Marktausblick: Geschwächt, aber stabil

Foto: cybrain/iStock Kette von Schnüren zusammengehalten fragil
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Wie viele Krisen kann die Börse aushalten? Die Eskalation im Nahen Osten hat einige andere Probleme in den Hintergrund treten lassen. Zum Beispiel den von Donald Trump ausgelösten Handelsstreit mit der EU. Am 9. Juli endet die Frist für Verhandlungen.

Die sind kompliziert. Bei derartigen Auseinandersetzungen geht es um jede Menge Details. Und sie gehen keineswegs immer zugunsten der USA aus, wie der US-Präsident weismachen will. So urteilte das konservative „Wall Street Journal“ harsch über die jüngsten Vereinbarungen mit China: Trump habe keine Strategie, das Ganze sei bestenfalls ein Waffenstillstand, der in Chinas Richtung kippt. Womöglich also sieht es am Ende gar nicht so schlecht aus für Europa. Womöglich aber wird auch erst mal die Frist verlängert.

Damit könnten die Börsen wohl leben. Überhaupt halten sie sich angesichts all der aufgepoppten Konflikte einigermaßen gut. Der DAX ist nach wie vor in Schlagdistanz zu seinen Rekordhöhen. Leicht geschwächt, aber noch stabil, könnte man bilanzieren. Es gibt schließlich auch gute Nachrichten. Die Inflation in Europa ist unter zwei Prozent gesunken, vor allem wegen nachlassender Energiepreise. Das Verbrauchervertrauen in den USA, der Gradmesser für den Konsum, ist überraschend stark gestiegen, um 8,3 auf 60,5 Punkte. Volkswirte hatten lediglich mit 53,6 Punkten gerechnet.

Erfolg braucht Forschung

Auch die Konjunkturaussichten für Deutschland scheinen sich aufzuhellen. In diesem Zusammenhang gab es diese Woche interessante Zahlen. Der langfristige Erfolg eines Unternehmens hängt eng mit den Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) zusammen. Die Unternehmensberatung EY hat das näher untersucht. „Hohe F&E-Investitionen können zwar keinen Markterfolg erzwingen“, sagt EY-Deutschlandchef Hendrik Ahlers. „Es zeigt sich aber, dass erfolgreiche Unternehmen überdurchschnittlich viel Geld in Forschung und Entwicklung investieren.“

In keinem anderen Land wird dafür so viel ausgegeben wie in den USA. Von den 500 forschungsintensivsten Börsenkonzernen der Welt sitzen 135 dort. Sie investierten im vergangenen Jahr 524 Milliarden Dollar in Innovationen. Zum Vergleich: 128 der 500 Firmen kommen aus Europa. Sie haben zusammen nur 229 Milliarden Euro ausgegeben. Im Verhältnis zum Umsatz sind es bei den Amerikanern im Schnitt 7,7 Prozent, bei den Europäern 5,7 Prozent. Auf die 31 deutschen Unternehmen der Liste entfallen sogar nur 5,5 Prozent.

Ganz oben unter den Top Ten stehen fünf US-Konzerne: Amazon, Alphabet, Meta, Apple und Microsoft. Europas forschungsintensivster Konzern ist Volkswagen auf Platz 7. Immerhin, die Wolfsburger haben ihr fahrerloses Auto diese Woche noch vor Tesla präsentiert.

Erster großer Börsengang

Die EY-Studie sollte die Runde in den deutschen Chefetagen machen. Von nichts kommt nichts, sagt der Volksmund. Das gilt – Achtung, Binsenweisheit – auch für Investitionen an der Börse. Am Mittwoch steht der erste Börsengang in Milliardenhöhe in Frankfurt an: Autodoc, nach eigener Angabe der führende Onlinehändler Europas für Autoersatzteile, will an die Börse. Das Berliner Unternehmen ist mit 2,4 Milliarden Euro bewertet, bis Dienstag können die Aktien noch gezeichnet werden.

Autodoc zählt zu den am schnellsten wachsenden Unternehmen in Deutschland. Denn die Autos auf Europas Straßen werden immer älter. Problematisch könnte es für den Konzern auf lange Sicht werden, da der Trend zum E-Auto geht. Das braucht deutlich weniger Ersatzteile als ein Verbrenner.

Der Börsengang könnte der erste in einer Reihe von weiteren in diesem Jahr sein. Auch das ist ein gutes Zeichen für die deutsche Konjunktur. Alles ist möglich, auch das Gute.

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