Marktausblick: Gut ist manchmal nicht gut genug

Foto: Renato Arap/iStock USA Schweiz
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Die Quartalszahlen bestimmen derzeit die Kurse deutlich mehr als die Politik. Donald Trumps Chaos wird an der Börse weitgehend ignoriert. Das gilt mit Einschränkung sogar für die Schweiz, die gerade Trumps Zollkeule zu spüren bekommt.

In der eidgenössischen Wirtschaft spricht man von einem „Horrorszenario“. Seit Donnerstag sind deren Produkte in den USA definitiv mit 39 Prozent Zoll belegt. Sofern man bei Trump überhaupt von „definitiv“ reden kann. Das trifft Schokoladen- und Uhrenhersteller ebenso wie Maschinenbauer. Pharmaprodukte sind bislang ausgenommen. Die Schweizer Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter reiste eilends nach Washington, drang aber gar nicht bis zum Präsidenten vor. Manche Konkurrenten aus der EU haben nun erst mal einen deutlichen Wettbewerbsvorteil, andere, die Schweizer Firmen beliefern, dürften mit ihnen büßen. Dennoch herrschte an der Schweizer Börse weitgehend Gelassenheit. Die Produkte seien schließlich in aller Welt gefragt, nicht nur in den USA. Zudem produzieren große Konzerne wie der Nahrungsmittelhersteller Nestlé ohnehin auch in den USA, sie sind damit nur bedingt betroffen.

Ähnlich verhält es sich insgesamt mit dem Verhältnis der Börsianer:innen zum unberechenbaren US-Präsidenten. Nachdem morgen nicht mehr gilt, was heute noch gilt, ignoriert man ihn. So weit das geht. So hat sich der DAX wieder oberhalb von 24.000 Punkten etabliert.

Zu große Vorschusslorbeeren

Allerdings sind die Ansprüche an die Quartalsergebnisse der Unternehmen hoch. Rheinmetall zum Beispiel bekam das zu spüren. Der Aktienkurs hat sich seit Jahresbeginn verdreifacht, das sind große Vorschusslorbeeren, denen die neuen Zahlen nach Ansicht der Börsianer:innen nicht gerecht wurden – der Kurs knickte ein. Anders der Versicherer Allianz, eigentlich ein Witwen- und Waisenpapier, wie man tendenziell eher langweilige, aber stabile Titel nennt. Die Zahlen waren besser als erwartet, der Kurs sprang um mehr als fünf Prozent nach oben.

Adieu, Porsche und Sartorius?

Anfang September überprüft die Deutsche Börse zudem wieder, ob Veränderungen im DAX angesagt sind. Aus dem Kreis der 40 Aktien im deutschen Leitindex verabschieden werden sich voraussichtlich Porsche und Sartorius. Als Nachrücker gelten derzeit Scout 24 und der Maschinenbauer Gea. Das bewegt die Kurse in der Regel deutlich, da Fonds, die den DAX nachbilden, die jeweiligen Aktien kaufen bzw. verkaufen müssen.

Noch mehr Bilanzen

Der Höhepunkt dieser „earnings season“, bei der vor allem US-Techkonzerne und europäische Banken glänzen konnten, ist vorüber. Kommende Woche gibt es dennoch weitere Quartalszahlen, unter anderem von den Energiekonzernen Eon und RWE oder dem Industriekonzern Thyssenkrupp. Mit positiven Überraschungen rechnen Expertinnen und Experten weder hier noch dort. Auch der Reisekonzern TUI, dessen Aktien in vielen deutschen Depots liegen, öffnet die Bücher. Analysten erwarten ein Umsatzplus im mittleren einstelligen Bereich.

Spannender wird es in den USA. Dort kommen am Dienstag die Inflationsdaten für Juli. Im Juni lag die Rate bei 2,7 Prozent. Die Frage ist nicht nur, wie hoch die Inflation ausfallen wird. Sondern wen – analog zu den Zahlen vom Arbeitsmarkt – der Feudalherrscher Trump dieses Mal feuern wird, wenn ihm die Daten nicht passen? Und wie lange die Börsen diesem unwürdigen Schauspiel noch so gelassen zuschauen werden…

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