichen Welt“, wie Professor Scott Galloway von der New York University sagt. Die Chefs der großen US-Banken beeilten sich, diese Sicht der Dinge unisono zu betonen.
Bastel dir einen Betrug
Der Mann im Weißen Haus ruderte zurück, gemäß dem Prinzip, das man mittlerweile als „TACO“ kennt – „Trump always chickens out“, was so viel bedeutet wie: Letztlich kneift er immer. Der Präsident erklärte vielmehr, er werde Powell nur entlassen, wenn der sich als Betrüger entpuppe. Was hinter dieser merkwürdigen Aussage steckt? Die Renovierung des Notenbank-Gebäudes wird teurer als erwartet. Womöglich basteln sich Trump und seine Getreuen so einen Betrugsvorwurf zusammen. Der MAGA-Fantasie sind ja wenig Grenzen gesetzt.
Was es zur Folge hat, wenn eine Notenbank bei zu hoher Inflation die Zinsen senkt, das hat der Nobelpreisträger und Trump-Kritiker Paul Krugman am Beispiel Türkei deutlich gemacht. Deren Notenbank löste damit einen rapiden Anstieg der Verbraucherpreise aus und musste daraufhin die Zinsen auf 50 Prozent anheben. Die Amtszeit Powells endet regulär im Mai 2026. Danach werde Trump einen Nachfolger ernennen, der niedrige Zinsen bevorzuge, kündigte er bereits an.
Verlorenes Jahr
Vor diesem Hintergrund ist es naheliegend, dass die bisherigen Ergebnisse der Berichtssaison eher zur Kenntnis genommen werden, denn die Märkte bewegen. Hierzulande hat die Chemiebranche 2025 bereits zu einem verlorenen Jahr erklärt. Südzucker und der Schmierstoffhersteller Fuchs sind nach Gewinnwarnungen abgestürzt. Dafür geht es mit den Autoaktien und den Chip-Herstellern wieder nach oben. In den USA haben die Banken ordentliche Ergebnisse geliefert, der Pharmariese Johnson & Johnson hat seinen Kurs mit der Erhöhung der Prognose sogar nach oben katapultiert.
Kommende Woche berichten unter anderem Coca-Cola und Philip Morris, Alphabet und Tesla in den USA. Aus Europa kommen die neusten Zahlen der Deutschen Bank, der Deutschen Börse, von LVMH und SAP. Zudem tagt die EZB in Sachen Zinsen, wobei eine weitere Senkung für eher unwahrscheinlich gehalten wird. Und dann kommt auch noch der neue Ifo-Bericht zum Geschäftsklima. Zuletzt schöpfte die deutsche Wirtschaft aus Sicht des Instituts Hoffnung. „Blauer Brief“ hin oder her.